„Schutzmechanismus des Körpers"Aufwachen, bevor der Wecker klingelt – Schlafmediziner erklärt, wie ihr die innere Uhr austrickst

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Wacht ihr regelmäßig auf, bevor der Wecker klingelt? Ein Schlafmediziner gibt Tipps, wie ihr dann schnell wieder zur Ruhe kommt.
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Schlaflos durch die Woche – und dann erst einmal ausruhen!
Fühlt ihr euch morgens oft gerädert, wenn der Wecker klingelt, weil ihr schon vorher wach wart? Die innere Uhr macht vielen Menschen zu schaffen, wenn sie zu unseren Ungunsten tickt. Schlafmediziner Dr. Michael Feld gibt Tipps, wie sich die innere Uhr austricksen lässt.

Wach, bevor der Wecker klingelt? Schlafmediziner kennt das Phänomen

Manche Menschen brauchen fünf Wecker, um wach zu werden, für andere ist es dagegen zum verrückt werden: Sie schlafen zwar gut ein, aber sie liegen längst hellwach, wenn der Wecker klingelt.

Von dieser Form der Schlafstörung sind viele Deutsche betroffen, das weiß auch Schlafmediziner Dr. Michael Feld. Doch warum haben eigentlich viele Menschen so eine innere Uhr, die zu ihren Ungunsten tickt und sie früher aufwachen lässt als sinnvoll oder gewünscht?

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Eure Erfahrung interessiert uns! Wacht ihr oft auf, bevor der Wecker klingelt?

Die Ergebnisse dieser Umfrage sind nicht repräsentativ.

Schlafmediziner klärt auf: „Gehirn speichert Aufstehtermine im Unterbewusstsein ab"

„Das Gehirn kann Zeit tatsächlich vorwegnehmen und speichert Aufsteh-Termine im Unterbewusstsein ab. Viele Menschen merken sich während des Schlafs, dass sie zum Beispiel um sechs Uhr rausmüssen und schütten dann vorab schon Stresshormone aus, um nicht zu verschlafen“, erklärt Feld.

Um dieses Verhalten zu erklären, nimmt der Mediziner Bezug auf die Studie: „Timing the end of nocturnal sleep” (zu Deutsch: „Timing vom Ende des nächtlichen Schlafs“) der Universität Lübeck (1999), die dieses Phänomen damals untersucht und dabei Erstaunliches herausgefunden hat.

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Studie: Wer weiß, dass er früher geweckt wird, schüttet auch Stresshormone früher aus

Einer Gruppe der Teilnehmer wurde vorab gesagt, dass sie am nächsten Tag um neun Uhr geweckt werden, und den anderen Probanden teilte das Forschungsteam mit, dass sie bereits um sechs Uhr aufstehen müssen. Schließlich hat man aber am nächsten Tag beide Gruppen um sechs Uhr geweckt.

„Das Interessante war, dass die Gruppe, die wusste, dass sie um sechs Uhr geweckt wird, bereits vor sechs Uhr morgens die Stresshormone ausgeschüttet hat. Die 9-Uhr-Gruppe war hingegen noch total in Trance, als sie geweckt wurden und das Cortisol und die anderen Stresshormone waren noch gar nicht hochgefahren“, so Feld.

Das heißt: Unbewusst weiß unser Körper genau, wann wir aufstehen müssen, und bereitet sich mit körpereigenen Hormonen darauf vor.

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Dr. med. Michael Feld, Facharzt für Allgemeinmedizin, Somnologe (DGSM), Schlafmediziner
Dr. med. Michael Feld, Facharzt für Allgemeinmedizin, Somnologe (DGSM), Schlafmediziner

„Die innere Uhr ist ein evolutionärer Mechanismus"

Die Ursache für dieses Verhalten sei evolutionär bedingt. Über Tausende von Jahren hinweg musste der Mensch schnell aufwachen und fit sein. Denn oft drohte Gefahr und wer überleben wollte, musste schnell handeln – also auch schnell fit sein.

Das geht mit Adrenalin im Blut besonders gut. „Die innere Uhr ist ein evolutionärer Schutzmechanismus des Körpers. So entspannt, ruhig und behütet, wie wir heute schlafen, ist das in der Entwicklungsgeschichte des Menschen lange nicht gewesen“, gibt Feld zu bedenken.

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Was hilft, wenn man regelmäßig aufwacht, bevor der Wecker klingelt?

Hier kommt die gute Nachricht vom Schlafmediziner. „Man kann die innere Uhr in einem gewissen Maße beeinflussen“, so Feld. Wer vor dem Klingeln des Weckers wach wird und noch mindestens eine Stunde oder mehr schlafen möchte und kann, der sollte versuchen, mithilfe dieser einfachen Tricks nachts oder am frühen Morgen wieder einzuschlafen:

  • Entspannt eure Muskeln und Muskelgruppen, spannt sie mehrfach stark an und dann lasst los, so werdet ihr wieder müde

  • Wer länger als eine Viertelstunde wachliegt, sollte kurz aufstehen und dann auf den nächsten toten Punkt warten

  • Wer noch besonders lange Zeit hat, bevor er aufstehen muss, dem empfiehlt der Mediziner die Nutzung von frei verkäuflichem Melatonin, zum Beispiel als Mundspray (zwei Hübe).

Mediziner: Diese Tipps helfen schon vor dem Schlafengehen

Außerdem sollte man schon vor dem Zubettgehen einiges beachten, um wirklich dauerhaft zur Ruhe zu kommen.

Nämlich: „Das Schlafzimmer sollte immer leise und kühl sein. Wir sollten am Tag an die frische Luft gehen, uns nach Möglichkeit auspowern und durch Aktivitäten Schlafdruck aufbauen. Wichtig ist aber, nicht zu spät zu intensiven Sport auszuüben, das wäre für den Schlaf kontraproduktiv“, so Feld. Auch zu spannende Filme oder Streit mit dem Partner könnten unseren Schlaf beeinflussen. „Wenn es möglich ist, alles auf den Nachmittag verschieben“, rät der Arzt.

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Dauerhaft gegen den eigenen Schlafrhythmus zu arbeiten, kann krank machen

Wer zum Beispiel aufgrund von Schichtdienst jedoch komplett gegen den eigenen Schlafrhythmus arbeitet und kein Nacht-Typ ist, kann auch krank werden – muss es aber nicht.

Hier sollten Betroffene laut dem Mediziner genau auf ihren Körper achten und bei häufig auftretenden Magen-Darm-Erkrankungen (zum Beispiel häufige Magenschleimhautentzündungen und Reizdarm-Syndrom-Symptome) sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychischen Krankheiten einen Arzt aufsuchen.

„Nicht jeder, der beispielsweise im Schichtdienst arbeitet, wird auch krank. Das ist Typsache. Es kommt nur darauf an, sich selbst engmaschiger zu beobachten und Vorsorge zu treffen“, so der Arzt. Manchmal sei auch die Zeitumstellung noch ein möglicher Grund für vermehrtes Aufwachen, bevor der Wecker klingelt. „Ein gewisser Teil der Bevölkerung bemerkt erst später die Nachwehen der Zeitumstellung. Es ist zwar nur eine Stunde, aber bei manchen dauert es länger – bis sie wieder zu ihrem Rhythmus finden.

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