Nein, nein, nein

Was für ein Drama um Alexandra Popp: Brutaler EM-Fluch schlägt wieder gnadenlos zu

Dieser historische Abend in Wembley erzählt so viele große Geschichte. Wundervolle über die so glücklichen Engländerinnen - und traurige über die deutschen Heldinnen. Aber alle Geschichten werden überlagert von dem Verletzungsdrama um Alexandra Popp. Wieder einmal schlägt das Schicksal bei Deutschlands Starstürmerin auf gnadenlose Weise zu!

Dabei schien der Fluch doch endlich gebannt

 UEFA WOMENS EURO ENGLAND 2022: Finale England - Deutschland 31.07.2022 Martina Voss-Tecklenburg Trainerin Deutschland umarmt Alexandra Popp Deutschland, 11 UEFA WOMENS EURO ENGLAND 2022: Finale England - Deutschland Wembley Stadium, London, 31.07.2022 *** UEFA WOMENS EURO ENGLAND 2022 final England Germany 31 07 2022 Martina Voss Tecklenburg coach Germany hugs Alexandra Popp Germany, 11 UEFA WOMENS EURO ENGLAND 2022 final England Germany Wembley Stadium, London, 31 07 2022 Copyright: xBEAUTIFULxSPORTS/Wunderlx
Der Moment der Entscheidung: Popp spielt nicht.
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Der Schock kam acht Minuten vor dem Anpfiff! Deutschland muss im EM-Finale gegen England auf Alexandra Popp verzichten. Ausgerechnet auf Poppi! Die Stürmerin konnte nicht mitmachen, weil die Muskeln nicht wollten. Wieder einmal nicht. Statt ihr Team ins Stadion zu führen, stand sie bei der Hymne an der Seitenlinie. Ein Drama, das sich beim Warmmachen schon angedeutet hatte: Ihr Gespräch mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, bei dem beide schon niedergeschlagen dreinblickten, ihre lange Umarmung mit Sophia Kleinherne, auch ihr getapter Oberschenkel.

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Die Wolfsburgerin kennt dieses Leiden. Es ist ein unfassbares, ein sich ständig wiederholendes. Erst vor vier Wochen hatte sie nach ihrer Einwechslung im Auftaktspiel gegen Dänemark (4:0) ihr EM-Debüt gegeben, im Alter von 31 Jahren, nachdem sie die Turniere 2013 und 2017 je verletzt verpasst hatte. 114 Spiele hatte Popp bereits im DFB-Trikot absolviert und war Olympiasiegerin geworden, war bei den Weltmeisterschaften 2011, 2015 und 2019 dabei, aber auf den kontinentalen Turnieren lastete ein Fluch. Dieser schien nun endlich gebannt.

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Obwohl sie im vergangenen Jahr einen Knorpelabriss im Knie erlitt, sie in der Reha Rückschläge erlebte, noch einmal operiert werden musste, gab Popp nicht auf. Der Gedanke, dass sie erneut eine EM verpassen würde, hätte die Pandemie nicht für eine Verschiebung des Turniers um ein Jahr gesorgt, er schwirrte ihr im Kopf herum. Sie wollte von der Verzögerung profitieren, sie wollte unbedingt endlich dabei sein. Im April gab sie ihr Comeback bei den Wolfsburgerinnen, mehr als zehn Monate hatte sie nicht gespielt, im Nationalteam sogar 17 Monate lang nicht. Gegen Portugal wurde sie eingewechselt, Svenja Huth streifte ihr die Kapitänsbinde über - und am Ende weinte Popp. „Man sieht mich selten weinen", sagte sie dem NDR, „aber in dem Moment sind tatsächlich die Tränen gekullert." Tränen kamen ihr auch nach ihrem ersten EM-Tor, dem 4:0 gegen Dänemark. Nachweis dafür, wie viel Emotionen in diesem Turnier stecken.

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"Tatsächlich beim letzten Schuss"

 Football - 2022 UEFA Womens European Championship, EM, Europameisterschaft Finals - Final - England vs Germany - Wembley Stadium - Sunday 31st July 2022 A destraught Alexandra Popp of Germany in the stands after finding out she was not fit to play in the final is consoled by a team mate PUBLICATIONxNOTxINxUK
Ein bisschen Trost von Almuth Schult.
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Nicht einmal eine Corona-Infektion im Vorbereitungstrainingslager konnte sie noch aufhalten. Sie spielte - und wie. Nach vier Toren in vier Spielen hatte die Kapitänin einen neuen EM-Rekord aufgestellt, im Halbfinale gegen Frankreich traf sie gleich doppelt, sechs Tore in fünf Partien. "Der Postillon" witzelte bereits, Männer-Bundestrainer Hansi Flick würde sie für die WM als "Alexander Papp" nominieren, sie reagierte megalässig mit aufgeklebten Schnauzbart und umgedrehten Basecap auf dem Kopf bei einer Pressekonferenz. Ihre Teamkolleginnen lobten sie in höchsten Tönen, sie wurde von allen für dieses Turnier gefeiert, dem sie ihren Stempel aufgedrückt hatte. „Für mich hätte es nicht besser laufen können", bilanzierte Popp daher. Mit einem dicken Aber: „Trotz alledem habe ich wieder einen Nackenschlag bekommen."

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Beim Abschlusstraining am Samstag seien die muskulären Probleme im vorderen Oberschenkel aufgetreten, „tatsächlich beim letzten Schuss", sagte Popp. „Da hatte ich schon kein so optimales Gefühl." Ein Lauf zum Testen am Morgen, das Warmmachen auf dem Rasen von Wembley - dann die Gewissheit: „Ich konnte keinen Pass auf längere Distanz spielen, ich konnte nicht richtig aufs Tor schießen, was irgendwie fester als ein Rückpass war, das hätte einfach keinen Sinn gemacht", erklärte die Wolfsburgerin. „Es müssen elf fitte Spielerinnen auf dem Platz stehen, um möglichst zu gewinnen." Eine harte Entscheidung, auch für Trainerin Voss-Tecklenburg: „Dafür gebührt ihr der allergrößte Respekt. In einem Finale, nach so einem Turnier, nach so einer Geschichte zu sagen 'Ich spiele nicht', das zeichnet große Persönlichkeiten aus." (tno/ara)