Pflege-Tipps, die helfen
Haarwachstum: Kann jeder lange Haare bekommen?

Eine lange Mähne bis zum Po: Viele Frauen träumen davon, jedoch erreichen nur wenige dieses Ziel ohne den Einsatz von Extensions.
Woran das liegt und was man dennoch dafür tun kann, dass Dinge wie Haarausfall oder Haarbruch das Haarwachstum nicht beeinträchtigen, erklärt die Hautärztin und Buchautorin („Alles klar beim Haar?“*) Dr. Alice Martin im Interview mit RTL.de.
Wie lang die Haare wachsen, liegt in den Genen
RTL.de: Warum wachsen die Haare bei manchen Menschen schneller?
Dr. Alice Martin: Das Haar wächst aus dem Haarfollikel und dieser hat eine unterschiedliche genetische Information der Wachstumsphase. Man unterteilt das Haarwachstum in drei Phasen: Die Anagenphase, Katagenphase und Telogenphase. Die Anagenphase ist die Wachstumsphase. Bei der Katagenphase handelt es sich um die Umwandungsphase und Telogenphase ist die Ausfallphase. Bei manchen Menschen ist die Anagenphase kurz. Das heißt, die Haare wachsen nur vier oder fünf Jahre. Bei anderen Leuten ist diese Phase aber lang, also sieben, acht oder neun Jahre. Je länger das Haar in der Phase steckt, desto länger wächst es. Das ist die individuelle genetische Veranlagung.
Gibt es noch andere Ursachen, warum die Haare nicht lang genug wachsen?
Man kann das Haarwachstum trotz seiner genetischen Prädisposition positiv beeinflussen und sein Maximum ausschöpfen. Das geht durch die richtige Haarpflege, wenig Stress und eine gute Ernährung.
Ein großes Hindernis für ausreichendes Haarwachstum ist Haarausfall. Was sind hier die Ursachen?
Haarausfall ist eine Haarerkrankung. Es kann sich um genetisch bedingten Haarausfall handeln. Andererseits entsteht Haarausfall auch durch Mangelernährung, einen Eisenmangel sowie eine Schilddrüsenüber oder -unterfunktion. Eine Pilzinfektion auf der Kopfhaut kann auch dazu führen. Wer viel Stress hat, bekommt auch öfter Haarausfall. Dazu gibt es noch den medikamentös bedingten Haarausfall. Hier muss man dann gezielt nach den Ursachen suchen und entsprechend behandeln, damit der Haarausfall verschwindet.
Wie verhindert man Haarbruch?
Das Haar besteht ja aus drei Schichten: Im Inneren befindet sich das Haarmark, dann kommen die Fasern und dann die Schuppenschicht. Die Schuppenschicht schützt durch die eng anliegenden Schuppen die darunter liegenden Strukturen. Wenn das Haar mit Wasser in Kontakt kommt, dann öffnen sich die Schuppen und das Haar ist sehr empfindlich. Wenn ich dann das Haar reibe, ein enges Haargummi benutze oder mit nassen Haaren schlafen gehe, brechen die Haare schneller, obwohl ich gesunde Haare habe. Es gibt auch Haarbruch durch dauerhaftes Färben. Dann ist die Struktur gestört.
Ein Zaubermittel für lange Haare gibt es nicht
Gibt es Mittel, damit die Haare schneller wachsen?
Rosmarinöl ist zum Beispiel nur ein Social-Media-Trend. Rosmarin wird keinen genetisch bedingten Haarausfall stoppen. Es verbessert die Durchblutung der Kopfhaut, wenn man aktiv die Kopfhaut damit massiert. Sehr häufig verbessert sich das Wachstum nicht durch Rosmarinöl. Es gibt Alternativen wie Minoxidil. Der Stoff führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße und kann auf die Kopfhaut aufgetragen werden. Er verbessert nachweislich die Durchblutung der Kopfhaut und fördert das Haarwachstum. Man verlängert die Anagenphase. Minoxidil sollte nach ärztlicher Rücksprache verwendet werden, zum Beispiel bei erblich bedingtem Haarausfall. Wer keinen Haarausfall hat, sollte sich gesund ernähren, die richtigen Pflegeprodukte benutzen und die Haare nur so oft waschen, wie nötig. Die Kopfhaut sollte weder zu trocken noch zu fettig sein.
Bringen Kopfhautpeelings etwas für das Haarwachstum?
Ich würde kein Peeling für die Kopfhaut empfehlen. Wenn ich den Zustand der Kopfhaut nicht kenne, kann ich damit sogar etwas kaputt machen. Dann lieber mit den Händen massieren.
Die Pflege sollte an den Haartyp angepasst werden
Ist Hitze wirklich so schädlich für die Haare? Was sollte man beim Föhnen, Glätten und Locken beachten?
