Kicken ja, aber bitte ohne Kopf!

Riskantes Rasenmanöver! Ärzte fordern Kopfballverbot für Kinder

29.09.2017, F-Schüler-Fussball in Bad Wörishofen (Bayern), F-Junioren Fussballtraining im Stadion Bad Wörishofen. Der kleine Lars-Andreas Schüßler macht ein Einzeltraining. Lars ist zudem noch FCA-Nachwuchs-Talentspieler. (Modelreleased) Kopfball. PUBLICATIONxNOTxINxSUI
Hamburger Fachärzte fordern ein Kopfballverbot für junge Nachwuchsfußballer.
imago sportfotodienst, imago/MIS, Bernd Feil/M.i.S.

Wer schon einmal Fußball gespielt hat, weiß, dass so ein Ball gegen den Kopf unter anderem richtig weh tun kann. Bei den jungen Nachwuchskickern gehören Kopfbälle zum ganz normalen Training. Doch genau das sehen Hamburger Fachärzte sehr kritisch und fordern deswegen ein Kopfballverbot für junge Fußballer unter 12 Jahren.

Hamburger Ärzte fordern den DFB zu einem Kopfballverbot auf

Die Hamburger Asklepios Klinik Nord sieht gesundheitliche Risiken bei Kopfbällen und fordert deswegen ein Verbot in Deutschland. In anderen europäischen Länder ist das schon längst beschlossene Sache: In England, Schottland und Nordirland besteht seit Anfang 2020 ein Verbot von Kopfbällen im Training von Kindern unter zwölf Jahren. Und auch in den USA sind Kopfbälle für Kicker unter zehn Jahren verboten.

Während der DFB ein vorsichtiges und altersgerechtes Training für angemessen sieht, kritisierten die Mediziner die Haltung des Deutschen Fußball-Bundes und fordern ein Verbot: „Die Belastung beim Kopfball sind enorm. Profifußballer spielen ihn mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Stundenkilometern. Dabei wirken große Kräfte, die einem Vielfachen der Erdbeschleunigung entsprechen. Gerade bei Kindern unter einer bestimmten Altersgrenze können die Schäden, die durch das wiederholte Spielen von Kopfbällen verursacht werden können, auf der langfristigen Zeitachse nicht abgeschätzt werden“, erklärt Angela Obermaier, Sprecherin der Asklepios Klinik Nord in Hamburg, im Gespräch mit RTL.

Deutscher Fußballbund empfiehlt bei jüngeren Kickern leichte Bälle

Der Teamarzt der Deutschen Nationalmannschaft und Leiter der medizinischen Kommission des DFB, Tim Meyer, warnt vor unüberlegten Verboten: „So ein Kopfball zieht in der Regel kein greifbares medizinisches Krankheitsbild nach sich.“ Gehirnerschütterungen könnten zwar vereinzelt bei Kopfbällen auftreten. „Meistens ist es nicht der Ball, der diese Gehirnerschütterung auslöst, sondern der Kontakt mit dem Kopf des Gegners, der Schulter, der Pfosten oder dem Boden“, sagt Meyer.

Das sieht die Hamburger Asklepios Klinik Nord jedoch anders: „Wenn Kopfbälle zu früh zu hart gespielt werden - und die Grenzen sind hier fließend - kann es zu vielen eher kleinen ebensolchen Gehirnerschütterungen kommen, die zwar für sich genommen nicht so stark sind wie ein Sturz von einer Schaukel, in der Summe aber im Zweifel größeren Schaden anrichten können, als eine einmalige schwerere Gehirnerschütterung“, so Angela Obermaier.

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Schottische Studie: Fußballer haben erhöhtes Demenz-Risiko

Der DFB empfiehlt bei den jüngeren Kickern leichte Schaumstoffbälle einzusetzen. Kleine Spielfelder und Mini-Tore sollen außerdem dazu beitragen, dass die Bälle flach gespielt werden. Die Mediziner - darunter Neurologen, Hals-Nasen-Ohren-Spezialisten und Kinderchirurgen – kritisieren die Positions des DFBs: „Sich auf Kommissar Zufall zu verlassen in dem Sinne, dass sich das Problem durch veränderte Spielformen im Kleinfeld praktisch von selbst erledigt, halten wir nicht für einen ausreichenden Schutz zur langfristigen Gesunderhaltung unserer Kinder“, erklärt der Chefarzt der Kinderklinik am Asklepios Nord, Markus Kemper.

Eine schottische Studie findet 2019 bei Fußballern ein erhöhtes Risiko, an Demenz oder Alzheimer zu sterben. Eine Antwort auf die Frage, ob Kopfbälle schwere Gehirnerkrankungen auslösen könnten, gibt es allerdings nicht. Ob Kopfbälle bei den jungen Fußballern nun verboten werden – das wird sich in Zukunft auf dem Rasenplatz zeigen. (dpa/anr)