Ein Fischer, der "der Nackte" genannt wird, rückt ins Visier der Polizei

Suche nach Vermissten im Amazonas: An Bäume gefesselte Leichen gefunden?

Images of British journalist Dom Phillips, left, and Indigenous affairs expert Bruno Araujo Pereira are seen on a sign presented by employees of the National Indigenous Foundation, FUNAI, during a vigil in Brasilia, Brazil, Thursday, June 9, 2022. Federal Police and military forces are carrying out a search and investigation into the disappearance of Phillips and Araujo Pereira. (AP Photo/Eraldo Peres)
Der britische Journalist Dom Phillips (links) und der brasilianische Indigenen-Experte Bruno Araujo Pereira (rechts) werden im Amaazonas vermisst.
EP, AP, Eraldo Peres

Selbst Fußball-Legende Pelé ist besorgt und hat sich in die Suche eingeschaltet: Was ist mit Dom Phillips und Bruno Araújo Pereira passiert? Der britische Journalist und der brasilianische Indigenen-Experte brachen zusammen zu einer Tour ins tiefste Amazonas-Gebiet auf. Am 5. Juni hätten die beiden Männer eigentlich an ihrem Zielort in Atalaia do Norte im äußersten Westen Brasiliens ankommen sollen. Alessandra Sampaio, die Ehefrau des Briten, berichtete nun, dass zwei Leichen gefunden worden seien. Laut der Zeitung „The Guardian“, für die Phillips arbeitete, soll die Familie des Vermissten sogar weitere grauenhafte Details erfahren haben.

12.06.2022, Brasilien, Amazonas: Auf diesem von der brasilianischen Polizei zur Verfügung gestellten Bild ist der Einsatz nach dem Verschwinden eines brasilianischen Indigenen-Experten und eines britischen Journalisten am Itaquaí-Fluss tief im Amazonasgebiet zu sehen. Eine Woche nach ihrem Verschwinden sind persönliche Gegenstände der beiden gefunden worden. Foto: ---/Policia Federal Brasil/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Die Einsatzkräfte der Polizei haben persönliche Gegenstände der beiden vermissten im Urwald gefunden.
flm, dpa, ---

Brasilianischer Präsident bestätigt: Menschliche Organe im Fluss gefunden

Die Berichte zum möglichen Leichenfund widersprechen sich. Die brasilianische Botschaft in London soll Phillips Familie mitgeteilt haben, dass zwei an Bäumen gebundene Leichen in dem Amazonas-Gebiet, wo die Männer verschwanden, gefunden worden seien. Die Polizei dementierte den Bericht aber kurze Zeit später.

Doch auch der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro bestätigte, dass bei der Suche nach den Vermissten menschliche Überreste entdeckt wurden. „Es wurden menschliche Organe gefunden, die im Fluss trieben“, so Bolsonaro. Das muss aber nóch untersucht werden. Er erklärte, dass es Hinweise darauf gebe, dass dem Journalisten und dem Indigenen-Experten „etwas Schlimmes“ angetan worden sei. Die Suche nach ihnen laufe aber weiter.

Die Einsatzkräfte stießen im Dschungel außerdem auf persönliche Gegenstände der beiden Vermissten, darunter die Krankenversicherungskarte von Pereira und einen Rucksack mit Phillips Kleidung. Die Gegenstände wurden angeblich in der Nähe des Hauses eines örtlichen Fischer gefunden, den alle nur „den Nackten“ nennen, wie das Nachrichtenportal „G1“ berichtet. Doch der bestreitet, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Seine Familie sagte „G1“ sogar, dass der Fischer von der Polizei gefoltert worden sei.

