„Der psychische Druck war zu hoch - das war für mich Verarbeitung“

Rettungssanitäter macht Selfies mit hilflosen Patienten – und lächelt dabei

Frank S. beim Selfie mit einer Patientin
Rettungssanitäter Frank S. beim Selfie mit einer Patientin
privat

Frank S. nutzte Lage von Verletzten und Kranken aus

Es war seine Aufgabe, Leben zu retten. Es war sein Job, sich um Schwerverletzte und Kranke zu kümmern. Aber Frank S. aus Zwickau versorgte bei seinen Einsätzen nicht nur die Opfer – er machte auch Selfies und Videos mit ihnen. Ohne dass die zum Teil hilflosen Patienten das mitbekamen oder sich dagegen wehren konnten. Die Aufnahmen schickte der Rettungssanitäter (49) per WhatsApp seiner damaligen Freundin Stefanie O. Die zeigte ihn schließlich an. Jetzt musste sich Frank S. vor dem Amtsgericht Zwickau verantworten.

Der Rettungssanitäter lächelt – und im Hintergrund liegen die Patienten

Zwickau: Frank S. soll sich über seine Patienten lustig gemacht haben
Frank S. soll sich über seine Patienten lustig gemacht haben
privat

Zwischen Oktober 2016 und Juni 2020 macht S. die beschämenden Bilder. Die Aufnahmen zeigen ihn mal lächelnd, mal mit Daumen hoch. Im Hintergrund sind die manchmal schwerverletzten Patienten zu sehen. Aber die bekommen davon nichts mit.

„Frank hatte Spaß daran, diese Aufnahmen zu machen“

Stefanie O. (32), Altenpflegerin und damals die Freundin von Frank S., bekam jede Woche mehrere Fotos von ihm: Unfallopfer, Patienten mit Schlaganfällen, Selfies mit Verletzten und sogar Leichen. Im Prozess erklärt Frank S.: „ich möchte mich entschuldigen. Es war eine Riesendummheit. Das war für mich Verarbeitung, der psychische Druck war zu hoch. Ich habe den Terror oft nicht mehr geschafft.“ Alles Unsinn, kontert seine Ex. „Ich kann nicht einmal sagen, dass er irgendwo gestresst war, emotional mitgenommen war oder wegen irgendeines Einsatzes in ein Loch gefallen wäre.“ Vielmehr habe sich ihr Freund über seine hilflosen Patienten lustig gemacht. „Was für einen Spaß er daran hatte, diese Aufnahmen zu machen, das war das Schlimmste.“ Aus Angst habe sie lange geschwiegen. Ihr Pflichtgefühl, die Würde der Menschen zu schützen, sei am Ende aber stärker gewesen. Deshalb habe sie ihn schließlich angezeigt.

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Die Patienten wussten häufig nicht, dass sie fotografiert wurden.
Die Patienten wussten häufig nicht, dass sie fotografiert wurden.
privat

Frank S. war damals beim Arbeiter-Samariter-Bund Zwickau beschäftigt. Inzwischen hat er dort gekündigt. Der Geschäftsführer des ASB Zwickau teilt uns schriftlich mit, dass man über die Bilder mehr als entsetzt sei und nichts von den Aufnahmen gewusst habe. Die Behauptung, Frank S. habe keine Möglichkeiten gehabt, seine Erlebnisse zu verarbeiten, weist der Verband zurück. Die Aussage, S. habe die Bilder als „Ventil“ genutzt, sei „schlichtweg falsch“. Zudem habe er zu keiner Zeit um Hilfe gebeten.

Haben noch andere Rettungssanitäter Selfies mit Patienten gemacht?

Möglicherweise ist Frank S. kein Einzelfall. Es gebe sogar eine WhatsApp-Gruppe, in der weitere Rettungssanitäter Selfies mit ihren Patienten austauschen würden, behauptet Ex-Freundin Stefanie O. Ob auch Mitarbeiter des ASB Zwickau dazu gehören, will der Verband nun prüfen – und gegebenenfalls arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen. Frank S. jedenfalls wurde jetzt für sein beschämendes Handeln bestraft: Das Amtsgericht Zwickau verurteilte ihn wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs zu einer Zahlung von 4500 Euro an einen gemeinnützigen Verein. Sollte er das Geld nicht bis Ende des Jahres zahlen, käme noch eine Geldstrafe von 2450 Euro hinzu.