„Wir kannten uns von klein auf“27 Jahre eingesperrt! Mirella (42) von Freundinnen gerettet – jetzt ist sie wieder in der Eltern-Hölle

Mirellas Freundinnen Luiza, Aleksandra und Laura versprechen: „Wir machen alles, um sie da herauszukriegen!“
Mirellas Freundinnen Luiza, Aleksandra und Laura versprechen: „Wir machen alles, um sie da herauszukriegen!“
RTL
von Sebastian Wolny und Johanna Werning

„Wir machen alles, um sie da herauszukriegen!“
Der Horror, den Mirella erleben musste, ist kaum vorstellbar! Ihre eigenen Eltern sperrten sie offenbar mit 15 Jahren in ihr Kinderzimmer. Als 42-Jährige ist die Frau aus Polen nun zum ersten Mal wieder draußen. Eine Rettung in letzter Sekunde mit einer schweren Infektion. Und dennoch ist sie jetzt wieder genau da, wo sie halbtot und abgemagert gefunden worden war. Doch ihre früheren Freundinnen Luiza, Aleksandra und Laura geben sie nicht auf, wie sie im RTL-Interview sagen.

„Auf der einen Seite war ihr Kopf kahl, auf der andere hatte sie verfilzte, kurze Haare“

27 Jahre lebt Mirella versteckt im Haus ihrer Eltern im polnischen Świętochłowice. Nicht mal die Nachbarn ahnten, dass die vermisste Teenagerin als Geist direkt neben ihnen lebt. Bis die heute 42-Jährige plötzlich am 29. Juli gerettet wird – dank ihrer Jugendfreundin Luiza. Mitten in der Nacht hört diese an dem Dienstag einen Streit ihrer Nachbarn und ist sich sofort sicher: Hier stimmt etwas nicht, schließlich ruft sie die Polizei.

„Ich habe gesagt, dass dort jemand festgehalten wird“, erzählt sie im Interview mit RTL. 20 Minuten nach dem Anruf seien die Beamten da gewesen und befreien Mirella aus ihrem Martyrium. „Ich hab durch den Türspion geschaut und wollte sehen, ob ich etwas erkenne. Aber sie sah aus wie eine alte Frau.“ Dass es sich dabei um ihre Jugendfreundin Mirella handelt, kann Luiza kaum glauben: „Das muss eine ältere Dame sein und keine in meinem Alter“, dachte sie zunächst. „Auf der einen Seite war ihr Kopf kahl, auf der andere hatte sie verfilzte, kurze Haare.“ Zudem hatte sie große Wunden und Entzündungen an den Beinen, die bis auf die Knochen reichten, berichten polnische Medien.

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Einsatzkräfte holen Mirella aus der Wohnung ihrer Eltern
Mirella kann kaum laufen, als die Einsatzkräfte sie aus der Wohnung holen. Es ist das erste Mal seit 27 Jahren, dass sie wieder an der frischen Luft ist.
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Mirella (42) wurde Jahrzehnte eingesperrt – „sie waren Musternachbarn”

Was Mirella in den vergangenen 27 Jahren durchmachen musste, ist nach wie vor ein Rätsel und nicht nur für Luiza und ihre Freundinnen schwer zu ertragen. Immerhin sind sie über Jahre mit Mirella zusammen aufgewachsen. „Wir kannten uns von klein auf“, sagt Luiza im RTL-Interview. „Ich wohne in der Wohnung meiner Oma, da war ich früher mit meiner Mutter immer zu Besuch – montags, mittwochs, freitags – von morgens bis abends, meine Mutter hat gekocht und ich hab Mirella abgeholt und wir haben draußen gespielt.“

Als Mirella im Jahr 1997 plötzlich nicht mehr in dem kleinen Dorf ist, sagen ihre Eltern, dass das Mädchen zu seinen leiblichen Eltern zurückgebracht worden sei. Doch währenddessen saß Mirella offenbar in der Wohnung gefangen und durfte nicht mehr nach draußen gehen. Die Jahre vergehen, die Nachbarn vergessen Mirella schließlich. „Man hat nichts gehört. Sie waren Musternachbarn. Man hat sich gegrüßt und verabschiedet. Ohne große Gespräche zu führen.“ Erst 27 Jahre später wurde klar, was in der Wohnung vorgegangen ist und Mirella wird befreit – auch dank Luiza.

