Sie gab die Kinder als ihre eigenen aus

36-Jährige rettet zwei syrische Flüchtlingskinder und muss vor Gericht

Prozess am Amtsgericht in Hamburg-Harburg.
Prozess am Amtsgericht in Hamburg-Harburg. Die Angeklagte hatte zwei Kinder nach Deutschland geholt und sie bei der Einreise als ihre eigenen angegeben.
RTL Nord

Eine 36-jährige dreifache Mutter hat im August 2020 zwei syrische Kinder aus Griechenland nach Deutschland geschleust. Dabei hat die ebenfalls aus Syrien stammende Angeklagte die Tochter ihrer Bekannten und den Sohn einer weiteren Mutter aus schrecklichen Verhältnissen gerettet. Am Donnerstag verurteilt das Amtsgericht Hamburg-Harburg die seit drei Jahren in Deutschland lebende Frau dafür zu sieben Monaten Gefängnisstrafe auf Bewährung.

Angeklagt wegen Einschleusung und Missbrauch von Ausweispapieren

Das Amtsgericht in Hamburg-Harburg.
Das Amtsgericht in Hamburg-Harburg.
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Nachdem die Staatsanwaltschaft zu Beginn des Prozesses die Anklage wegen Einschleusung von Ausländern und Missbrauch von Ausweispapieren verliest, bestätigte der Verteidiger den Sachverhalt als zutreffend. Während der Befragung durch den Richter, zeigt die 36-Jährige Reue und antwortet ruhig. Allerdings offenbart sich hinter ihrer Geschichte eine menschliche Tragödie.

Mütter kennen sich schon lange

„Wir kennen uns aus Syrien“, erklärt die Angeklagte die Beziehung zu einer der Mütter der geschleusten Kinder mit Hilfe eines Übersetzers vor Gericht. Die aus Syrien geflüchtete Freundin hielt sich mit den Kindern in Griechenland auf. „Da die Kinder in Griechenland in desolaten Verhältnissen lebten, hat mich die Mutter gebeten ihre Tochter und einen Jungen nach Deutschland zu bringen“, berichtet die Angeklagte während der Verhandlung.

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Zustände für Flüchtlingskinder katastrophal

„Die Kinder durften nicht zur Schule gehen“, erklärt die 36-Jährige weiter. Dazu seien sie in sehr schlechten psychischen Zustand gewesen. Die 2013 in Damaskus geborene Tochter musste mit ihrer Mutter in einem Zelt leben, der 2008 geborene Junge sei in einer anderen Unterkunft mehrfach sexueller Belästigung von anderen Männern ausgesetzt gewesen. Über soziale Medien hatten die beiden Mütter Kontakt. „Irgendwann kam die Aussage: Kannst du mir helfen?“, berichtet die Angeklagte. „Ich habe von meinem eigenen Geld das Ticket und die Rückflüge bezahlt“, weil sie gesehen hätte, wie schlecht die Situation in Griechenland war.

Am Frankfurter Flughafen wird sie entdeckt

Die Angeklagte hatte dann mit dem Pass ihrer eigenen Kinder den Jungen und das Mädchen in Athen abgeholt. Aber als sie am Flughafen in Frankfurt am Main kontrolliert wurde, flog alles auf. „Bei der Grenzkontrolle am Frankfurter Flughafen ist dann aufgefallen, dass die Reisedokumente nicht zu den Kindern passen, die Altersangaben stimmten auch nicht ganz“, so der Sprecher des Gerichts Kai Wantzen auf Anfrage von RTL Nord. Sofort gab die 36-Jährige ihre Schuld zu. „Ich wusste nicht, dass es so eine schlimme Tat ist“, sagt die Dreifachmutter dazu am Donnerstag dem Gericht.

Haftstrafe auf Bewährung

Zwar schätzt der Richter die Angeklagte als clevere Frau ein, da sie in Syrien ihr Abitur gemacht und sogar ein Jahr Pädagogik studiert habe, trotzdem fällt das Urteil mit sieben Monaten Haftstrafe auf Bewährung milde aus. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe von 30 Euro pro Monat gefordert. Strafmildernd wirkt, dass die Angeklagte sofort gestanden hatte und dass sie nur helfen wollte, die Kinder aus einer schlimmen Lage zu befreien. (ufr/nid)