Verrostete Tradition nach der Hochzeit: Den Namen der Frau annehmen? Niemals!

Frauen müssen, wenn sie heiraten, schon lange nicht mehr den Nachnamen ihres Mannes annehmen. Es ist alles möglich: Ein Doppelname, die Frau behält ihren Namen. Oder der Mann übernimmt den Namen der Frau. Mit letzterer Option tun sich Männer allerdings weiterhin sehr schwer. Nur wenige können sich vorstellen, den Namen der Frau zu tragen. Und wenn sie es tun, müssen - oder wollen - sie sich dafür rechtfertigen. Müssen sie befürchten, als Weicheier abgestempelt werden? Oder was steckt dahinter?
Von Christiane Mitatselis
Hier ein kleiner Test: Wer kennt einen Mann, der nach der Heirat den Namen der Frau angenommen hat? Mir ist ein Einziger bekannt. Es handelt sich immer noch um eine sehr seltene Spezies. Nur ungefähr fünf Prozent der Männer tragen – diversen Statistiken zufolge – hierzulande nach der Eheschließung den Nachnamen der Frau. Und das, obwohl dies in der BRD bereits 1991 möglich ist. In der ehemaligen DDR sogar seit 1966.
Und wenn Männer bereit sind, diesen Schritt zu gehen, dann haben sie dafür in der Regel triftige Gründe. Zum Beispiel möchten sie einen Allerweltnamen wie Schmidt oder Müller loswerden. Oder ihr alter Name klingt nicht gerade gut (Puff, Fick, Schweißfuß). Oder die Gattin bringt einen besonders wohl klingenden, vielleicht sogar adeligen Namen mit. Man kann sich dazu auch in der 'Huffington Post' den Beitrag eines Mannes aus New York durchlesen, der lang und breit erklärt, warum er seinen Namen mit der Hochzeit abgelegt hat.
Es sind auf der anderen Seite immer noch circa 75 Prozent der Frauen, die nach Hochzeit in althergebrachter Art wie der Mann heißen. Nur ungefähr 20 Prozent behalten ihren eigenen Namen. Denn es ist ja auch möglich, keine Namenänderung vorzunehmen. Oder einen Doppelnamen zu wählen. Man muss sich dann auf einen Namen für möglichen Nachwuchs einigen, der kein Doppelname sein darf.
Unter Männern ist die Namensänderung peinlich
Das heißt: Eine Namensänderung bei Frauen ist nach wie vor eine gängige Angelegenheit. Wenn sich Frau Schmitz von einem Tag auf den anderen am Telefon mit Kunz meldet, wird sie gern gefragt, ob man zur Hochzeit gratulieren dürfe. Aber wie ergeht es einem Mann, der plötzlich nicht mehr Meier sondern Köhler heißt? Wahrscheinlich wird er von vielen Geschlechtsgenossen, zumindest hinten herum, als Weichei verlacht; als Pantoffelheld, der sich nicht in Mannesart habe durchsetzen können. Das jedenfalls erzählt der mir bekannte Herr, der diesen Schritt gewagt hat. Auch seine Eltern waren entsetzt. Und er bewegt sich in Kreisen, die sich als liberal und tolerant bezeichnen würden.
Man sieht wieder einmal: Traditionen und Vorurteile sind langlebig und zäh. Seit 1991 sind knapp 26 Jahre vergangenen. Die Regel, dass die Frau den Namen des Gatten trägt, ist aber Jahrhunderte alt. Es wird dauern, bis Männer, die wie ihre Frauen heißen wollen, nicht mehr belächelt werden. Männer, die ihren Namen ablegen wollen, brauchen bis dahin Selbstbewusstsein und eine dicke Haut.
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