Ein Fischer, der "der Nackte" genannt wird, rückt ins Visier der Polizei
Suche nach Vermissten im Amazonas: An Bäume gefesselte Leichen gefunden?

Selbst Fußball-Legende Pelé ist besorgt und hat sich in die Suche eingeschaltet: Was ist mit Dom Phillips und Bruno Araújo Pereira passiert? Der britische Journalist und der brasilianische Indigenen-Experte brachen zusammen zu einer Tour ins tiefste Amazonas-Gebiet auf. Am 5. Juni hätten die beiden Männer eigentlich an ihrem Zielort in Atalaia do Norte im äußersten Westen Brasiliens ankommen sollen. Alessandra Sampaio, die Ehefrau des Briten, berichtete nun, dass zwei Leichen gefunden worden seien. Laut der Zeitung „The Guardian“, für die Phillips arbeitete, soll die Familie des Vermissten sogar weitere grauenhafte Details erfahren haben.

Brasilianischer Präsident bestätigt: Menschliche Organe im Fluss gefunden
Die Berichte zum möglichen Leichenfund widersprechen sich. Die brasilianische Botschaft in London soll Phillips Familie mitgeteilt haben, dass zwei an Bäumen gebundene Leichen in dem Amazonas-Gebiet, wo die Männer verschwanden, gefunden worden seien. Die Polizei dementierte den Bericht aber kurze Zeit später.
Doch auch der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro bestätigte, dass bei der Suche nach den Vermissten menschliche Überreste entdeckt wurden. „Es wurden menschliche Organe gefunden, die im Fluss trieben“, so Bolsonaro. Das muss aber nóch untersucht werden. Er erklärte, dass es Hinweise darauf gebe, dass dem Journalisten und dem Indigenen-Experten „etwas Schlimmes“ angetan worden sei. Die Suche nach ihnen laufe aber weiter.
Die Einsatzkräfte stießen im Dschungel außerdem auf persönliche Gegenstände der beiden Vermissten, darunter die Krankenversicherungskarte von Pereira und einen Rucksack mit Phillips Kleidung. Die Gegenstände wurden angeblich in der Nähe des Hauses eines örtlichen Fischer gefunden, den alle nur „den Nackten“ nennen, wie das Nachrichtenportal „G1“ berichtet. Doch der bestreitet, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Seine Familie sagte „G1“ sogar, dass der Fischer von der Polizei gefoltert worden sei.

Pereira wurde kurz vor seinem Verschwinden offenbar bedroht
Phillips und Pereira brachen gemeinsam ins Vale do Javari auf. Die Region ist mit einer Fläche größer als Österreich eins der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Durch illegale Goldsucher, Holzfäller und Drogenschmuggler kommt es dort immer wieder zu Konflikten. Zeugen hatten die beiden Männer zuletzt am 5. Juni gesehen. „Nur zwei Leute in einem Boot, in einer Region wie dieser, völlig wild“, kommentierte der brasilianische Präsident den Vorfall. „Das ist ein Abenteuer, das nicht zu empfehlen ist.“ Es könne alles passieren. „Es kann ein Unfall sein, es kann sein, dass sie hingerichtet wurden“, vermutet er.
Pereira hatte der Polizei offenbar kurz vor seinem Verschwinden gemeldet, mehrmals von Fischern bedroht worden zu sein. Brasilianische Medien spekulieren, dass die Männer in einer Hinterhalt einer Bande geraten sein könnten, die in dem Gebiet illegale Geschäfte betreibt.
Die Polizei sucht inzwischen mit 250 Einsatzkräften nach dem Journalisten und dem Indigenen-Experten. Spezialtaucher, Hubschrauber und Boote durchkämmen das schwer zugängliche Gebiet. Indigene, Familienangehörige, Freunde und Kollegen äußerten sich besorgt, dass die Suche schleppend angelaufen und nicht ausreichend sei. Denn je mehr Zeit vergeht, desto geringer scheinen die Chancen zu stehen, Pereira und Phillips noch lebend zu finden.

Brasilianische Polizei nimmt einen verdächtigen Fischer fest
In Atalaia do Norte sprachen die Ermittler mit mehreren Fischern und nahmen schließlich einen Mann fest. Amarildo C., der von den Leuten im Ort nur „Pelado“ (der Nackte) genannt wird, soll einer der letzten Personen sein, die die Vermissten gesehen haben. Danach verliert sich die Spur von Phillips und Pereira in der Wildnis des Amazonas-Regenwaldes.
C. wird der unerlaubte Besitz von Munition vorgeworfen. Er steht auch unter Verdacht, illegalen Fischfang zu betreiben. Und als die Polizei das Boot, des „Nackten“ genauer unter die Lupe nahm, stieß sie auf verdächtige Blutspritzer. Eine Laboranalyse muss nun klären, ob das Blut auf dem Boot von einem Menschen oder von einem Tier stammt. Der Anwalt des Verdächtigen bestritt in einem Interview mit Reuters, dass sein Mandant etwas mit dem Verschwinden der beiden Männer zu tun habe. Er würde außerdem nur legale Fischerei betreiben.

Brasilien: Phillips und Pereira brachen gut vorbereitet zu ihrer Tour auf
Der 57 Jahre alte Phillips lebt seit 15 Jahren in Brasilien und hat unter anderem für die britische Zeitung „The Guardian“ gearbeitet. Mit Pereira (41), der für die Indigenen-Behörde in der Region tätig war, reiste er zuvor bereits im schwer zugänglichen Vale do Javari. Zuletzt recherchierte er für ein Buch über den Schutz des Amazonasgebiets. Die Männer sollen sehr erfahren sein und ihre Tour gut vorbereitet haben. Medienberichten zufolge brachen sie mit einem neuen Boot und einem großen Vorrat an Sprit auf. (jgr)