Wormser ProzesseHeike G. verlor ihre 3 Kinder wegen einer falschen Anklage als Kinderschänderin
Es ist einer der größten Justizskandale in Deutschland: 25 Männer und Frauen aus Worms und Umgebung wurden des massenhaften und teilweise gemeinschaftlichen Kindesmissbrauchs angeklagt. Heike G. verliert durch die falsche Anklage als Kinderschänderin ihre Familie. Sie ist dreifache Mutter und die Schwester der damals Hauptangeklagten. Dreieinhalb Jahre stand sie unschuldig vor Gericht, hat deshalb vier Jahre ihre eigenen Kinder nicht gesehen. Im Video erzählt Heike G., wie sie noch heute darunter leidet.
"Den Wormser Massenmissbrauch hat es nie gegeben"
Zwischen 1994 und 1997 fanden drei Strafprozesse vor dem Landgericht Mainz statt. Sie sollen Videos gefertigt und vertrieben haben, es war die Rede von einem Pornoring. 16 Kinder, darunter Babys, sollen von ihnen zum Teil in Orgien missbraucht worden sein. Die Angeklagten saßen zwei Jahre und sieben Monate in Untersuchungshaft. Nach über 300 Verhandlungstagen wurden 24 der Angeklagten freigesprochen, eine ältere Dame war in der Untersuchungshaft bereits gestorben.
Auslöser der Wormser Prozesse war ein Scheidungsverfahren, in dem eine Frau ihrem Ex-Mann sexuellen Missbrauch der gemeinsamen Kinder vorwarf. Plötzlich werden 24 Menschen des Kindesmissbrauchs verdächtigt und das Schlimmste: von der Öffentlichkeit und der Justiz vorverurteilt. Der Prozess stützt sich vor allem auf die Aussagen der angeblichen Opfer- der Kinder. Das Problem: Die wurden nicht befragt, sondern regelrecht verhört.
Der Vorsitzende Richter Hans Lorenz begann seine Urteilsbegründung im letzten Prozess mit folgenden Worten: „Den Wormser Massenmissbrauch hat es nie gegeben. Bei allen Angeklagten, für die ein langer Leidensweg zu Ende geht, haben wir uns zu entschuldigen.“ Der Jurist veröffentlichte später in der „Deutschen Richterzeitschrift“ einen Aufsatz. Er schrieb – für einen Richter sehr ungewöhnlich – er „schäme“ sich dafür, dass er nicht von Anfang an kritischer gewesen sei.
"Ferdinand von Schirach - Glauben" bringt die Wormser Prozesse in die Gegenwart
Den Wormser Justizskandal hat Bestsellerautor Ferdinand von Schirach jetzt mit einer eigenen fiktiven Geschichte in die Gegenwart transportiert. Das packende Justiz-Drama "Ferdinand von Schirach – Glauben" mit Peter Kurth und Narges Rashidi in den Hauptrollen ist jetzt auf RTL+ verfügbar. „Das Wesentliche dieser Verfahren war das Versagen aller gesellschaftlichen und rechtlichen Institutionen, der Presse und der Öffentlichkeit. Die allgemeine Empörung, der ungebremste Hass und die furchtbare Hysterie damals ist den heutigen gesellschaftlichen Zuständen sehr ähnlich. Es lag deshalb für mich nahe, aus den Wormser Missbrauchsprozessen eine Serie zu machen, die in der Gegenwart spielt und alle neuen Elemente aufnimmt, mit denen wir heute leben müssen“, erklärt Fedinand von Schirach.
Mit "Ferdinand von Schirach – Glauben" auf RTL+ feiert der ehemalige Strafverteidiger und heutige Schriftsteller eine besondere Premiere. Zum ersten Mal verfasst er ein Drehbuch als alleiniger Autor: „’Glauben’ ist ein Format über unsere Zeit, über die Welt, in der wir heute leben. Es erzählt die Geschichte eines allgemeinen Versagens der Gesellschaft. Ich bin sicher, dass es zu einer breiten Diskussion darüber führen wird, wer wir heute sein wollen", so Schirach. (aze)