Wussten Sie das über St. Paulis Amüsierstraße?

Reeperbahn: Warum die sündigste Meile der Welt früher gar nichts mit Sünde zu tun hatte

Weltberühmter Rotlicht-Boulevard mit bemerkenswerter Geschichte
Die Hamburger Reeperbahn gilt vor allem als Amüsierstraße.
Francesco Ronge, rtl.de, Pixabay

von Suzan Üner, Carolin Blatzheim und Franziska Starck

Beim Namen Reeperbahn denkt wohl jeder sofort an Sex and Drugs and Rock´n´ Roll auf St. Paulis sündiger Meile. Doch der Ursprung des Namens hat eine ganz andere, völlig unverdorbene Bedeutung.

Seiler Tom Lippmann hält alle Fäden zusammen

Hier werden 20cm dicke Seile produziert
Die Seilproduktion in einer Reeperbahn. Hier werden 20cm dicke Seile produziert.
RTL Nord, rtl.de

Egal ob Angelschnüre, Seile für Kinderspielplätze oder Schiffstakelage: Tom Littmann hat sie alle im Sortiment. Er ist Profi in Sachen Tauwerk und folgt damit einer 170 Jahre alten Familientradition: In sechster Generation wird der 25-Jährige das Familienunternehmen übernehmen, eine der letzten Seilmacherwerkstätten in Hamburg: „Der Job des Seilemachers ist bis heute sehr wichtig, weil Seile überall eingesetzt werden“, erzählt Tom im Gespräch mit RTL. „Die meisten Leute denken dabei immer nur an Schifffahrt, aber das ist bei uns nicht mehr so der Fall. Spielplatzseile und Seile für die Forstwirtschaft, das ist der größte Bereich.“ Aber was hat das jetzt mit der Reeperbahn zu tun?

Knochenjob Reepschläger

Besonders für die Schifffahrt wurden die Taue zur Zeit von Tom Littmanns Vorfahren vor allem auf der heutigen Reeperbahn produziert. Mit Maschinen konnte man sich damals nicht behelfen, die Seile wurden alle handgefertigt.

Reepschläger und Seilermacher hießen die Handwerker, von denen sich ab 1630 immer mehr rund um den Hafen ansiedelten. Auf ihren Reeperbahnen stellten sie bis zu 300 Meter langes Tauwerk her, darunter schwere Leinen wie Ankertaue, Lotleinen und Takelage. Ein Knochenjob, bei dem das Ausgangsmaterial Faserhanf in langen Bahnen gelegt, gedreht und anschließend geteert werden musste.

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Nur der Name Reeperbahn erinnert noch an das alte Handwerk.
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Für diese langen Seilbahnen benötigten die Reepschläger viel Platz, der rund um den Hafen immer knapper wurde. Im Jahr 1830 wurde deshalb die heutige Reeperbahn angelegt- eine schnurgerade Allee von 300 Metern Länge, die sich damals noch vor den Toren der Stadt befand.

Altonaer Allee wurde diese Straße genannt und lag bis 1860/61 genau zwischen den beiden Städten Hamburg mit der Stadtgrenze Millerntor und Altona mit der Stadtgrenze Nobistor. Erst später erhielt die Reeperbahn dann ihren offiziellen Straßennamen.

In Hamburg Hausbruch steht eine der letzten Reeperbahnen Deutschlands

Hier steht eine der letzten Reeperbahnen Deutschlands
Die Seilproduktion in Hamburg-Hausbruch.
RTL Nord, rtl.de

Rund um den Hamburger Berg entstand neben den Gewerken der Seilmacher auch das Amüsierviertel St. Pauli. Mit Beginn der Industriealisierung und zunehmendem Einsatz von Maschinen, wurden die Reepschläger rarer und das Geschäft mit Sex und Vergnügen größer. An die Seile, die hier auslagen, erinnern nur noch Straßennamen wie die Reeperbahn oder die Seilerstraße.

Im Betrieb von Tom Littmann allerdings laufen die Seile noch immer über die Reeperbahn, allerdings steht die im Hamburger Stadtteil Hausbruch.