Der Mitbring-KniggeGrillpartys und Gartenfeste: Muss wirklich jeder etwas mitbringen?

Freunde feiern eine Grillparty im Garten.
Die Grillsaison steht vor der Tür - wer mag einen Salat mitbringen?
iStockphoto

Wer möchte nicht gern ein guter Gastgeber sein und ein gern gesehener Gast? Genauso hat auch jeder eine ganz persönliche Vorstellung von Gastfreundschaft. Doch ist man gleich ein schlechter Gastgeber, wenn man seine Gäste nach einem Snack-Mitbringsel bittet?

Eine kleine Spende fürs Büffet, bitte!

Die Gartenparty-Saison hat begonnen! Und mit dem schönen Wetter schwuppt wieder eine Frage auf, die eigentlich das ganze Jahr über Saison hat: Ist eine Einladung eine Einladung und damit basta? Oder ist es okay, Back- und Schnippsel-Arbeiten an andere zu delegieren und um einen Salat oder Nachtisch zu bitten? Die Grenze zwischen Geiz-ist-geil-Gastgeberin und strahlender, spendabler Partykönigin ist fließend. Und umstritten.

Früher, ja früher! Da waren Einladungen noch echte Einladungen! Ein Sträußchen Nelken für die Gattin, eine Flasche Müller-Thurgau für den Hausherren – und dann setzte man sich gemütlich an den gedeckten Tisch und ließ sich bewirten. Die Rollen waren klar verteilt: Ihr Gäste – wir Gastgeber. Heute laufen Einladungen oft anders. Was vor allem in der gerade aufkeimenden Grill- und Gartenfestsaison zu harter Wochenend-Arbeit ausufern kann.

Wer den dritten sonnigen Samstagnachmittag in Folge in der Küche steht und Bergkäse hobelt, weil er abends bei Freunden eingeladen ist, wird irgendwann am System der erweiterten Gastfreundschaft zweifeln. Und den Tag verfluchen, als er das erste Mal diese sensationell mürben Käsestangen ("Nein, die sind nicht aus TK-Teig!") zu einer Party mitbrachte. Denn die super-aufwändigen Dinger haben sich als Snack-Mitbringsel etabliert. Auf den leckeren Schicht-Salat hat ja leider Andrea schon seit Jahren das Mitbring-Monopol.

In solchen Momenten lässt man manchmal die butterverschmierten Hände in den Schoß sinken und träumt von einer Gesellschaft, in der Einladungen mit keinen arbeitsintensiven Gegengaben verknüpft sind. Andererseits: Wäre das wirklich so toll? Vor allem, wenn man nicht eingeladen ist, sondern selbst eine kleine Party schmeißen will?

Party versus "echter" Anlass

Kürzlich habe ich in einem alten Kochbuch aus den 80er-Jahren geblättert: Was dort als Verpflegung für ein zwangloses Treffen mit Freunden vorgeschlagen wurde, hat die Gastgeberin im Vorfeld garantiert fünf Tage an die Küche gefesselt. Wahrscheinlich ist sie bei Tisch vor Erschöpfung ganz zwanglos eingeschlafen, während ihre Gäste schmausten. Aber dafür war sie eben eine scheinbar echte Gastgeberin. Die von Herzen einlud, keine Mithilfe erwartete und stattdessen ihren Gäste das Rundum-Sorglos-Paket bot.

In Foren wird diese Frage heiß diskutiert: Wann darf man um Spenden fürs Büffet bitten und wann nicht? Die meisten sind der Meinung, dass bei "echten" Anlässen wie einem Geburtstag die Gastgeberin für alles sorgen muss. Dabei sind doch gerade solche Feiern oft besonders aufwändig – und man wäre dankbar für ein bisschen Unterstützung! Die Hardliner finden sogar: Jeder, der zu irgendetwas einlädt, muss in der Lage sein, allein für das Wohl seiner Gäste zu sorgen. Sonst wäre es ja keine Einladung. Als Ausnahme lassen sie gerade noch Studentenfeten (Budget!) oder explizite Potluck-Partys gelten.

Andere unterscheiden mit arithmetischer Akribie: Wie viel Geld halt die Einladende? Wie viele Gäste? Wie viel Zeit steht ihr neben dem Beruf zur Verfügung? Wie viel Zeit und Geld haben die Gäste? Und dann entscheiden sie, ob sie als purer Gast zur Party kommen oder auf dem Weg dorthin eine Schüssel mit Tiramisu auf dem Schoß balancieren. Bitten um eine finanzielle Beteiligung gelten in diesen Diskussionen ganz allgemein als ungehörig.

Merke: Selbst bei einer unschuldigen Einladung zum Grillen kann man offenbar jede Menge falsch machen! Von Geburtstagen und Jubiläen wollen wir jetzt gar nicht reden. Obwohl, wollen wir doch. Eine Freundin, die einige Zeit in Norwegen lebte, erzählt gerne, dass es in ihrem Ort üblich war, dem Geburtstagskind die komplette Party-Arbeit abzunehmen. Für Essen und Getränke waren die Freunde zuständig. Der Gastgeber als Ehrengast. Eine feine Sache. Wenn alle mitziehen und das Privileg tatsächlich reihum geht.

Ja. Und das ist auch der Punkt, an dem wir plötzlich wieder wissen, warum wir gerade das vierte Blech Käsestangen ins Backrohr schieben: Weil ein (Grill-)Fest, bei dem man alleine für alles sorgen muss, verdammt viel Arbeit ist. Und weil man selbst sich ja auch freut, wenn Freunde und Verwandte sich sofort bereit erklären, einen Salat beizusteuern - oder sogar von sich aus reflexartig nachfragen, was sie mitbringen sollen. Denn so gesehen hat die Gastfreundschaft durchaus zwei Seiten: Sie zeigt, dass man gerne Gäste hat – und sie zeigt, dass man gerne zu Gast ist.