Krasse soziale UnterschiedeReiche Kinder bekommen in Deutschland drei Mal mehr Geld wie arme

Ein junge spielt Klavier
Musikunterricht ist für Kinder aus ärmeren Haushalten kaum zu bezahlen.
Kirsten Neumann, picture alliance

Ob Kitagebühren oder Sportschuhe, Schulranzen oder Frühstücksbrote: Laut der Erhebung "Konsumausgaben von Familien für Kinder" vom Statistischem Bundesamt sind die durchschnittlichen Ausgaben für ein Kind deutlich gestiegen. Die Zahlen belegen aber auch: Vermögende Eltern geben fast dreimal so viel Geld für ihre Kinder aus wie ärmere. Das zeigt sich besonders deutlich in den Ausgaben für Bildung und Gesundheit.

Krasse Unterschiede bei Ausgaben für Bildung und Gesundheit

Laut Statistischem Bundesamt sind die durchschnittlichen Konsumausgaben für ein Kind von 660 Euro (2013) auf 763 Euro (2018) pro Monat gestiegen. Die Ausgaben für Kinder bestehen unter anderem aus der materiellen Grundversorgung wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen. Hierauf entfiel rund die Hälfte der Ausgaben für Kinder. Auf Freizeit, Unterhaltung und Kultur entfielen rund 15 % der Ausgaben.

Auffällig in der Statistik: Während die ärmsten zehn Prozent der Familien im Schnitt 424 Euro für ein Kind ausgeben, geben die reichsten zehn Prozent der Familien im Schnitt 1212 Euro pro Kind aus. Das sind fast drei Mal so viel. So können arme Familien für Bildung im Schnitt nur 28 Euro im Monat für ihr Kinde aufwenden, in reichen Familien sind es 83 Euro im Monat. Ein Durchschnittshaushalt gibt 65 Euro im Monat für Bildung aus. Noch krasser sind die Unterschiede bei der Gesundheit: Ein Durchschnittshaushalt gibt dafür 39 Euro im Monat aus, ein armer Haushalt 11 Euro, ein reicher Haushalt 113 Euro.

Laut den Statistikern steht den ärmsten zehn Prozent der Familien mit einem Kind ein Haushaltsnettoeinkommen von 1964 Euro zur Verfügung, den reichsten zehn Prozent der FAmilien mit einem Kind ein Haushaltsnettoeinkommen von 12.167 Euro.

Paritätische Wohlfahrtsverband: Soziale Ungleichheit in Deutschland "beschämend"

Als beschämenden Ausdruck tiefer sozialer Ungleichheit bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die vorgestellten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, nach denen reiche Familien dreimal mehr für Lebensunterhalt und Teilhabe ihrer Kinder ausgeben als arme. Der Verband weist darauf hin, dass Kinder aus einkommensarmen Familien seit Jahren immer weiter abgehängt werden und von gleichwürdiger sozialer und kultureller Teilhabe ausgeschlossen sind. Neben einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung fordert der Verband flächendeckende Lernmittelfreiheit, die auch notwendige IT-Ausstattung beinhaltet, sowie einen Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit.

„Es kann nicht angehen, dass Kinderarmut als gegeben hingenommen wird. Das, was für die Mehrheit Gleichaltriger selbstverständlich ist, bleibt armen Kindern aufgrund der Einkommenssituation ihrer Eltern versagt. Was es braucht, ist endlich eine beherzte Armutsbeseitigungspolitik“, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Arme Familien seien gezwungen, notgedrungen an allem zu sparen, was über das physisch Überlebensnotwendige hinausgeht. „Das Gefühl nicht dazu zu gehören, ausgegrenzt zu sein und abseits stehen zu müssen, ist das Lebensgefühl armer Kinder in Deutschland", so Schneider.

Corona habe die bestehende Kluft u.a. angesichts fehlender technischer Ausstattung zur digitalen Teilhabe noch einmal schmerzhaft deutlich gemacht und verschärft. "Es fehlt armen Familien schon im normalen Alltag vorne und hinten an Geld, um den Kindern eine unbeschwerte Kindheit und ein Mindestmaß an Teilhabe zu ermöglichen, in der Pandemie hat sich die Not verschärft", so Schneider. (aze)