Smartphone ersetzt Augen„Be my eyes“ – App hilft Sehbehinderten
Künstliche Intelligenz ist ein großes Thema unserer Zeit. Sie soll vieles erleichtern. Das ist besonders interessant, wenn die KI Dinge übernimmt, die Menschen nicht können. Auch eine kostenlose App für Blinde und Sehbehinderte arbeitet damit. Sie beschreibt detailliert die Umgebung.
App erklärt, was Blinde nicht sehen
Tamara Ströter aus Velbert ist blind. Trotzdem weiß die 55-Jährige genau wie ihr Büro aussieht. Möglich macht das die App "Be my eyes" also "sei meine Augen". Für die Frührentnerin ist die Technik eine große Erleichterung: „Einfach sensationell. Ich bin da total begeistert davon. Das macht mir Riesenspaß, damit herumzuexperimentieren und ja, man kriegt wirklich Sachen mit, die man sonst nicht mitbekommen hat. Ich habe letztens zum Beispiel beim Zahnarzt einfach mal, wo ich auf dem Behandlungsstuhl saß und gewartet habe, ein Foto gemacht. Dann hat er mir die Geräte beschrieben. Orchideen standen da und ein Fenster und eine Markise hing davor und der Zahnarzt war auch ganz begeistert.", so Tamara Ströter. Auch im Alltag unterstützt sie die App: „Man kann zum Beispiel auch wenn ich vor einem Haus stehe, das Klingelschild abfotografieren, wenn da mehrere Klingeln sind, in der Hoffnung, dass der von oben nach unten vorliest. Ich kann dann ja auch noch mal eine Nachfrage stellen, Frage dann welche Klingel ist von Meier? Und dann sagt er mir vielleicht zweite von oben."
Entlastung auch für Angehörige
Auch Lebensgefährte Michael Bartschewski ist begeistert von der Technik. Bisher hat er seiner Partnerin die Umgebung oder Kleidungsstücke beschrieben, jetzt macht das auch der digitale Helfer: „Ich brauche nicht so viel reden. Man kann schon mal sagen fragt eine App, die kann es besser als ich, bevor wir uns wieder mal, nicht in die Köppe kriegen, aber bevor wir unnötig rumdiskutieren. Und dann ist das schon so besser.", sagt der 57-Jährige. Denn die Beschreibungen der App sind häufig detaillierter als die von Michael Bartschewski. Weltweit nutzen die App mehr als 600.000 Blinde und Sehbehinderte.
Und so funktioniert's: Nutzer fotografieren mit dem Handy, was vor ihnen ist. Die Künstliche Intelligenz analysiert die Aufnahme und beschreibt sie dann. Sollte das Ergebnis nicht zufriedenstellend sein, kann über die App menschliche Unterstützung angefordert werden. Ein Freiwilliger erklärt dann in einem Videoanruf, was zu sehen ist und beantwortet Fragen. Regina Beschta ist vom Blinden- und Sehbehindertenverband Nordrhein. Sie hält viel von so einem Technischen Assistenten: „Smartphone, Tablet. Das sind die wichtigen Sachen, die nicht mehr wegzudenken sind, weil das eigentlich wie Schweizer Taschenmesser sind. Da kann man so viele gute Apps runterladen."
Datenschutzbestimmungen lesen
Wie bei jeder App, geben Nutzer auch in diesem Fall Daten frei. Ein potentielles Sicherheitsrisiko: „Generell ist natürlich die Frage mit Daten, die dort generiert werden, sei es jetzt Fotos oder andere Daten, personenbezogene Daten. Was passiert mit diesen Daten eigentlich? Das heißt wie werden die wo gespeichert, wenn es zu einem Speichern kommt oder Austausch? Also auch was alle anderen Informationen des Gerätes angeht, die man freigeben muss. Und da sollte man natürlich immer genau nachschauen, was steht beispielsweise in AGB. Denn dort muss gekennzeichnet werden, was das Thema Datenschutz angeht und wie der jeweilige Anbieter, wo seine Daten beispielsweise speichert, verarbeitet und warum.", sagt IT-Sicherheitsexperte Thorsten Urbanski. Nutzer sollten sich also vorher informieren, was mit ihren Daten passiert. Tamara Ströter nutzt die App gerne und lässt zu, dass das Smartphone ihre Augen ersetzt.