Krimi aus Wales im Check

„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh: Toller Auftakt zu Krimireihe um charmantes Duo

"Die letzte Party" von Clare Mackintosh
"Die letzte Party" von Clare Mackintosh
Knaur
von Tobias Elsaesser

Silvesterparty an einem walisischen See. Alle feiern, am nächsten Morgen ist der Gastgeber tot – und nun sind so ziemlich alle verdächtig. Und auch bei den Ermittlern herrscht Katerstimmung.

Treffen sich ein Polizist und eine Polizisten auf einer Silvesterparty…

Es kommt schon mal vor, dass man sich auf einer Party kennenlernt, sich interessant und attraktiv findet und den Dingen seinen Lauf lässt. Dabei kann es auch passieren, dass man sich falsche Namen und Berufe nennt – schließlich geht man davon aus, dass man sich, wenn überhaupt, nicht all zu schnell wiedersieht. Doof wird das Ganze, wenn das tatsächlich am nächsten Morgen passiert und man zusammen in einem Mordfall ermitteln muss, der auch noch in unmittelbarer Nähe zum Ort der Party geschehen ist. Das passiert der Waliserin Ffion Morgan und dem Engländer Leo Brady im Krimi „Die letzte Party“* von Clare Mackintosh. Und es wäre womöglich nicht passiert, hätte sich der Mord nicht an einem See zugetragen, durch den die walisisch-englische Grenze verläuft. Konflikte sind also programmiert.

Katerstimmung in Cwm Coed

Dazu kommt die wohl jedem bekannte, mitunter triste Katerstimmung am Neujahrsmorgen, an dem weder die Ermittler noch die Zeugen oder Verdächtigen bereits wieder ausgenüchtert sind. Das alles setzt einen launigen und interessanten Rahmen für den Fall um den Mord an dem Sänger Rhys Lloyd, der tot in besagtem See aufgefunden wird. Ausgerechnet beim Neujahrsschwimmen der Bewohner des walisischen Dorfs Cwm Coed. Rhys stammt aus Cwm Coed, schaffte aber den Durchbruch und kehrte der Provinz den Rücken. Stattdessen errichtete er am englischen Ufer ein luxuriöses Ferienressort, zum Unmut der Dorfbewohner.

Es herrscht also böses Blut, aber nicht nur zwischen den Bewohnern des Ressorts und des Dorfes, sondern auch zwischen den Eigentümern der Luxushäuser untereinander. Der erste Konflikt wird offen ausgetragen, dank des vordergründig ehrlichen Gemüts der walisischen Dorfgemeinschaft. Der zweite lodert hinter den Fassaden der luxuriösen Cottages. Doch auch das Dorf hat Geheimnisse, einige hängen mit dem Toten zusammen – und auch die Polizistin Ffion ist tief tief in dem Netz aus Lügen und Geheimnissen gefangen.

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Ein richtig gut gelungener Auftakt

„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist ein wunderbar erfrischender Auftakt zu einer Krimireihe aus der walisischen Provinz um die walisische Ermittlerin Ffion und ihren britischen Kollegen Leo. Die Geschichte wird abwechselnd aus Sicht der beiden erzählt, beginnend mit ihrem unkonventionellen ersten Kennenlernen auf privater Ebene (aus Ffions Sicht) und dem peinlichen zweiten ein paar Stunden später in der örtlichen Leichenhalle (aus Leos Sicht). Zwischendurch blicken verschiedene Beteiligte auf das Geschehen zurück, das zum Mord an Rhys geführt hat, und so hat der Leser immer einen kleinen Wissensvorsprung. Es entstehen Missverständnisse, es werden Dinge verheimlicht (vor allem von Ffion vor Leo) oder Lügen erzählt und so entwickeln sich Konflikte, von denen der Leser weiß, dass sie früher oder später gelöst werden müssen. Diese Situationen mischen sich mit den für alle Beteiligten sichtbaren offenen Fragen, was zusätzlich für Spannung sorgt.

Mackintosh zeichnet ein liebevoll ironisches Bild der Dorfgemeinschaft und seziert teils sarkastisch die Lügen und Unstimmigkeiten hinter den Fassaden der höheren Gesellschaft am anderen Ufer des Sees. Es entwickelt sich ein interessanter Fall um Frauenhass, Mobbing, Rassismus und Selbstbestimmung. Alles in der richtigen Dosierung, mit der richtigen Tiefe und ohne aufgesetzt zu wirken.

Im Mittelpunkt stehen die zwei herrlich unperfekten Ermittler, die zwar gewillt sind, Vertrauen zueinander zu fassen, es sich dabei gegenseitig aber sehr schwer machen. Das gilt vor allem für Ffion, da sie als einzige von vornherein weiß, wie tief sie in den Fall involviert ist, sich das aber nur Stück für Stück eingestehen kann. Wenn Clare Mackintosh das Niveau des ersten Falls von Ffion und Leo auch nur halbwegs aufrecht erhalten kann, können wir uns auf eine tolle neue Krimi-Reihe freuen.

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