Er wäre heute 60 Jahre alt geworden

Die Legende von Ayrton Senna bleibt für immer und kennt kein Alter

ARCHIV - 01.05.2004, Italien, Imola: Der brasilianische Formel 1-Pilot Ayrton Senna (undatiert). Im Mai 1994 beim Großen Preis von San Marino in Imola verunglückte Senna tödlich. (zu dpa «Legende, Ikone, oder einfach Senna: Was wäre, wenn?") Foto: EPA/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ayrton Senna
epl-hh sab nic hak kde, dpa, EPA

Es war wohl eine gebrochene Lenksäule, die ihm am 1. Mai 1994 in Imola zum Verhängnis wurde - ganz geklärt wurde die Unfallursache nie. Ayrton Senna wurde nur 34 Jahre alt. Seine damalige Freundin Adriane Galisteu sagte, er habe zuvor ein „ganz schlechtes Gefühl“ für das Rennen gehabt. Ich bin im gleichen Alter, in dem die Formel 1-Legende heute gewesen wäre. Meine Tochter wurde geboren, als ich 35 Jahre alt war – das sagt alles darüber, wie jung Senna starb, wie viel in seinem Leben noch auf ihn gewartet hätte. Heute hätte er seinen 60. Geburtstag gefeiert.

Sennas überragendes Talent war entscheidend

Senna war ein Sportler, der alles dem Erfolg unterordnete. Solche Menschen sind aus besonderem Holz geschnitzt, nur Typen dieses Schlages kommen nach ganz oben. Einer von ihnen ist auch Michael Schumacher. Im Jahr, als Senna starb, wurde der Kerpener zum ersten Mal Formel-1-Weltmeister.

Von 1984 bis 1994 fuhr Senna in der Formel 1. Er war ein Sohn wohlhabender Eltern, doch das gute finanzielle Polster war nicht entscheidend für seine Motorsport-Karriere. Vielmehr besaß Senna ein überragendes Talent: Er war ein Genie am Lenkrad in einer Zeit, als die Klasse des Fahrers noch eine große Rolle spielte und die Rennwagen viel schwieriger zu steuern waren.

Angriffslust verband Schumacher und Senna

„Senna fuhr in einer eigenen Liga, er wusste jede Millisekunde, was er im Rennauto tat. Er besaß die einzigartige Gabe 'to be in front of the car' - das heißt er reagierte nicht, er antizipierte. Im Bereich der Fahrzeugkontrolle hatte er großartige Fähigkeiten“, sagt Christian Danner. Der heutige RTL-Formel-1-Experte fuhr von 1985 bis 1989 in der Königsklasse, lernte den Star der Szene dort als „unglaublich angenehme Persönlichkeit“ kennen.

Senna lernte ich in meinem Reporterleben nicht persönlich kennen, anders als bei Michael Schumacher. Da hatte ich dieses Glück. Zu Anfang der 2000er Jahre, als Testfahrten noch die Regel waren und nicht wie heute die Ausnahme, da konnte ich abseits der hektischen Renn-Wochenenden viele Interviews mit ihm führen. Er war angenehm im Umgang, kam man ihm aber kritisch, dann wurde er angriffslustig. Und genau diese Angriffslust – natürlich auch auf der Strecke – verband ihn mit Senna.

SPA-FRANCORCHAMPS, BELGIUM - AUGUST 30:  GP VON BELGIEN 1992, Spa; Ayrton SENNA, SIEGER Michael SCHUMACHER/GER - BENETTON FORD -  (Photo by Bongarts/Getty Images)
Ayrton Senna (li.) und Michael Schumacher 1992 beim GP von Belgien.
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Schumachers Tränen waren ein Zeichen

Kein Wunder auch, dass die beiden Alphatiere sich aneinander rieben. Bis heute hat sich die Szene 1992 in Magny-Cours in meinem Gedächtnis eingebrannt, als sich Senna, der König der Formel 1, den jungen hungrigen Michael Schumacher vorknöpfte, weil der ihn von der Strecke bugsiert hatte.