Ein gesundes Haar hat etwa zehn Prozent Wasseranteil. Wenn ich die Haare wasche, dann steigt der Wasseranteil. Wenn ich mit Hitze rangehe, trocknet dies die Haare aus und wenn ich die Haare zu oft wasche, verliere ich die schützenden Lipide, die die Haarbausteine zusammenhalten. Je trockener die Haare sind, desto mehr entstehen Schäden in Form von Haarbruch oder Spliss. Also zu viel Hitze ist nicht gut. Aber es kommt drauf an, wie ich die Haare föhne. Man sollte die Haare aus einer guten Entfernung föhnen: nicht zu heiß und von oben nach unten, damit sich die Schuppenschicht schließt. Wenn man die Haare jeden Tag glättet mit 150, 180 oder 200 Grad Celsius, dann wird das Haar auf Dauer immer kaputter. Dann macht man lieber einmalig eine professionelle Glättung. Das strapaziert bzw. schädigt auch die Haare, aber immer noch weniger als wenn man die Haar jeden Tag glättet. Man muss richtig gut pflegen, Hitzeschutz verwenden, regelmäßig Spitzen schneiden.
Sind Silikone in Pflegeprodukten hinderlich für das Haarwachstum?
Ich empfehle immer Produkte für Kinder und Babys, weil diese frei von Allergenen und Duftstoffen sind. Wenn man Kopfhautschuppen hat und die Haare fettig sind, empfehle ich Shampoos mit einem Antipilzmittel. Auf Silikone würde ich verzichten und eher mit Ölen arbeiten, weil sie auf natürlicher Basis sind. Man sollte dies in den Längen auftragen und das Shampoo nur auf der Kopfhaut. Bei gelegentlicher bzw. seltener Verwendung machen Silikone die Haare nicht kaputt.
Wie sieht eine optimale Pflegeroutine für gesunde und lange Haare aus?
Dann müsste ich erst einmal den Haartyp wissen. Haartyp 1 hat extrem glatte Haare. Die brauchen nicht so viel Pflege, weil sich der Talg beim Bürsten nach unten verteilt. Öl sollte nur in die Haarspitzen gegeben werden. Haartyp 1 braucht alle zwei bis drei Wäschen einen Conditioner und keinen Leave-in-Conditioner. Ab und zu ein Öl reicht aus. Haartyp 2 ist gewelltes Haar mit Übergang zur Naturkrause und Haartyp 3 sind schon Locken, aber nicht stark kringelig. Haartyp 4 finden wir zum Beispiel bei afrikanischen Locken. Die brauchen viel Pflege, weil der Talg nicht die Bahn runter bis zum Haar rutscht. Bei Haartyp 3 und 4 brauche ich bei jeder Kopfhautwäsche die CWC-Methode: Conditioner auftragen, die Haare waschen und dann noch einmal Conditioner verwenden. Auch Öle sollten reichlich in den Haarlängen aufgetragen werden. Generell sollte man das abschneiden, was kaputt ist, weil Spliss sich durch das gesamte Haar hindurchziehen kann. Öle und Conditioner sollten reichlich verwendet werden.
Was ist beim Bürsten zu beachten?
Personen mit Haartyp 3 und 4 sollten eher einen Kamm benutzen. Haartyp 1 und 2 können mit einer Bürste arbeiten. Grundsätzlich von unten nach oben bürsten. Wenn man oben anfängt, kann man den Knoten herunterziehen. Dann hängt er fest und geht nicht mehr raus. Wenn die Haare nass sind, sollte man sie auch nicht bürsten, da die Haare im nassen Zustand sehr empfindlich sind. Vorsichtiges kämmen geht mit einem Kamm oder mit den Händen entwirren.
Strenge Zöpfe und zu häufiges Blondieren lieber meiden
Wie schlimm sind strenge Frisuren?
Es kann ein Problem geben, wenn man an den Haaren extrem zieht. Einige Menschen tragen einen strammen Zopf oder Dutt über Wochen und Monate hinweg und dann fallen die Haare aus. Man zieht zu stark am Haarfollikel und der gibt dann nach.
Ist UV-Strahlung ein Problem für die Haare?
Es ist die Kombination aus Sonne und Salzwasser. Dann habe ich kleine Kristalle auf den Haaren. Wenn dort das UV-Licht hindurch geht, wird die Energie gebündelt und dann erhitzen die Haare stärker. Die Sonne an sich im Sommer in Deutschland ist kein riesiges Problem.
Sind blondierte oder gefärbte Haare ein Hindernis für die lange Traummähne?
Die Haare brechen häufig schneller, denn eine Haarfärbung schädigt die Haarstruktur und die Haare werden empfindlicher. Wenn man dann nicht sehr gut pflegt, kann schon der Schwimmbadbesuch oder das Haargummi dazu führen, dass sie brechen. Dann werden die Haare nicht mehr so lang. Daher ist eine sehr gute Pflege enorm wichtig.
Gesunde Ernährung fördert auch das Haarwachstum
Welche Rolle spielt die Ernährung für das Haarwachstum?
Wir brauchen an der Kopfhaut sowie auch an der Haut alle Vitamine und Nährstoffe, zum Beispiel Vitamin A, Vitamin C und Vitamin D. Dafür sollte jede Mahlzeit viele Farben auf dem Teller haben. Also viel Obst und Gemüse essen, weil da die Mineralstoffe und Vitamine drinstecken. Auch Proteine sind wichtig, weil die Haare aus Proteinen bestehen. Das Keratin, aus dem die Haare bestehen, kann nur durch Proteine gebaut werden.
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