„Du sollst brennen“

Papenburg: Junge Bürgermeisterkandidatin erhält krasse Morddrohungen

Bürgermeisterkandidatin Vanessa Papenburg
Immer wieder bekommt Bürgermeisterkandidatin Vanessa Gattung Droh-Briefe.
RTL Nord

Hass und Hetze - Vanessa Gattung hat sie den vergangenen Monaten immer wieder erlebt. Es gipfelte sogar in Morddrohungen. Die 32-Jährige ist Bürgermeisterkandidatin der SPD in Papenburg und tritt bei der Kommunalwahl im September an. Woher der Hass kommt, kann sie nur vermuten.

"Ich wusste gar nicht, wohin mit mir"

„Du sollst brennen“ oder „Ich wünsche Dir einen grausamen Tod“. Solche Worte erreichten Vanessa Gattung. In Briefen, aber auch in sozialen Medien wird sie angegriffen. Die Hassnachrichten beginnen, als die 32-Jährige im vergangenen September ihre Kandidatur für das Amt der Bürgermeisterin in Papenburg bekannt gibt. „Da hatte ich dann Abends bereits die erste Nachricht in meinem Facebook-Postfach“, erzählt sie im Interview mit RTL Nord. „Das habe ich noch gut zur Seite schieben können“. Kurz vor Weihnachten erhält sie dann den ersten handschriftlich geschriebenen Brief. „Das ist schon eine ganz andere Nummer. Ich wusste erstmal gar nicht wohin mit mir. Das muss man auch erstmal verdauen, wenn man so was schwarz auf weiß liest“, erinnert sie sich.

Vor allem rechte Parolen

Den Brief bringt die 32-Jährige sofort zur Polizei in Papenburg, die ihn an den Staatsschutz weiterleitet. Im März erhält sie einen zweiten Brief, im Juli kommt der dritte. „Einmal wurde ich als Frau beleidigt. Ansonsten sind es rechte Parolen, die man so kennt und die mir dann tatsächlich leider den Tod wünschen“, erzählt Vanessa Gattung. Alle Briefe seien in ähnlichem Stil geschrieben. Sie geht deswegen davon aus, dass sie von der gleichen Person stammen.

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Warum ausgerechnet sie?

Immer wieder stellt sich für die junge Frau vor allem eine Frage: Warum ich? „Ich habe keine Erklärung dafür. Ich habe keine speziellen Themen bearbeitet, die rechte Leute triggern könnte.“ Als junge Frau wolle sie aber etwas verändern und für Gleichstellung stehen. „Ich könnte mir vorstellen, dass das vielleicht ein Dorn dem einen oder anderen im Auge sein könnte."

Mit ihren Erlebnisse geht sie an die Öffentlichkeit. Von den Bürgern in Papenburg habe sie viel Unterstützung bekommen, erzählt sie. Auch von anderen Politikern habe sie Zuschriften bekommen, in denen die von ähnlichen Erlebnissen berichteten.

Jeder zweite Bürgermeister schon bedroht

Denn die 32-Jährige ist längt nicht die Einzige, die mit Hass und Hetze zu kämpfen hat. Laut einer Forsa-Studie wurden mehr als die Hälfte aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland aufgrund ihrer Tätigkeit schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen. Ende 2019 zog der damalige Bürgermeister von Estorf, Arnd Focke, Konsequenzen: Er trat zurück, nachdem Unbekannte sein Auto mit Hakenkreuzen beschmieren und ihn bedrohten.

"Wir müssen zusammenstehen"

Mitbewerber Pascal Albers (CDU)
Auch Mitbewerber Pascal Albers (CDU) hat Hass und Hetze schon erlebt.
RTL Nord

Auch Pascal Albers, der bei der Kommunalwahl als Gegenkandidat von Vanessa Gattung für die CDU antritt, hat schon Beleidigungen erlebt – wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie seine Konkurrentin. „Das, was meiner Mitbewerberin von der SPD passiert ist, das geht gar nicht“, sagt er im Interview mit RTL Nord. „Wir müssen zusammenstehen und mit Blick auf die demokratische Kultur auch den Sachfokus in den Vordergrund rücken."

Die Bürgermeisterkandidatin zieht Konsequenzen

Ihren Wahlkampf zieht Vanessa Gattung trotz aller Widerstände weiter durch. „Für mich war eigentlich ganz schnell klar: Wenn ich es nicht mache, dann überlasse ich meinen Platz einer anderen Person, die womöglich auch rechtsextremistisch ist. Und das will ich auf keinen Fall zulassen“, erklärt sie. „Ich denke, es braucht unbedingt junge Menschen in der Politik.“ Angst habe sie nicht. Trotzdem hat die Bürgermeisterkandidatin Konsequenzen gezogen: Am Anfang begleitete sie auf Informationsveranstaltungen der Staatsschutz, heute ist sie bei öffentlichen Terminen zumindest immer im Team unterwegs.

In diesem Jahr habe sich in Bezug auf Hass gegen Politiker schon viel getan, sagt die 32-Jährige. Unter anderem habe das im April eröffnete Portal „Stark im Amt“ geholfen, auf das Thema aufmerksam zu machen. Jetzt sei es wichtig, auch rechtliche Schritte gegen die Verfasser von Hassbotschaften auszubauen, „damit man den Täter oder die Täterin dementsprechend rechtlich belangen kann.“ (lzi)