Polizei erklärt, wann die Alarmglocken schrillen sollten629 Euro für Nichts! Dreiste Abzocke einer falschen Rohrreinigungsfirma

Der Gedanke des Betrügens ist schon uralt und doch zieht die Masche immer wieder. Wer jetzt an den Enkeltrick und senile Senioren denkt, liegt falsch – es kann jeden treffen. Das beweist der Fall einer WG aus Mannheim, bei der die Betroffenen im Schnitt 25 Jahre alt sind. Eine Lehre fürs Leben?
Land unter
Während wir als WG nichtsahnend den Mittwochabend genießen, kriegen wir plötzlich nasse Füße: Die Spüle läuft über und binnen weniger Sekunden wird aus einer geselligen Runde ein Wasserschöpf-Wettbewerb. Den restlichen Abend laufen wir mit Wassereimern zwischen Küche und Badezimmer hin und her. Gegen Mitternacht gibt die Spüle endlich Ruhe und wir beschließen, direkt am nächsten Tag unseren Vermieter zu kontaktieren.
Hilfe, wir haben einen Wasserschaden
Am nächsten Morgen geht das Spektakel weiter, die Küche steht erneut unter Wasser. Ein Notfall! Doch der Vermieter ist nicht zu erreichen, deshalb entscheiden wir uns kurzerhand selbst, eine Rohrreinigungsfirma zu beauftragen. „Kurz“ ist hier das Stichwort: Wenn man einen zweiten Blick auf die Website von „24 Stunden Rohrreinigung“ wirft, ist sofort klar: Hier kann es nicht mit rechten Dingen zu gehen – es gibt nicht einmal ein Impressum. Davor warnt auch die Polizei im Gespräch mit RTL: „Viele unseriöse Anbieter landen mit gekauften Anzeigen weit oben bei den Suchergebnissen. Und sie täuschen gerne eine Ortsnähe vor. Deswegen sollte man gerade im Netz genauer hinschauen.“
„Wir begutachten nur“
Die Firma beauftragen wir per Anruf. Gegen 11.30 Uhr kommt unsere langersehnte Rettung, die sich später als gewissenlose Abzocke entpuppt. Die zwei jungen Männer Anfang 30 nehmen den Schaden in Anschein und werfen mit vermeintlichen Fachausdrücken um sich. Bei manch einem hätten vielleicht auch hier schon die Alarmglocken geschrillt. In einer Künstler-WG mit acht linken Händen hörte sich dagegen alles vielversprechend an. Sie versichen uns, dass am Nachmittag ein Kollege mit Spülwagen käme, um das Hauptrohr zu reinigen. Eine Vorauszahlung sei unverhandelbar. Deshalb empfiehlt die Polizei: „Informieren Sie sich gut über die herausgesuchte Firma. Fragen Sie konkret nach dem Firmensitz und möglichen Anfahrtskosten. Vereinbaren Sie einen Fixpreis für die von Ihnen geschilderte Leistung.“
Ohne Dienstleistung, kein Geld!
Die Quittung für unsere Gutgläubigkeit kommt fünf Minuten, nachdem die falschen Handwerker zur Tür reinkamen: 629 Euro bar auf die Hand, einen Euro Trinkgeld gibt’s noch obendrauf. Hier ist nicht allein die schwindelerregende Summe absurd, sondern auch die Rechnung, die weder Kontaktdaten noch eine Steueridentnummer aufweist. Doch auch diese Warnzeichen ignorieren wir gekonnt und wünschen den Betrügern nach ihrem Besuch noch einen schönen Tag. Da die beiden Maske trugen, ist das jetzt nur Spekulation: Die leicht gemachte Beute wird ihnen aber mit Sicherheit ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert haben.
So sieht keine Rechnung aus
Unser Vermieter, den wir endlich ans Telefon bekommen, sieht die Rechnung und macht unmissverständlich klar: Diese Quittung ist von oben bis unten ungültig und kann so nicht abgerechnet werden. Geschockt warten wir dennoch, ob sich der versprochene Handwerker zum vereinbarten Termin blicken lässt - Fehlanzeige. Spätestens jetzt ist auch uns klar: Wir haben nicht nur tief in die Tasche greifen müssen, unser Wasserschaden wartet noch immer auf eine Lösung.
Hilfe naht
Unser Vermieter schickt uns sofort richtige Handwerker, die sich dem Wasserschaden annehmen – mit Erfolg. Am Donnerstagabend kehrt beinahe wieder Ruhe in die WG ein. Es bleibt nur noch eines: Da es sich eindeutig um Betrug handelt, rät die Polizei: „Scheuen Sie sich nicht, Anzeige bei der Polizei gegen die Firma zu erstatten.“ Auf der Wache werden wir auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Das Geld sehen wir mit großer Wahrscheinlichkeit nie wieder. Trotzdem zeigen wir die Abzockfirma an. Viel Hoffnung können uns die Beamten aber nicht schenken.
Ruhe bewahren
Man lernt manchmal wohl nur durch Erfahrung. Wenn Sie Ihr Geld aber lieber in ein neues Sofa investieren wollen, anstatt es in den Rachen gewissenloser Betrüger zu schmeißen, hier ein paar Tipps der Polizei:
- Immer zuerst an den Vermieter wenden und nicht eigenmächtig Aufträge erteilen
- Keine seriöse Firma verlangt Geld, bevor die Dienstleistung erfolgt ist
- Die Rechnung überprüfen und bei Fragen an die Verbraucherzentrale wenden
- Im Zweifel den Ausweis zeigen lassen und die Polizei rufen