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Mit 42 Jahren ist Mirella endlich frei – Freundinnen wollen ihr helfen

Doch ihre Freundinnen wollen sie nicht aufgeben. „Wir haben sie Krankenhaus besucht, Luiza mit ihrem Mann und ich haben sie besucht“, erzählt Aleksandra im RTL-Interview. „Natürlich war sie ein wenig mitgenommen durch die Isolation, sie hat viel erzählt, sie kann lesen, hat ein Bewusstsein für Zeit.“

Eltern sperren Tochter 27 Jahre lang ein - mit 42 Jahren ist Mirella endlich frei
Mirella lebte 27 Jahre lang eingesperrt in der Wohnung ihrer Eltern in Polen.
pomagam.pl

Doch was genau vor 27 Jahren in dem Horrorhaus in Świętochłowice passierte, darüber schweigt die heute 42-Jährige. „Entweder sie leugnet es oder sie senkt ihren Blick oder sie will es nicht sagen oder hat Angst, vielleicht erinnert sie sich nicht, das war schließlich vor 27Jahren – wir wissen nicht, wie das am Anfang war”, so Aleksandra.

Um ihrer Jugendfreundin zu helfen, starten sie sogar einen Spendenaufruf. Sie wollen ihr helfen, ein eigenes Leben aufzubauen. „Ich hab mich gefreut, weil ich dachte, ihr wird endlich geholfen, sie hat es endlich aus der Wohnung geschafft”, sagt Luiza. Doch es kommt anders!

Trotz Rettung! Mirella (42) wieder bei den Eltern

Im Oktober wird die 42-Jährige nach mehreren Monaten aus dem Krankenhaus entlassen, berichten polnische Medien. Das Unglaubliche: „Mirella ist wieder in der Wohnung“, erklärt Aleksandra weiter. „Seit drei Wochen ist sie zu Hause, war kein einziges Mal draußen. Und wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir machen alles, um sie da herauszukriegen”, erklärt Laura im RTL-Interview weiter. Immer wieder stehen sie vor der Tür der Eltern, jedoch ohne Erfolg. „Sie ist unter dem Einfluss ihrer Mutter und Mirella wiederholt alles, was ihre Mutter sagt. Wir wissen nicht mal, ob sie weiß, dass wir weiter für sie kämpfen.” Warum genau und wie es dazukommen konnte, ist unklar.

Mirella muss nach der Rettung im Krankenhaus behandelt werden
Mirella (42) hatte so schwere Infektionen an den Beinen, dass sie nur noch ein paar Tage gelebt hätte, wäre sie nicht zufällig entdeckt worden.
pomagam.pl

Im Interview mit der polnischen Zeitung Fakt sagte Mirellas Mutter, dass niemand ihre Tochter eingesperrt habe. Sie sei empört, dass ihre Tochter in eine medizinische Einrichtung eingeliefert worden sei. „Sie ist jetzt verwirrt, weil sie in diesem Krankenhaus festgehalten wurde“, wird sie weiter zitiert. Außerdem fügte sie hinzu, dass sie die Hilfe, die die Leute für ihre Tochter organisiert hatten, nicht in Anspruch nehmen wollte. „Wir brauchen nichts, wir haben Renten.“

Aktuell wird ermittelt, was genau in den vergangenen 27 Jahren passiert ist. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Chorzów versucht, diesen mysteriösen Fall aufzuklären, berichten polnische Medien. „Das Opfer selbst sagte aus, dass sie die Wohnung 27 Jahre lang nicht verlassen habe. Sie konnte sich den Grund nicht logisch erklären. Sie fügte hinzu, dass niemand sie gefangen hielt“, sagte Staatsanwältin Sabina Kuśmierska, Leiterin der Staatsanwaltschaft Chorzów, gegenüber Fakt. „Es gibt viele Fäden in diesem Fall; wir haben ihre Eltern oder Nachbarn noch nicht befragt. Wir ermitteln wegen möglicher psychischer und physischer Misshandlung“, so die Staatsanwältin weiter.

Doch Luiza, Aleksandra und ihre Freundinnen wollen Mirella nicht aufgeben – nicht schon wieder. „Damit sie einfach ein normales Leben hat und noch etwas erleben kann.“

Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche, Fakt