Carbon-GefahrHigh-Tech-Kunststoff mit Nachhaltigkeitsproblem

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Sportboot aus Carbon: leicht und schnell.
Max, picture alliance

Carbon ist ein beliebter High-Tech-Kunststoff, für Auto- und Fahrradbau ebenso geeignet wie für die Herstellung von Faserbeton oder Windradrotoren. Doch das Material ist schwer zu entsorgen - und kann sogar Müllverbrennungsanlagen beschädigen.

Carbon ist fünfmal stärker als Stahl und leichter als Aluminium

Für Autobauer ist Carbon ein Traumwerkstoff. „Eingesetzt an den richtigen Stellen in der Karosseriestruktur bietet es ein hohes Maß an funktionellen Vorteilen“, sagt eine Sprecherin von BMW in München. „Das Material ist sehr langlebig, fünfmal stärker als Stahl, leichter als Aluminium, lässt sich fast beliebig formen und rostet nicht.“

Das Elektroauto BMW i3 hat eine Carbonkarosserie, auch beim aktuellen 7er setzt BMW Carbon unter anderem in der A-, B- und C-Säule, im Tunnel und im Dach ein. „Das Fahrzeuggewicht konnte so gegenüber dem Vorgänger je nach Version und Ausstattung um insgesamt bis zu 130 Kilogramm reduziert werden“, sagt die Sprecherin. „Leichtbau leistet einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit, indem er den Materialeinsatz und den damit verbundenen CO2-Footprint in der Herstellungs- und Nutzungsphase reduziert.“

Ein elektrisch angetriebener BMW i3 steht am 20.05.2016 bei Brandis (Sachsen). Das mit einer Carbon-Karosserie versehene Fahrzeug wird mit einem 125 Kilowatt (170 PS) starken Elektromotor und wahlweise auch mit einem Range Extender angeboten. Foto: Jan Woitas
Der BMW i3 ist mit einer Carbon-Karosserie versehen.
Jan Woitas, picture alliance

Nicht nur die Autoindustrie hat Gefallen an Carbon gefunden. Radprofis fahren Carbonrahmen, es gibt Angelruten und Wanderstöcke aus Carbon, orthopädische Schienen und Schuhsohlen, kohlenstofffaserverstärkte Bauteile, Bootsrümpfe, achtzig Meter lange Windradrotoren, ganz zu schweigen von exotischen Anwendungen, etwa in der Raumfahrt. Wäre da nicht das Entsorgungsproblem.

Enge Verbindung von Carbon mit anderen Materialien erschwert Recycling

Denn Recyclingfirmen macht die fortschreitende Verbreitung leichter Carbon-Bauteile vom Auto bis zum Windrad Kopfzerbrechen. „Das Hauptproblem des Recyclings ist nicht die Faser an sich, sondern, dass sie mit anderen Materialien eng verbunden ist, was das Recycling, also die stoffliche Verwertung, erschwert beziehungsweise bisher nicht möglich macht“, sagt Jörg Lacher, Sprecher des Bundesverbands Sekundärrohstoffe.

Doch da Carbon nicht nur leicht, sondern auch sehr stabil ist und somit für viele industrielle Anwendungen Vorteile bietet, geht das Umweltbundesamt davon aus, dass sich Carbon-Werkstoffe in Zukunft noch weiter verbreiten werden - mit entsprechenden Mühen bei der späteren Aufarbeitung.

Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) bestehen aus synthetischen Fasern, die verwebt und mit Hilfe von Epoxidharzen oder anderen Materialien verklebt werden. Das Problem bei Entsorgung und Recycling verursachen vor allem die Verbundwerkstoffe - beispielsweise kohlenstofffaserverstärkter Beton oder Sandwichbleche aus zwei Lagen Metall mit einer Lage Carbon in der Mitte.

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Gefahr von Schäden und Störungen in Müllverbrennungsanlagen

In der Praxis haben die Recyclingfirmen mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Tückisch ist Carbon etwa im Verbund mit Metall, wie es sich unter anderem in Autoteilen findet. „CFK-haltige Kunststoffe können den Recyclingprozess stören“, heißt es beim Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau. „Bei der Zerkleinerung von CFK entstehen leitfähige brennbare Faserstäube, was die Gefahr von Schäden und Störungen in Schreddern und Müllverbrennungsanlagen mit sich bringt.“ Der Ratschlag der Behörde: „Daher sollten CFK-Bauteile vor der Abgabe der Restkarosse an die Schredderanlage demontiert werden, um der Gefahr von Kurzschlüssen zu begegnen.“

Doch das ist sehr aufwendig. „CFK hat so einen geringen Anteil und ist so weit diversifiziert, dass man ihn überall findet, es aber nicht ökonomisch ist, ihn zu separieren“, sagt Christian Satlow, Mitglied der Geschäftsführung bei dem Recycling- und Entsorgungsunternehmen Theo Steil in Trier. „Jetzt ist aber das Problem, dass am Ende jeder Verwertungskette - jedenfalls in Deutschland - die Müllverbrennung steht.“ Und dabei macht nach Worten des Fachmanns auch der kleinste Anteil an CFK Probleme, weil das Material äußerst stabil ist. „Es zerfällt erst bei weitaus höheren Temperaturen als denen, die in einer Müllverbrennungsanlage vorherrschen.“

Was die Verwertung von Altautos betrifft, erwarten die Fachleute des Umweltbundesamts, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Carbon und anderen Verbundwerkstoffen das Recycling in Zukunft aufwendiger wird - mit entsprechenden Kosten. (dpa/aze)