Rechtsanwalt ordnet einWas das eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann bedeutet

von Julia Möller, Anja Blanuscha und Constanze Rotzsch

Der Fall Lindemann wurde offiziell zu den Akten gelegt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den Rammstein-Sänger wegen des Verdachts von Sexualdelikten eingestellt. Doch was bedeutet das genau? Kommt die Einstellung des Verfahrens einem Freispruch gleich? Rechtsanwalt Jan Siebenhüner ordnet den Fall ein.

Wie ein "Freispruch zweiter Klasse"

„Man kann hier auf jeden Fall erstmal sagen, dass das eine Art Freispruch ist – inwieweit das jetzt aber die Unschuld von Herrn Lindemann beweist oder nicht, ist eher fraglich. Man konnte einfach keine hinreichenden Beweismittel seitens der Staatsanwaltschaft finden, um Herrn Lindemann hier ein Verbrechen nachzuweisen“, so Jan Siebenhüner.

Lese-Tipp: Alle Infos rund um den Rammstein-Skandal in unserem Ticker

Laut dem Rechtsanwalt könne man von einem „Freispruch zweiter Klasse“ sprechen. „Das heißt im Zweifel ist immer zu Gunsten des Beschuldigten auszugehen – ein tatsächlicher Unschuldsbeweis wurde aber hier seitens der Staatsanwaltschaft oder der Polizei nicht geführt“, führt der Jurist aus.

Ermittlungen könnten jederzeit wieder aufgenommen werden

Das Verfahren könne jedoch jederzeit wieder aufgenommen werden, etwa, wenn sich Zeugen meldeten, so Siebenhüner. Nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung gebe es keinen so genannten Straflageverbrauch. Solange Taten nach dem Gesetz nicht verjährt seien, könnten Ermittlungen wieder aufgenommen werden und gegebenenfalls ein Sachverhalt zu einem späteren Zeitpunkt zur Anklage führen. Beispielsweise betrage die Verjährungszeit bei einem Delikt des Missbrauchs von widerstandsunfähigen Personen von Beginn der Tat an zehn Jahre.

Lese-Tipp: „Und die Sänger vögeln nicht mehr": Mein Abschied von Rammstein

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

„Es existierten ja nie irgendwelche Beweise"

Till Lindemann erklärte nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens bei Instagram: „Ich danke allen, die unvoreingenommen das Ende der Ermittlungen abgewartet haben.“ Für seinen Anwalt, Professor Björn Gercke, sei der Schritt der Staatsanwaltschaft logisch und konsequent gewesen. „Es existierten ja nie irgendwelche Beweise oder Indizien, dass mein Mandant diese Frauen sexuell missbraucht hat. Das zeigt auch der Umstand, dass diese vermeintlichen Opfer nicht selbst Strafanzeigen gegen Herrn Lindemann erstattet haben, sondern Dritte“, so Gercke im Interview mit Focus Online.