Wie nah sich Michael Schumacher und Ayrton Senna trotz ihrer Zwistigkeiten standen, wurde im Jahre 2000 deutlich: Der Deutsche holte in Monza seinen 41. Rennsieg, zog damit mit Ayrton Senna gleich. Hinterher auf der Pressekonferenz darauf angesprochen, überkamen Schumacher die Gefühle, er versteckte sein Gesicht unter der Kappe und brach in Tränen aus.

Der bis dahin oft so unterkühlt wirkende Michael Schumacher zeigte Herz. „Für mich war er immer der Beste. Ich habe mich nie auf eine Stufe mit ihm gestellt. Und auf einmal war da dieser Beleg“ – so Schumacher.

Senna rettete Danners Ruf

Ayrton Senna hatte eine Aura, die ihresgleichen sucht, sein tiefer Blick war sein Markenzeichen, er war ein Frauenschwarm. Seine sportliche Bilanz: 1988, 1990 und 1991 holte er im McLaren den WM-Titel, 41 Siege feierte er bei 161 Starts, 65 Mal stand er auf der Pole Position.

Ayrton Senna hatte auch einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Der heutige RTL-Experte Christian Danner erzählt, wie ihm der Superstar 1987 einmal aus der Patsche half. Danner hatte den Ruf, „ein gefährlicher Fahrer zu sein“. Als ihn in Monaco der Italiener Michele Alboreto beim Training einfach über den Haufen fuhr, wollte ihn die Rennleitung aus dem Rennen nehmen. Senna, der dahinter gefahren war und alles gesehen hatte, wusste, dass Danner keine Schuld traf.

Der Brasilianer kündigte dann an, dass er was zu sagen hat – und alle Presseleute kamen angelaufen. Senna hielt ein Plädoyer für Danner – der angekratzte Ruf des Deutschen bekam so eine weltmeisterliche Aufwertung.

ARCHIV - 10.06.2017, Kanada, Montreal: Motorsport: Formel-1-Weltmeisterschaft, Grand Prix von Kanada, Qualifying. Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton aus Großbritannien küsst den Helm von Ayrton Senna. Lewis Hamilton ist mit seiner 65. Pole Position in der ewigen Bestenliste mit der Formel-1-Ikone Ayrton Senna gleichgezogen. Hamilton sicherte sich den besten Startplatz am Samstag in der Qualifikation zum Großen Preis von Kanada. Anschließend bekam er einen Helm der am 1. Mai 1994 tödlich verunglückten brasilianischen Legende überreicht.  (zu dpa:"Lewis Hamilton: «Ich spüre noch das Kind in mir»" vom 18.10.2018) Foto: Tyler Remiorz/The Canadian Press/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Auch für Lewis Hamilton ist Ayrton Senna ein Idol.
vge kno, dpa, Tyler Remiorz

Senna ist „der Größte“

Millionen Menschen werden an diesem Samstag an Ayrton Senna denken, vor allem in Brasilien. Wen sie dort einmal ins Herz geschlossen haben, den verehren sie bis zum letzten Atemzug. Zumal er ein Sportler mit Herz war, der viel für die Straßenkinder seiner brasilianischen Heimat tat. Ein besonderer Mensch.

Was wäre gewesen, wenn Ayrton Senna nicht mit 34 Jahren verunglückt wäre?

„Zwei WM-Titel mit Williams hätte er noch geholt“, sagt Christian Danner, „und später wäre er ganz sicher brasilianischer Staatspräsident geworden. In jeder Epoche gab es Wahnsinns-Spitzenfahrer wie Fangio, Jimmy Clark, Jackie Stewart, Niki Lauda, Michael Schumacher oder jetzt Lewis Hamilton, aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann ist er der Größte aller Zeiten.“