Mädchen (14) wird zur Ersatzmama

Liegt's an der Fellfarbe? Lämmchen von Mutter verstoßen

Marina hat Evi mit der Flasche aufgezogen.
Marina und Evi sind wie beste Freundinnen.
Privat
von Laura Hofmockel und Petra Schaffarzik

Achtung Verwechslungsgefahr! Wenn die 14-jährige Marina Seitz aus dem bayerischen Mittenwald mit ihrer Evi spazieren geht, staunen die Passanten nicht schlecht. „Ich dachte erst, es sei ein Hund“, sind die Reaktionen der Spaziergänger. Doch der niedliche Vierbeiner an Marinas Seite ist ein Lamm. Vom Mutterschaf verstoßen, wächst es seitdem bei seiner Ersatzmama auf.

Von der Mama verstoßen

Evi kommt nach ihrer Schwester Vevi zur Welt und wird von ihrer Mutter verstoßen.
Die Lamm-Zwillinge Evi und Vevi sind im November 2022 zur Welt gekommen, doch nur die weiße Vevi wird von der Schafsmama angenommen.
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Die flauschige Evi und ihre Zwillingsschwester Vevi sind knapp vier Monate jung, sie wurden im November letzten Jahres geboren. Doch während Vevi ein „normales“ weißes Lämmchen ist und vom Mutterschaf problemlos versorgt wurde, ist Evi mit ihrem Schwarz-Weiß-Look eher schaf-untypisch. Sylvia Seitz und ihre Tochter Marina vermuten, dass das der Grund ist, warum Evis Schafmama ihr Junges abgestoßen hat. „Das kommt schon mal vor. Oft ist es auch, wenn die Lämmer krank sind, wenn die Jungen irgendwas haben. Das merken die Muttertiere und dann lassen die die nicht mehr an sich ran“, erklärt Schafbesitzerin Sylvia.

Aber Evi ist kerngesund. Deshalb gibt die Familie das Lamm nicht auf. „Das ist bei uns üblich. Man versucht, wenn ein Lamm auf die Welt kommt und die Mutter es nicht annimmt, dass man es irgendwie durchbringt. Das klappt nicht immer, aber man versucht es erstmal“, erzählt Sylvia Seitz im RTL-Interview.

Ohne Marina hätte Evi kaum Überlebenschancen

Marina und Evi machen jeden Tag einen gemeinsamen Spaziergang.
Jeden Abend macht Marina einen Spaziergang mit ihrer Evi, ganz ohne Leine.
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Wird ein Lamm von der Mutter abgestoßen, hat es normalerweise wenig Überlebenschancen. Sylvia Seitz erklärt: „Die Tiere sind da ganz grausam. Wenn die das von Anfang an nicht annehmen, dann kommt das auch danach nicht mehr in Frage. In der freien Natur wäre Evi wahrscheinlich gestorben.“ Doch das kommt für die Seitzes nicht in Frage. Vater Michael steckte das Mutterschaf und die Zwillinge erst einmal in ein eigenes Gatter. Eine Zeit lang funktionierte das prima, die Mutter säugte beide Lämmer. Doch sobald Evi zurück in der Herde war, verstieß das Mutterschaf sie wieder.

Marina Seitz „adoptierte“ das Lämmchen und zieht es mit der Flasche auf. Anfangs gab’s dreimal am Tag das Fläschchen, zur Zeit noch zweimal. „Durch das, das sie mit der Flasche aufgezogen wurde, hat sie eine ganz andere Bindung zur Marina. Das sieht sie als ihre Bezugsperson. Also wenn die Marina in den Stall geht, dann kommt die Evi gleich her“, erzählt Sylvia gegenüber RTL. Marina selbst sagt: Es hat nur eine Woche gedauert, da war sie für Evi schon wie eine Ersatzmama. Das Lamm liebt die 14-Jährige und folgt ihr auf Schritt und Tritt. Und so geht das Zweier-Gespann jeden Abend eine Runde in angrenzenden Kurpark spazieren. „Sie gehen immer ohne Leine oder sonst was. Die Evi läuft ihr nach wie ein Hund.“ Da kommt es schon mal vor, dass Spaziergänger das Lämmchen für einen Hund halten.

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Marina war schon mal "Schaf-Mama"

Evi ist für Schülerin Marina tatsächlich nicht das erste Lamm. Denn die Schülerin hat vor einigen Jahren schon einmal ein Junges mit der Flasche aufgezogen, Lämmchen Vroni. Doch das Schaf hatte wenig Glück, erzählt Mama Sylvia im RTL-Interview: „Unsere Schafe waren damals im Karwendel oben, da gab es ein Schafunglück und da ist leider das Schaf mit abgestürzt. Es kam im Herbst nicht mehr nach Hause.“ Circa 200 Schafe haben das Unglück nicht überlebt, unter ihnen auch Vroni. Marina erinnert sich noch gut an die Situation. „Als ich erfahren habe, dass sie gar nicht mehr nach Hause kommt, das war schon sehr traurig“, sagt die Schülerin gegenüber RTL. Umso schöner ist es, dass Marina jetzt Evi hat.

Evi gehört jetzt zur Familie

Bis an ihr Lebensende hat Evi bei Familie Seitz ein Zuhause.
Evi gehört jetzt zur Familie Seitz - hier darf sie alt werden.
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Drei Monate haben die beiden noch miteinander, dann gehts auch für Evi, wie für den Rest der Herde auf die Alm. Von Ende Mai bis Mitte Oktober dauert der Almsommer im Karwendel – eine lange und nicht ganz ungefährliche Zeit für die Schafe. Das weiß auch Sylvia: „Wir hoffen natürlich, dass sie im Herbst wieder gesund zurückkommt, was man ja im Moment nicht so sagen kann. Weil sich bei uns auch Wölfe und Bären rumtreiben.“

Bis dahin hat Evi aber noch Zeit zu wachsen und bei der liebevollen Betreuung sollte der Aufstieg kein Problem für das junge Schäfchen sein. Vor allem weiß Marina aber: Evi ist kein ängstliches Schaf! „Die Evi hat einen gutmütigen und ruhigen Charakter. Sie macht eigentlich alles mit und ist auch zu jedem aufgeschlossen. Also wenn sie jemand Neues sieht, geht sie direkt hin und schaut. Sie ist kein Schaf, das sehr viel Angst hat“, erzählt sie im RTL-Interview. Auch Mama Sylvia ist guter Dinge: „Wenn ihr sonst nichts passiert, dann darf die Evi bei uns bleiben bis zum bitteren Ende.“ Eben wie ein richtiges Familienmitglied!