Prozess um Europas größten Drogenfund

Urteil: 37-jähriger Spediteur aus dem beschaulichen Harz Drahtzieher der Schmuggel-Route

Kokain
Angeklagter Jonas H. (links) im Gespräch mit seinem Verteidiger am Prozesstag am Dienstag, den 14.03. 2023 vor dem Landgericht Hannover.

von Daniel Kandora und Julia Lübbersmeyer

Im Februar 2021 hatten Zollfahnder im Hamburger Hafen den größten Kokain-Fund Europas gemacht: 16 Tonnen des Rauschgifts aufgeteilt auf fünf Container. Kurz darauf ein weiterer spektakulärer Drogenfund in Millionenhöhe im niederländischen Den Haag. Hinter beiden Schmuggelaktionen soll ein international agierender Drogenring mit Sitz in Niedersachsen stecken.

Drogen-Drahtzieher aus der Gemeinde Othfresen mit 1.850 Einwohnern

Kokainpakete
16.000 dieser Kokainpakete wurden bereits im Februar 2021 in Hamburg sichergestellt.
Landeskriminalamt Niedersachsen

Nach monatelangen Ermittlungen gelang Zollfahndern 2021 der bislang größte Schlag gegen die Kokain-Mafia in Europa. Nach einem Tipp der niederländischen Behörden durchleuchteten die Einsatzkräfte eine Ladung aus Paraguay. Hier fanden sie Kokain mit einem unglaublichen Marktwert von 448 Millionen Euro. Versteckt in 1.700 Blechdosen wurde das Rauschgift aus Paraguay, von einer Importfirma aus Rotterdam, in Container nach Hamburg geschmuggelt. Ausgewiesen waren die Blechdosen als Verpackung für Spachtelmasse.

Jetzt steht fest: Der Logistik-Chef hinter dem Drogenimperium ist der 37-jährige Transport-Unternehmer Jonas H. aus der beschaulichen Gemeinde Othfresen mit gerade einmal 1.850 Einwohnern. Hier steuerte er als Spediteur Europas größtes Rauschgift-Netzwerk und plante die Schmuggel-Route des Kokains. Von Paraguay mit dem Schiff nach Hamburg und von da weiter in eine Lagerhalle nach Seelze (Region Hannover), bis es von dort in die niederländische Stadt Den Haag weitergeleitet wird. Mindestens eine halbe Million Euro soll Jonas H. für seine Transportdienste kassiert haben.

12 Jahre und sechs Monate Gefängnis für Jonas H.

Seit dem 10. Oktober 2022 muss sich der Spediteur vor dem Landgericht Hannover verantworten. Dem 37-Jährigen wird geworfen gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben. Am Dienstag (14. März), dem letzten Verhandlungstag, forderten die drei Verteidiger von Jonas H. eine milde Strafe für ihren Mandanten. Im Gespräch mit RTL beteuerte Raban Funke, einer der Verteidiger von Jonas H., dass „bestimmte Strafmilderungsgründe nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden sind. (...) Der Angeklagte hat hier in ganz massivem Umfang Aufklärungshilfe geleistet." Auch in seinen letzten Worte an das Gericht zeigt Jonas H. Reue: „Ich kann nur sagen, dass es mir außerordentlich leid tut, das ist der größte Fehler meines Lebens, ich muss nach vorne gucken, möchte mich in aller Form bei allen Beteiligten entschuldigen.“

Doch die Richterin ist davon überzeugt, dass er einer der Köpfe des Drogenkartells gewesen sei. Die „exorbitante Menge“ an geschmuggeltem Rauschgift in diesem Fall sei nicht zu unterschätzen. Jonas H. behauptet allerdings vom tatsächlichen Umfang des Schmuggels gar nichts gewusst zu haben. Die Schwere des Vergehens spiegelt sich in dem Urteil wieder. Die Richterin verurteilt Jonas H. zu zwölf Jahren und sechs Monaten Gefängnis wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch die beiden Komplizen wurden jeweils zu acht und drei Jahren wegen Beihilfe verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung von Jonas H. hat bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen.