Nach Schicksalsschlag wird Pierre Kaiser zum Vorbild

Erster beinamputierter Fußballer stürmt in Bayern mit Krücken über den Platz

Kick it like Kaiser!
2007 wird das Leben von Pierre Kaiser (35) auf eine harte Probe gestellt. Bei einem Zugunfall verliert er sein rechtes Bein. Ein Schicksalsschlag, auf den er mit großem Willen reagiert – und der ihn zum Fußball bringt! Mittlerweile ist er sogar ein Vorbild für andere.

„Fußball ist für alle da”

Denn Pierre Kaiser hat etwas geschafft, was vor ihm in Bayern noch niemand geschafft hat. Als erster beinamputierter Spieler ist er in einer regulären Partie des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) aufgelaufen. Der 35-Jährige kam bei einem A-Klassen-Pflichtspiel seines Vereins SG Dormitz Brand II gegen den TSV Behringersdorf II zum Einsatz. Während seine Mitspieler und die Gegner uneingeschränkt über den Platz spurteten, bewegte sich Kaiser mit Krücken über das Spielfeld.

Pierre Kaiser spielte viele Jahre auf hohem Niveau Amputiertenfußball. Jetzt kam er im regulären Spielbetrieb zum Einsatz.
Pierre Kaiser (vorne) spielte viele Jahre auf hohem Niveau Amputiertenfußball. Jetzt kam er im regulären Spielbetrieb zum Einsatz.
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„Fußball ist für alle da. Das ist für uns nicht nur eine hohle Phrase, sondern das Credo, nach dem wir im Verband leben”, erklärte BFV-Bezirksvorsitzender Uwe Mauckner. „Pierre ist mit seinem Enthusiasmus und seiner Lebensfreude ein echtes Vorbild, ein Mutmacher für andere Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation.”

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Seit mittlerweile zwei Jahren trainiert Kaiser bei der Reserve der SG Dormitz Brand mit. Brands Torhüter, der gleichzeitig Kaisers Nachbar ist, brachte ihn dazu, einmal beim Training vorbeizuschauen. Kaiser nahm an. Eine Entscheidung, die er nicht bereut hat – auch dank seiner Teamkollegen, die ihn von Beginn an mit offenen Armen und ohne Vorbehalte aufnahmen. Kaiser: „Die Reaktion der Spieler, die mir einen unglaublich herzlichen Empfang bereitet haben, hat dann dazu geführt, dass ich geblieben bin. Ich war sofort Teil des Teams und habe mich nicht eine Sekunde wie ein Spieler mit Handicap gefühlt.”

Tragischer Unfall weckt das Kämpferherz von Pierre Kaiser

Dass es überhaupt soweit kommen konnte, liegt aber vor allem an Kaisers unbändigem Willen. Getreu dem Motto: Wo ein Wille, da ein Weg. Das ist angesichts Kaisers Vergangenheit allerdings leichter gesagt als getan. Vor 17 Jahren veränderte sich das Leben des Amateurfußballers schlagartig. Kaiser verlor bei einem Zugunfall sein rechtes Bein. Anstatt mit dem Schicksal zu hadern, weckte der tragische Unfall das Kämpferherz des jungen Mannes. „Bereits kurz nach dem Unfall war mir klar, dass ich mein Leben voll auskosten möchte und mich nicht hängen lassen werde. Ich habe schnell gemerkt, dass Dinge wie beispielsweise Fahrradfahren auch mit einem Bein funktionieren”, sagte Kaiser dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) und führte aus: „Das hat mir Mut gemacht und gezeigt, dass das Leben auch mit amputiertem Bein sehr lebenswert ist.” Und wie!

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Flamme für den Fußball entzündet

Zu diesem Leben mit nur einem Bein gehört seit vielen Jahren eben auch der Fußball. Dabei hatte Kaiser vor seinem Unfall mit dem runden Leder überhaupt nichts am Hut. Das Interesse entstand erst während der Reha. Ein Mitpatient entzündete seine Flamme für den Fußball. Zunächst tobte Kaiser sich im Amputiertenfußball aus, schaffte innerhalb weniger Jahre sogar den Sprung in die deutsche Amputierten-Nationalmannschaft.

In der Nationalmannschaft lernte er Ralf Stellfeld kennen, der 2023 als erster Amputierten-Fußballer Deutschlands vom Niedersächsischen Fußballverband für den regulären Spielbetrieb zugelassen worden war. Als dieser ihm von seinen Erfahrungen berichtete, war ihm schnell klar: Das will ich auch! Für ihn sei es nochmal „eine ganz andere Motivation und Herausforderung” gewesen, erklärte Kaiser nach seinem ersten Einsatz. Krönender Abschluss eines ohnehin denkwürdigen Tages: Mit Kaiser auf dem Platz gewann Brand das Duell dank eines späten Treffers mit 2:1. (pol)