ARFID-Syndrom: Ryan aß 17 Jahre lang nur Pommes und Chicken Nuggets – und sieht ganz "normal" aus

Siebzehn Jahre lang nur Pommes und Chicken Nuggets! Seit Ryan Howarth aus dem südenglischen Andover vier Jahre alt ist, hat er sich fast ausschließlich von dem beliebten Fast Food ernährt. Das kann nicht gesund sein und muss ja zwangsläufig dazu führen, dass Ryan enorm übergewichtig ist. Doch weit gefehlt: Ryan sieht aus wie ein normal ernährter junger Mann. Trotzdem leidet er unter Mangelerscheinungen.

ARFID: Wenn andere Nahrungsmittel aus Angst abgelehnt werden

Mutter Christine mit ihrem Sohn Ryan.
Mutter Christine mit ihrem Sohn Ryan.
unbekannt, Caters, unbekannt

Bei seiner Vorliebe für Pommes und Chicken Nuggets handelt es sich aber nicht um hartnäckige Abwehr von elterlicher Erziehungsarbeit. Der Brite leidet unter dem ARFID-Syndrom, einer seltenen Essstörung.

Pommes und Chicken Nuggets zum Frühstück, als Mittagessen, als Abendessen: Bei Ryan war der Menüplan 17 Jahre lang sehr monoton. Und wenn er mal etwas anderes zu sich genommen hat, handelte es sich auch nicht gerade um ausgewogene Ernährung: "Ganz selten mal ein Steak oder ein Würstchen - mehr nicht", erzählt Ryan. "Wenn mir jemand etwas anderes anbot, habe ich reagiert, als ob ich Insekten essen sollte." Als er einmal ein Püree aus Wurzelgemüse aufgetischt bekam, weinte er 20 Minuten lang. Die Familie machte sich Sorgen um Ryans Gesundheit.

Seine Mutter hielt es für eine Phase - doch die hörte nie auf

Mittlerweile ist Ryan 21 Jahre alt, hat trotz seiner Ernährungsweise eine normale Statur - vielleicht mit einem kleinen Bauch. Aber dass er sich 17 Jahre fast ausschließlich von Pommes und Chicken Nuggets ernährt hat, sieht man ihm auf den ersten Blick nicht an.

Am Anfang denkt seine Mutter Christiane, es sei nur eine Phase - aber die hörte einfach nicht auf. Und genau das ist gefährlich. Denn Ryan ist nicht einfach nur wählerisch, sondern psychisch krank. Er leidet unter einer seltenen Essstörung, dem sogenannten ARFID-Syndrom. ARFID ist die Abkürzung für Avoidant/Restrictive Food Intake Disorder, also Vermeidende/Einschränkende Ernährungsstörung.

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Trotz normaler Statur erhebliche Mangelerscheinungen

ARCHIV - 17.04.2015, Thüringen, Erfurt: Frisches Obst und Gemüse liegen in einer Küche bereit. (zu dpa-Korr "Warum Hitze im Urlaub angenehm ist und zu Hause nicht" vom 29.07.2018) Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Inzwischen schmecken Ryan sogar Obst und Gemüse.
msc cul wst, dpa, Martin Schutt

Medizinjournalist Dr. Christoph Specht erklärt: "Das ARFID-Syndrom beschreibt eine Essstörung, bei der Menschen nur ganz bestimmte Nahrungsmittel zu sich nehmen und andere stark und rigoros ablehnen. So stark, dass sie Angst davor haben und denken, anderes Essen würde ihnen schaden."

Auch wenn man es ihm nicht ansieht: Ryan leidet dadurch wie alle Betroffenen unter erheblichen Mangelerscheinungen. Vor kurzem machte der 21-Jährige deshalb eine Therapie.

"Im Vorschulalter ist dieses Essverhalten vielleicht noch ganz normal, aber man muss aufpassen", weiß Specht. "Eine große Auswahl an Essen hilft, dass sich das Schema nicht verfestigt." Sobald Kinder längere Zeit Essen verweigern, sollten Eltern deshalb eingreifen.

Ryan hat erst die Therapie geholfen. Inzwischen isst der 21-Jährige sogar immer häufiger Obst und Gemüse. Und es schmeckt ihm sogar.