Kampf gegen Altersproblem der GesellschaftJapanischer Professor schlägt Senioren Massenselbstmord vor

Pendlerströme in Tokio
Japans Gesellschaft droht zu überaltern.
picture alliance / Photoshot

Der Vorschlag klingt zu radikal, um wahr zu sein: Senioren sollen sich umbringen, damit die Bevölkerung nicht überaltert. Er stammt einem "Spiegel"-Bericht zufolge vom japanischen Wirtschaftswissenschaftler Yusuke Narita und soll schon 2021 gefallen sein. Inzwischen rudert er zurück – doch die Gefahr, dass etwas hängenbleibt, ist groß: Narita besitzt in Japan Kultstatus.

Massenselbstmord als Lösung für Altersproblem?

Die brisante Äußerung, die erst vor wenigen Wochen größeres Aufsehen erregt haben soll, stammt laut "New York Times" aus einer Talkshow. Dort wurde Narita, der als Professor an der berühmten Yale-Universität in den USA unterrichtet, nach einer Lösung für das Altersproblem der japanischen Gesellschaft gefragt. Seine Antwort in Anspielung auf das historische Seppuku-Freitodritual der Samurai: "Ich habe das Gefühl, dass die einzige Lösung ziemlich klar ist. Ist es am Ende nicht Massenselbstmord und Massen-Seppuku älterer Menschen?"

Yusuke Narita ist in Japan ein Social-Media-Star

Es dauerte nur wenige Wochen, bis der japanische Professor zum Social-Media-Star wurde. Wohl auch, weil es nicht bei der einen radikal klingenden Äußerung blieb. Seitdem ist Yusuke Narita Werbestar und ein gern gesehener Gast in Comedyshows.

Auf seine Aussage angesprochen, erklärte der Wissenschaftler, den Begriff "Seppuku" habe er nur als Metapher verwendet. Seine Worte seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Es sei in Japan zu beobachten, dass ältere Menschen immer öfter aus Führungspositionen in Wirtschaft und Politik gedrängt werden sollen, um Platz für Jüngere zu schaffen – nur darüber habe er sprechen wollen.

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Wachsende Probleme in der japanischen Gesellschaft

Dennoch könnten Naritas Äußerungen in Teilen der japanischen Gesellschaft auf fruchtbaren Boden fallen: Wegen einer niedrigen Geburtenrate und hoher Staatsverschuldung wächst in dem Land die Sorge darüber, dass die wachsenden Pensionsverpflichtungen nicht finanziert werden können. Was der Professor von sich gibt, dürfe "nicht leichtfertig als Metapher verstanden werden", schreibt "Newsweek Japan"-Kolumnist Masato Fujisaki. Naritas Anhänger seien Leute, "die denken, dass alte Menschen einfach sterben und die Sozialhilfe gekürzt werden sollte".

Yusuke Narita, der sich in japanischen Onlineshows gerne in T-Shirt und Kapuzenpulli zeigt, hat auf Twitter mehr als 570.000 Follower. In seiner dortigen seine Biografie heißt es: "Die Dinge, über die man dir sagt, du dürfest sie nicht sagen, sind normalerweise wahr." (bst)