Scharfe Kritik an Diskurs-Kultur

"Bin ein Mensch mit Ängsten. Mit Bedenken": Kimmich bricht sein Schweigen

Joshua Kimmich hat sich zu Wort gemeldet.
Joshua Kimmich hat sich zu Wort gemeldet.
picture alliance

Viel wurde über ihn und sein Impfhaltung diskutiert, nun hat Bayern-Star Joshua Kimmich sich zu Wort gemeldet. Dabei zeigte der Nationalspieler nach den hitzigen Diskussionen um seine Person in den vergangenen Wochen viel Reue und Demut. Geizte jedoch nicht mit Kritik an so mancher Kritik. Ein Rundumschlag gegen die Diskurs-Kultur in diesem Land.

"Es wurden Grenzen überschritten"

„Jede sachliche Kritik kann ich nachvollziehen, kann ich auch verstehen. Vor allem jetzt, wo die Inzidenzen ansteigen. Ich muss persönlich sagen, es wurden auch einige Grenzen überschritten. Ich hatte schon auch das Gefühl, dass es den einen oder anderen gab, der sich versucht hat, zu profilieren. Es war nicht immer nur sachliche Kritik“, sagte Kimmich im Interview mit dem ZDF.

In der Pandemie seien viele Fehler gemacht worden, von der Politik, von jedem, betonte der 26-Jährige. „Immer die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist in so einer Situation unheimlich schwer. Deshalb verstehe ich es nicht ganz, wieso einem Menschen wie mir, Fehler nicht zugestanden werden. Es hat mir ein bisschen das Differenzierte gefehlt“, so Kimmich.

Wo bleibt der Respekt?

Besonders in seinem Fall seien „dann doch sehr persönliche Informationen an die Öffentlichkeit geraten. Man ist in mein Heimatdorf gefahren, hat bei meinen Eltern geklingelt. Sogar bei der Beerdigung meines Onkels war die Presse. Und da stelle ich mir schon die Frage: Wo ist da die Grenze, wie man miteinander umgeht. Wir sprechen immer von Respekt, Toleranz und Offenheit, das sind Werte, die mir in der Diskussion um meine Person gefehlt haben“, kritisierte Kimmich.

Seine Haltung zur Impfung hat er mittlerweile überdacht. „Ich habe lange Zeit sowohl bei der Krankheit als auch beim Impfen Risiken gesehen. Ich dachte, ich kann mich selbst vor der Krankheit schützen, wenn ich mich an die entsprechenden Maßnahmen halte“, so Kimmich. „Im Endeffekt habe ich dann zu spüren bekommen und habe dann auch selbst gemerkt, jetzt mit der vierten Welle und den steigenden Inzidenten, dass man es nicht nur durch eigenes Verhalten beeinflussen kann, ob man dem Virus in Kontakt kommt oder nicht.“

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"Ich habe die Mannschaft im Stich gelassen"

Dass er sich nicht zur einer Impfung hat durchringen können, bereut er mittlerweile. „Das schlechte Gewissen ist natürlich da. In erster Linie meiner Familie gegenüber, die sich viel hat anhören müssen. Natürlich auch meinen Mitspielern gegenüber“, sagte Kimmich. „Ich war derjenige, der die Mannschaft im Stich gelassen hat in meiner Quarantäne. Das wäre mit einer Impfung nicht passiert.“ Sobald es für ihn als Genesenen möglich sein werde, „werde ich mich impfen lassen“.

Jetzt gehe es darum, wieder fit zu werden. Und die Aussichten stehen trotz einer Infiltration der Lunge gut. „Ich hatte Glück, dass mein Krankheitsverlauf relativ mild war. Ich hatte wenig Symptome. Leider wurde bei mir bei der Abschlussuntersuchung festgestellt, dass ich noch bisschen Flüssigkeit in der Lunge habe. Das bedeutet, dass ich jetzt noch kein intensives Training machen kann. Die Gefahr ist, dass das dann aufs Herz geht und längere Folgen hat“, so Kimmich. „Aber wenn ich es jetzt ruhiger angehen lasse, sollten keine weiteren Folgen entstehen.“ (tme)