13 Prozent mehr als im Vorjahr

Zahl der Drogentoten im Jahr 2020 gestiegen - Ist die Corona-Pandemie schuld daran?

Zahl der Drogentoten in Deutschland deutlich gestiegen.
Im Jahr 2020 starben wegen des Konsums illegaler Substanzen 1.581 Menschen in Deutschland.
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Die Zahl der Drogentoten in Deutschland steigt. Im vergangenen Jahr starben 1.581 Menschen, weil sie illegale Substanzen zu sich genommen hatten. Das sind 183 (13 Prozent) mehr als noch 2019, wie die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig mitteilte. Gibt es einen Zusammenhang mit der noch anhaltende Corona-Pandemie?

Persönliche Hilfsangebote sind weggebrochen

572 Menschen sind an Überdosierungen von Drogen wie Heroin und Morphin – der häufigsten Ursache – gestorben. Daniela Ludwig meint, die gestiegenen Zahlen sind in weiten Teilen auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. „Wir wissen ja, dass selbst für einen normalen Menschen so ein Lockdown wirklich schwierig ist und wir wissen, dass bei ganz normal veranlagten Menschen ohne Suchtvorerkrankungen Depressionen um sich greifen und wenn Sie sich jetzt vorstellen, Sie sind dann noch abhängig und allein und nehmen dann vielleicht noch mehr Drogen, nimmt sozusagen letztlich das Elend tatsächlich seinen Lauf“, erklärt die Drogenbeauftragte im RTL-Interview.

Gewohnte Strukturen, persönliche Hilfsangebote und Ansprechpartner seien von einem Tag auf den anderen weggebrochen. Deshalb ist es laut Ludwig besonders wichtig, auch während des Lockdowns suchtkranke Menschen weiter zu therapieren. Gerade jetzt müsste die persönliche Suchthilfe bestehen bleiben.

Viele Rückfälle im Jahr 2020 gemeldet

Die meisten Drogentoten gab es 2020 den Angaben zufolge in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen (401 Tote) und Bayern (248 Tote) sowie in Berlin (216 Tote). Dr. Christian Walz vom Vorstand der Selbsthilfeorganisation von Drogenabhängigen „Synanon“ findet es noch zu früh, um zu behaupten, Corona sei der Grund für den Anstieg der Drogentoten. „Viele Rückfälle sind uns gemeldet worden. Wir haben mitbekommen, dass Menschen eben wegen der sozialen Problematiken, die mit Corona aufgetreten sind, sicherlich in einen Rückfall gekommen sind. Es wird mit Sicherheit auch viele Menschen geben, die eben einen harten Konsum begonnen haben.“ Dennoch würden aber auch andere Faktoren – wie auch in den Jahren zuvor – eine wichtige Rolle in diesen Fällen spielen, wie zum Beispiel die hohe Belastung durch Arbeitslosigkeit.

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen sowie die gestiegene Polizeipräsenz auf den Straßen hat die suchtkranken Menschen nicht unbedingt von ihren Drogen ferngehalten. Sie kamen vielleicht nicht mehr über die Straßendealer an die illegalen Substanzen. Dafür ist aber das Angebot im Internet stark ausgeweitet worden, wie Drogenbeauftragte Ludwig berichtet.

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Europäischer Markt mit Kokain derzeit gut versorgt

Der Erwerb von Drogen wird Menschen sehr leicht gemacht. „Wir stellen fest, dass der europäische Markt mit Kokain derzeit so gut versorgt wird, dass es nirgendswo einen Mangel gibt und das ist überraschend“, sagt Olaf Schremm, der Leiter des Drogendezernats beim Landeskriminalamt.

Kokain sei die Droge, die aufgrund ihrer Wirkung weite Teile der Bevölkerung anspricht. Vom einfachsten Arbeiter bis zum Professor – sie greifen alle darauf zu. „Die Altersgruppe zwischen 30 und 40 ist eigentlich diejenige, die am auffälligsten ist, mit den größten Zuwachsraten an Erstkonsumenten“, berichtet Schremm. Wer beruflichen oder seelischen Stress hat, der nimmt die anregende Droge zu sich, um sich hinterher besser zu fühlen – mit tödlichen Folgen, wie manche Fälle zeigen. Gerade das Mischen von Substanzen ist häufig lebensgefährlich.

Hilfe für Abhängige müsse ausgeweitet werden

Nicht nur der illegale Handel mit Drogen muss weiter bekämpft werden, auch die Hilfe für suchtkranke Menschen bundesweit muss weiter ausgebaut werden. Die Bundesbeauftragte spricht von neuen Methoden, um Gesundheitsschäden bei Abhängigen zu minimieren.

Übrigens: Die Folgen von Alkohol und Rauchen sind in der Statistik nicht erfasst. Sie richten nach wie vor die größten Gesundheitsschäden an. Am Konsum von Tabak sterben jährlich 127.000 Menschen. In der Corona-Pandemie haben die Menschen in Deutschland zwar weniger Alkohol getrunken als zuvor, aber dafür mehr geraucht. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Sehr stark ging demnach der Bierkonsum zurück, und zwar um 5 Liter auf 86,9 Liter pro Kopf. Gründe seien laut Experten fehlende Trinkgelegenheiten – wie geschlossene Gaststätte oder abgesagte Großveranstaltungen.