A fisherman navigates his boat on the Itaquai river, Javari Valley Indigenous territory, Atalaia do Norte, Amazonas state, Brazil, Thursday, June 9, 2022. Brazilian authorities are searching for missing journalist Dom Phillips and Indigenous official Bruno Pereira who were last seen on Sunday morning in the Javari Valley, Brazil's second-largest Indigenous territory which sits in an isolated area bordering Peru and Colombia. (AP Photo/Edmar Barros)
Rund 250 Einsatzkräfte suchen nach den beiden Vermissten im schwer zugänglichen Amazonasgebiet.
EB SI, AP, Edmar Barros

Pereira wurde kurz vor seinem Verschwinden offenbar bedroht

Phillips und Pereira brachen gemeinsam ins Vale do Javari auf. Die Region ist mit einer Fläche größer als Österreich eins der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Durch illegale Goldsucher, Holzfäller und Drogenschmuggler kommt es dort immer wieder zu Konflikten. Zeugen hatten die beiden Männer zuletzt am 5. Juni gesehen. „Nur zwei Leute in einem Boot, in einer Region wie dieser, völlig wild“, kommentierte der brasilianische Präsident den Vorfall. „Das ist ein Abenteuer, das nicht zu empfehlen ist.“ Es könne alles passieren. „Es kann ein Unfall sein, es kann sein, dass sie hingerichtet wurden“, vermutet er.

Pereira hatte der Polizei offenbar kurz vor seinem Verschwinden gemeldet, mehrmals von Fischern bedroht worden zu sein. Brasilianische Medien spekulieren, dass die Männer in einer Hinterhalt einer Bande geraten sein könnten, die in dem Gebiet illegale Geschäfte betreibt.

Die Polizei sucht inzwischen mit 250 Einsatzkräften nach dem Journalisten und dem Indigenen-Experten. Spezialtaucher, Hubschrauber und Boote durchkämmen das schwer zugängliche Gebiet. Indigene, Familienangehörige, Freunde und Kollegen äußerten sich besorgt, dass die Suche schleppend angelaufen und nicht ausreichend sei. Denn je mehr Zeit vergeht, desto geringer scheinen die Chancen zu stehen, Pereira und Phillips noch lebend zu finden.

Blutspuren in Boot gefunden
In dem Boot eines ortlichen Fischers hat die Polizei Blutspuren gefunden.
APTN LA
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Brasilianische Polizei nimmt einen verdächtigen Fischer fest

In Atalaia do Norte sprachen die Ermittler mit mehreren Fischern und nahmen schließlich einen Mann fest. Amarildo C., der von den Leuten im Ort nur „Pelado“ (der Nackte) genannt wird, soll einer der letzten Personen sein, die die Vermissten gesehen haben. Danach verliert sich die Spur von Phillips und Pereira in der Wildnis des Amazonas-Regenwaldes.

C. wird der unerlaubte Besitz von Munition vorgeworfen. Er steht auch unter Verdacht, illegalen Fischfang zu betreiben. Und als die Polizei das Boot, des „Nackten“ genauer unter die Lupe nahm, stieß sie auf verdächtige Blutspritzer. Eine Laboranalyse muss nun klären, ob das Blut auf dem Boot von einem Menschen oder von einem Tier stammt. Der Anwalt des Verdächtigen bestritt in einem Interview mit Reuters, dass sein Mandant etwas mit dem Verschwinden der beiden Männer zu tun habe. Er würde außerdem nur legale Fischerei betreiben.

People take part in a vigil outside the Brazilian Embassy for Dom Phillips and Bruno Araujo Pereira, a British journalist and an Indigenous affairs official who are missing in the Amazon, in London, Thursday, June 9, 2022. Brazilian authorities began using helicopters Wednesday to search a remote area of the Amazon rainforest for a British journalist and Indigenous official missing more than three days. (Victoria Jones/PA via AP)
Vor der brasilianischen Botschaft in London fand eine Mahnwache für die beiden vermissten Männer statt.
AP, Victoria Jones

Brasilien: Phillips und Pereira brachen gut vorbereitet zu ihrer Tour auf

Der 57 Jahre alte Phillips lebt seit 15 Jahren in Brasilien und hat unter anderem für die britische Zeitung „The Guardian“ gearbeitet. Mit Pereira (41), der für die Indigenen-Behörde in der Region tätig war, reiste er zuvor bereits im schwer zugänglichen Vale do Javari. Zuletzt recherchierte er für ein Buch über den Schutz des Amazonasgebiets. Die Männer sollen sehr erfahren sein und ihre Tour gut vorbereitet haben. Medienberichten zufolge brachen sie mit einem neuen Boot und einem großen Vorrat an Sprit auf. (jgr)