Sie musste von morgens bis abends schuften
Berlin: Hausangestellte (45) jahrelang ausgebeutet - Diplomat zahlt 80.000 Euro Lohn nicht

Der 45-jährigen Philippinerin kommen die Tränen, als sie auf von ihrem Schicksal berichtet. Jahrelang schuftete die Frau, die das Pseudonym "Maria Santos" verwendet, von morgens bis abends bei einer Diplomatenfamilie aus dem Oman in Berlin. Doch den vereinbarten Lohn bekam sie nicht: Zigtausende Euro sollen noch offen sein. Die betroffene Familie weist die Vorwürfe zurück.
Berlin: Arbeitstag der Philippinerin dauerte rund 15 Stunden
Aufgedeckt hat den Fall Ban Ying, die Berliner Beratungsstelle gegen Menschenhandel. Auf einer Online-Pressekonferenz der Organisation am Dienstag schildert Santos, dass sie sich für die Familie acht Jahre lang um Essen, Wäsche und Kinderbetreuung kümmerte – die letzten drei davon in Berlin. "Ich weiß nicht, ob ich mein Geld jemals bekommen werde", sagt die 45-Jährige nach Angaben der Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb).
Etwa 15 Stunden habe ein Arbeitstag gedauert, erzählt Santos. Freie Tage gab es kaum, und statt der vereinbarten 1.600 Euro zahlte der Diplomat ihr lange nur 950 Euro. Sie suchte Hilfe bei Ban Ying, die sich bislang erfolglos um eine einvernehmliche Klärung mit der Botschaft von Oman bemühte.
Diplomatenfamilie aus Oman streitet alle Vorwürfe ab
Der Arbeitgeber schulde Maria Santos noch rund 80.000 Euro, erklärt Projektkoordinatorin Lea Rakovsky. Doch die Diplomatenfamilie streite alle Vorwürfe ab. Das Auswärtige Amt habe sich um ein Mediationsgespräch bemüht, was in solchen Fällen üblich sei. Dazu habe sich die Botschaft allerdings nicht bereiterklärt. Ban Ying hofft, dass die Veröffentlichung des Falles dazu beiträgt, eine Lösung zu finden.
Der Anwalt der Familie aus dem Oman erklärt, seine Mandanten wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Sie seien unberechtigt und ohne jede Grundlage.
Diplomaten genießen in Deutschland Immunität
Santos' Problem: Diplomaten stehen in Deutschland unter besonderem Schutz, ihre Immunität bewahrt sie vor zivil- und strafrechtlicher Verfolgung. Deshalb hat sie arbeitsrechtlich kaum eine Chance, gegen ihren Arbeitgeber vorzugehen.
Ende 2021 hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Verweis auf die Immunität die Klage gegen einen Diplomaten, der wegen ausbeuterischer Beschäftigung einer Hausangestellten in Anspruch genommen werden sollte, als unzulässig abgewiesen. Die Richter ließen allerdings die Revision der Klägerin an das Bundesarbeitsgericht zu.
Immer wieder Straftaten gegen Hausangestellte in Berlin
Laut rbb kommt es in Berlin offenbar immer wieder zu Verstößen gegen das Arbeitsrecht sowie Straftaten gegen Hausangestellte. Durchschnittlich zehn bis 15 Betroffene pro Jahr wenden sich nach Angaben von Ban Ying an die Beratungsstelle, um dort Schutz zu suchen oder den Lohn für geleistete Arbeit einzufordern.
"Die Betroffenen, die es schaffen zu fliehen, berichteten meistens, dass sie ausgebeutet wurden und deutlich weniger Lohn bekommen haben als vertraglich vereinbart", sagt Lea Rakovsky dem Sender. Einige Angestellte müssten bis zu 20 Stunden pro Tag arbeiten – ein klarer Verstoß gegen das Arbeitsrecht. Seit Beginn der Corona-Pandemie habe sich die Zahl der Beratungen allerdings deutlich reduziert; derzeit berate Ban Ying vier Hausangestellte von Diplomaten. (bst)