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Transfrau Faisal: "Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod"

Homosexuelle in Katar: "Haben Angst vor Bestrafung und Tod" Rote Karte statt Regenbogen
01:27 min
Rote Karte statt Regenbogen
Homosexuelle in Katar: "Haben Angst vor Bestrafung und Tod"

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Die Fußball-WM in Katar 2022 wird überschattet von Verstößen gegen Menschenrechte und Tausenden toten Gastarbeitern. Eine Bevölkerungsgruppe, die ebenfalls großes Leid erfährt ist die LGBTIQ+-Community. Die beiden RTL-Reporter Jonas Gerdes und Timo Latsch bekamen exklusive Einblicke in ein Leben in Angst vor dem Tod. RTL.de konnte ihre Reportage vorab ansehen.

WM in Katar 2022: Nasser ist schwul - Outing strahlt bis in seine Heimat

Nasser Mohammed ist der erste Katari der sich öffentlich geoutet hat.
Nasser Mohammed ist der erste Katari der sich öffentlich geoutet hat.
RTL

Nasser Mohammed ist schwul. Und glücklich. Doch Nasser Mohammed stammt aus dem Wüstenemirat Katar. Sein altes Leben und seine sexuelle Orientierung, sie passten nicht zusammen. Er musste sich entscheiden. Für sein Leben. Oder für seine Heimat. Er musste mit dem Land, mit seiner Familie brechen, um der sein zu können, der er ist und der er sein will. Ein ganz normaler Mann, der Männer liebt und der ein glückliches Leben führt. In den USA. In San Francisco.

Nasser Mohammed ist der erste Katari der Welt, der sich öffentlich geoutet hat. Es war ein Outing mit Folgen, mit einem gewaltigen Echo, wie der 35-Jährige in der Reportage „Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“ ( Erstausstrahlung in der Nacht zu Donnerstag, 0:20 Uhr in einem RTL-Nachtjournal-Spezial ) verrät. Ein Outing, das bis in seine Heimat strahlt.

In Katar herrscht in der homosexuellen Community Angst und Wut. Denn im Emirat wird in diesem Jahr die Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Als Winter-Turnier, bei dem jeder Mensch willkommen ist. Sein soll. So heißt es aus dem Veranstalterland und von der FIFA, die diesem Giganten-Event in der Wüste, das über 200 Milliarden Euro verschlungen hat, mit größter Euphorie entgegenfiebert. Gianni Infantino, der mächtige Weltverbands-Boss, der mittlerweile in Katar lebt, verspricht wieder einmal die „beste Weltmeisterschaft, die es je gab“. Nur für wen eigentlich?

Homosexuelles Leben im WM-Gastgeberland Katar: "Haben gelernt, dass Schwulsein eine Verirrung ist"

Nicht für die unterdrückten Menschen im Land. Sie müssen plötzlich funktionieren, sie müssen in diesem einen Moment nur abliefern (das gilt seit Jahren auch für die Gastarbeiter) und werden danach wieder vergessen. Manche können nicht funktionieren, nicht abliefern. Sie haben Angst. Sie müssen sich, sie müssen ihr Inneres verstecken. Wie die Mitglieder der LGBTIQ+-Community. Ein junger Katari, dessen richtiger Name aus Sorge vor existenz- wenn nicht sogar lebensbedrohenden Strafen nicht genannt werden darf, sitzt irgendwo in Europa. Land und Ort bleiben geheim. So groß ist die Angst. Was er erzählt, ist erschütternd.

„Wir haben große Angst vor Strafe und Tod“, sagt der 32-Jährige, der in Katar noch bei seinen Eltern lebt und für das Interview nach Europa gereist ist. „Wir haben in unserer Jugend immer wieder gelernt, dass Schwulsein eine Verirrung ist, nichts Natürliches. Es ist gegen Gott, gegen Allah. Und die Gesellschaft und die Regierung bekämpfen uns auf ganz unterschiedliche Art.“ Die Polizei, so berichtet er, könne jederzeit auftauchen und dich einen an einen geheimen Ort bringen. Die Polizei könne psychische und physische Folter anwenden, wenn sie wolle. Sie würden persönliche Dinge beschlagnahmen und das Handy durchsuchen. Er sagt: „Die Beamten schüchtern dich ein, sie schikanieren dich. Sie können dich für einige Zeit gegen deinen Willen festhalten.“

Nun steht in der Vorweihnachtszeit die WM an. Ein Fußball-Fest. Doch darf man das feiern? Jeder muss das für sich entscheiden. Nasser Mohammed wird sich die Spiele angucken. In den USA. Ein Besuch kommt natürlich nicht in Frage. Und er sieht die Sache dann auch so: „Es ist so, als wärt ihr zu einer Party eingeladen, in ein Haus, in dem Kinder ständig missbraucht werden. Jeder darf kommen und seine Kinder mitbringen. Alle dürfen machen was sie wollen, sogar auf den Tischen tanzen. Nur die Kinder, die im Haus wohnen, sind unten im Keller und dürfen nichts, weil sie sonst bestraft werden. Jetzt, wo ihr wisst, dass die Kinder missbraucht werden: Wollt ihr zu der Party kommen?“

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