Zuvor war gefordert worden, Sexualstraftäter zu erhängenPakistan: Chemische Kastration für Vergewaltiger - wie funktioniert das?

FILE PHOTO: People carry signs against a gang rape that occurred along a highway and to condemn violence against women and girls, during a protest in Karachi, Pakistan September 12, 2020. REUTERS/Akhtar Soomro/File Photo
Frauen protestieren im pakistanischen Karachi nach der Vergewaltigung einer Frau an einer Schnellstraße (Foto von September 2020).
AS, REUTERS, AKHTAR SOOMRO

Im September wurde in Pakistan eine Frau nach einer Panne an einer Schnellstraße von Männern vergewaltigt, der Polizeichef gab ihr daraufhin eine Mitschuld. Im November vergingen sich zwei Männer an einer Mutter und ihrer vierjährigen Tochter und folterten die beiden, das Mädchen musste im Krankenhaus behandelt werden. Es sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass das Land gravierende Probleme mit Vergewaltigungen hat. Die Regierung will jetzt durchgreifen und Straftäter chemisch kastrieren.

Warum Vergewaltiger doch nicht gehängt werden

Ursprünglich sei diskutiert worden, Vergewaltiger öffentlich zu hängen, berichtet das Portal „ndtv“. Premerminister Imran Khan habe sich aber anders entschieden, da dies in großen Teilen der Welt verurteilt würde und die Handelsbeziehungen mit Europa beeinträchtigen könnte.

Stattdessen wurde ein Gesetz verabschiedet, bei dem ein Drei-Stufen-Modell zum Einsatz kommen soll. „So wie es Mord ersten Grades, zweiten Grades und Mordes dritten Grades gibt, sollte diese [Vergewaltigung] auf die gleiche Weise eingestuft werden, und wenn es eine [Vergewaltigung] ersten Grades ist, werden Vergewaltiger kastriert“, so Khan. Lokale Medien berichten, dass der Gesetzesentwurf auch die Stärkung der Rolle der Frauen bei der Polizeiarbeit, die beschleunigte Verfolgung von Vergewaltigungsfällen und den Zeugenschutz vorsieht, wobei Premierminister Imran Khan sagte, dass keine Verzögerung geduldet werde. "Wir müssen ein sicheres Umfeld für unsere Bürger gewährleisten", sagte Khan.

Wie funktioniert eine chemische Kastration?

Dass Sexualstraftäter chemisch kastriert werden, ist nicht neu und kommt auch in der Schweiz in seltenen Fällen zum Einsatz. Dabei nimmt der Mann ein Mittel, das die Produktion von Sexualhormonen unterdrückt oder deren Wirkung senkt. Was dabei passiert, erklärte die Leiterin des unabhängigen Forensischen Instituts Ostschweiz (Forio) der Zeitung „Blick“ so: „Die Medikation wirkt nicht auf die Präferenz selber, nicht auf die Fantasie, sondern nur auf den Sexualtrieb. Also bildlich gesprochen: Die Kastration wirkt nicht zwischen den Ohren, sondern zwischen den Beinen.“ Sie sehe den Einsatz aber kritisch: Ein Täter, der wegen der Medikamente kaum noch eine Erektion bekomme, geschweige denn diese halten oder einen Orgasmus bekommen könne, brauch immer stärkere Fantasien und auch Handlungen, um so weit zu kommen. Die Behandlung setze aber auch eine therapeutische Behandlung voraus.

Soziologe Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der ZHAW, sagte dem Blatt: „Es ist schlicht ein Irrglaube, dass hinter sexuellen Gewalttaten nur hormonelle Probleme stecken. Nein, dazu gehören 20, 30 Jahre voller Geschichten, die dazu geführt haben, dass diese Menschen auf Kinder stehen. Oder besonders aggressive Sexualpraktiken mögen. Es ist fast schon absurd zu meinen, das Problem sei allein physisch zu lösen.“