Brutaler Mord schockiert die arabische Welt
Heiratsantrag abgelehnt: Studentin Naira Ashraf (21) von besessenem Stalker vor der Uni erstochen
Naira Ashraf, eine Studentin aus Ägypten, ist am helllichten Tag von einem Mann erstochen worden. Der Grund: Er wollte sie unbedingt heiraten, sie lehnte ab. Der besessene Stalker hatte Ashraf zuvor mehrfach in den sozialen Medien belästigt und bedroht, weshalb ihre Familie ihn angezeigt und eine einstweilige Verfügung beantragt hatte. All das hat offenbar nichts gebracht: Es kam zu einem schrecklichen Mord, der im ganzen Land Schockwellen auslöste und den Femizid in Ägypten erneut ins Rampenlicht rückt.
Mohammed A. belästigte und bedrohte Naira Ashraf
Naira Ashraf geht am 20. Juni in die Mansoura Universität im Nordosten Ägyptens, als sie plötzlich von ihrem Stalker angegriffen wird. Der Mann sticht ihr mehrmals mit einem Messer in Hals und Brust. Eine Überwachungskamera zeichnet alles auf. Die Polizei nimmt den Verdächtigen Mohammed A. noch am Tatort fest – vor der Universität der getöteten Frau. Die schlimmen Aufnahmen gehen im Netz viral.
Im Verhör gibt der mutmaßliche Mörder wohl zu: Er habe Naria Ashraf getötet, weil sie ihn auf Facebook ignorierte und nicht auf seine Heiratsanträge reagierte. Mohammed A. habe die junge Frau eineinhalb Jahre lang belästigt, je bekannter sie in den sozialen Medien wurde, desto intensiver wurden seine Annäherungsversuche, berichtet die ägyptische Nachrichtenseite Al-Falah Al-Youm.
Die junge Studentin blockierte seine ganzen Accounts. „Sie wollte nicht heiraten, sie wollte ihrer Karriere nachgehen. Sie wollte Flugbegleiterin werden,“ erzählt ihr Vater im CNN-Interview. Der Mann habe Fake-Accounts erstellt, um ihr zu folgen. Er habe Naria Ashraf mehrmals bedroht. Der Grund, warum die Familie im April auch eine einstweilige Verfügung beantragt hatte. Offensichtlich fühlte sich der zurückgewiesene Mann gekränkt in seinem Ego.
Der mutmaßliche Täter muss sich wegen vorsätzlicher Tötung verantworten, teilte die ägyptische Staatsanwaltschaft mit.
#Justice_for_Naira_Ashraf: Ruf nach Gerechtigkeit im Netz
Experten für Frauenrechte in Ägypten sagen, dass Femizide in dem Land weit verbreitet sind. „Nairas Ermordung war definitiv kein Einzelfall“, sagte Lobna Darwish, Referentin für Geschlechter- und Menschenrechte bei der „Ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte“ gegenüber CNN. „Wir sehen mehr Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen.“ Es würden immer noch Daten fehlen, da solche Vorfälle vom Staat nicht ordentlich dokumentiert werden, so Darwish.
Naira Ashraf und die Familie hätten alles zum Schutz der jungen Frau unternommen, doch wieder einmal habe das gesamte System – ob sozial oder rechtlich – versagt, sagte Darwish. Fälle von Missbrauch sind immer in den Nachrichten. „Wir sehen Muster, die alarmierend sind.“ Seit dem Mord an der jungen Frau vor einer Woche wird der Ruf nach Gerechtigkeit im Netz mit dem #Justice_for_Naira_Ashraf immer lauter.
Im Juni letzten Jahres verschärfte Ägypten laut staatlichen Medien die Gesetze gegen sexuelle Belästigung, erhöhte die Geldstrafen und verlängerte die Haftstrafen. Das Land mache zwar Fortschritte mit strengeren Gesetzen gegen sexuelle Belästigung, doch laut Darwish setzen die Polizei und die Gesellschaft diese nicht gut genug um.
„Wir brauchen ein Gesetz, das Gewalt bekämpft“, sagte Azza Suliman, eine ägyptische Rechtsanwältin und Vorsitzende des Zentrums für ägyptische Frauen und Rechtshilfe. Es müsse einen respektvollen und würdevollen Diskurs über Frauen geben, um Vertrauen zwischen Frauen und dem Staat zu schaffen. Dann würden sich Betroffene auch wohler fühlen, wenn sie solche Vorfälle melden wollen, weil sie dann wüssten, dass sie verstanden und gut vertreten werden.
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Islam-Professor Mabrouk Attia: Frauen sollten sich "vollständig verhüllen"
Es gab viel Mitgefühl und die Forderung für mehr Gerechtigkeit im Land. Doch einige gaben auch dem Opfer die Schuld, wie der ehemalige TV-Moderator Mabrouk Attia, der auch Islam-Professor an der Al-Azhar-Universität in Kairo ist. Er behauptete, dass Frauen sich „vollständig verhüllen“ sollten, wenn sie nicht „das gleiche Schicksal erleiden“ wollen wie die Studentin der Mansoura Universität. „Frauen und Mädchen sollten sich bedecken und locker anziehen, um der Versuchung Einhalt zu gebieten [...] wenn du das Gefühl hast, dass dein Leben kostbar ist, verlasse das Haus vollständig bedeckt, um diejenigen, die dich töten wollen, davon abzuhalten, dich abzuschlachten“, betonte Attia in einem Live-Stream.
Für diese Aussagen gab es landesweit heftige Kritik. Der Nationale Frauenrat kündigte an, bei der Staatsanwaltschaft Klage gegen Attia wegen „Anstiftung zu Hassreden und Gewalt gegen Frauen“ einzureichen, um notwendige rechtliche Schritte einzuleiten. Attia selbst teilte auf Facebook mit, dass er seine Social-Media-Kanäle sperren werde, was er auch mittlerweile getan hat.
(gsc)