Gigantischer Hype um Victor Wembanyama

Für diesen 2,24-Meter-"Alien" verlieren NBA-Teams absichtlich

Boulogne-Levallois Metropolitans 92's Victor Wembanyama drives around NBA G League Ignite's Sidy Cissoko during the second half of an exhibition basketball game Tuesday, Oct. 4, 2022, in Henderson, Nev. (AP Photo/John Locher)
Victor Wembanyama macht die Basketball-Welt verrückt.
JL, AP, John Locher

Victor Wembanyama: Schwieriger Name, einfache Geschichte: Ein 18-jähriges Hyper-Talent aus Frankreich mit Maßen und Skills, die ihresgleichen suchen, lässt die NBA-Welt träumen. Der junge Mann spielt noch nicht einmal in der besten Basketball-Liga der Welt. Aber einige Teams der NBA werden bereit sein, für ihn absichtlich zu verlieren.

Talent trifft Superstar

Es war eine Szene mit Symbolcharakter. Am Rande des US-Gastspiels von Victor Wembanyama und seinem französischen Club Metropolitans 92 in Las Vegas läuft der 2,24-Meter-Riese durchs Publikum und gibt Shakehands. Nun schüttelte der Franzose nicht irgendeinem Menschen die Hand, sondern LeBron James. Der wohl dominanteste, vielleicht auch beste und kompletteste Spieler seiner Generation.

Seit dem irren Hype um LeBron James Anfang der 2000er Jahre – damals noch ganz ohne Social Media - hat kein Nachwuchstalent die Basketball-Welt derart in Hysterie, Staunen und Superlativ-Eifer gebracht. Das hat seine guten Gründe.

Der 18-Jährige bringt ein Paket mit, das es schlichtweg bisher nicht gab. Da ist zum einen ganz einfach die Größe: Er ist riesig. So groß, wie nur ganz wenige Spieler sind - naturgemäß schon einmal Vorteil. Wobei es zu seiner genauen Größe unterschiedliche Angaben gibt, mal heißt es 2,19, dann 2,20, 2,24 oder 2,25 Meter. Eigentlich auch unerheblich, einigen wir uns auf: sehr, sehr groß. Und vermutlich wächst Wembanyama sogar noch.

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Da staunen auch James, Curry und Co.

Nun ist es so, dass solche langen Spieler zwar oft einen Größenvorteil, allerdings ganz andere Nachteile haben: Probleme mit der Ballführung, Koordination, dem Wurf, Dribbling und so weiter. Bei Wembanyama ist es genau umgekehrt: All diese Punkte sind weitere Stärken, die zusätzlich zu seinem Repertoire hinzukommen. Gerade sein Wurf, aus der Bewegung, im Fallen, dem Dribbling – eine Waffe. Wenn man so will, ist er ein Realität gewordener Cheat-Code aus Videospielen.

Das sieht auch NBA-Champion Stephen Curry so, der erklärte, solch einen Spieler würde man sich als Spielmacher beim Spiel „NBA2K“ selbst gestalten, wenn man als Aufbauspieler mal über 2,10 Meter groß sein will. Wembanyama ist also eine Form von „Einhorn“, ein Wundertier, Alleskönner. Irgendwie eine Kreuzung aus Allen Iverson, Kobe Bryant und Dirk Nowitzki. Oder noch drastischer ausgedrückt. „Ein Alien“. Das sagt zum Beispiel LeBron James.

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Wembanyama: Ein "Alien" wird in Las Vegas zum Star

Geboren wurde der Basketball-Außerirdische in dem Pariser Vorort Nanterre. Dort lernte er im Jugendclub die Basics des Sports. Schon früh fiel er durch den Mix aus Technik und Körperbau auf. Mit 15 Jahren debütierte er mit Nanterre im Eurocup, in der Nationalmannschaft sorgte er bei der U19-WM mit starken Statistiken für Aufsehen. Zuletzt wechselte er von dem von Ex-NBA-Star Tony Parker geführten Meister ASVEL Lyon-Villeurbanne zu Metropolitans 92 in die Hauptstadt.

Genau mit diesem Team reiste er in der vergangenen Woche in die Vereinigten Staate, um gegen G-League-Teams zu spielen. Das sind unterklassige Mannschaften, deren Spieler den Sprung in die NBA noch nicht geschafft oder verpasst haben.

Dass er bei dieser Dienstreise die Erwartungen erfüllt hätte, nun, das wäre so ziemlich eine der größten Untertreibung des Jahres. Vor den Augen von eben James und vermutlich jedem NBA-Scout und -Fan des Planeten demonstrierte Wembanyama, warum er ganz oben auf der Talent-Liste steht. Wembanyama dominierte in der Defensive mit Blöcken, in der Offensive mit explosiven Zügen zum Korb und einer erfolgreichen Dreierquote. 73 Punkte in zwei Spielen.

Den Beweis, dass er das Mega-Talent ist, hat er damit erfolgreich geführt. Er sei ein Spieler, der nicht ein Team verändert, sondern die ganze Liga, heißt es. Mit einem Schlag würde der Wert eines Teams um 500 Millionen Dollar nach oben gehen, sagt ESPN-Basketball-Experte Adrian Wojnarowski.

Wembanyama wird NBA-Saison massiv beeinflussen

Der Liga läuft also bei diesen Vorstellungen das Wasser im Mund zusammen und trotzdem gibt es da ein Problem. Er könnte den Verlauf der kommenden Spielzeit massiv beeinflussen. Wegen seines Jahrgangs darf er sich erst im kommenden Jahr, im Frühsommer 2023, zur sogenannten Draft anmelden. Dort ziehen die Teams nacheinander die Talente des Jahres. Nun ist das Verfahren grob gesagt so: Je schlechter ein Club abgeschnitten hat in der Vorsaison, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er früher eines der Talente aus der Draft-Klasse ziehen darf. Was zur Folge hat: Einige Teams nehmen die Saison über gerne auch mal Niederlagen in Kauf, schenken also Spiele ab. Natürlich nicht offiziell mit Ansage, aber da wird dann eben der ein oder andere Spieler geschont, länger in die Reha geschoben oder sogar direkt verscherbelt.

Ein Stilmittel, dass es schon seit Jahrzehnten in der NBA gibt. Die Liga hat das Prozedere der Draft-Lotterie zwar etwas angepasst, dennoch steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine bessere Ausgangslage, je schlechter man abschneidet. Die drei Teams mit der schlechtesten Bilanz haben eine 14-prozentige Wahrscheinlichkeit auf die erste Auswahl, sprich: Wembanyama.

Und wenn ein Einhorn-Alien wie Wembanyama in Aussicht ist, dann beginnt tatsächlich bei einigen Teams der Wettlauf in die falsche Richtung. Das sagen selbst NBA-Entscheider. Die Liga und vermutlich auch Wembanyama werden also genauer hingucken, wer zwischen Oktober und Mai eifrig verliert. Es könnte nämlich 2023 die neue Heimat des französischen Wunderkindes werden. Einfluss darauf hat Wembanyama ohnehin nicht. Die größte Frage rund um seine Person lauten wohl: Bleibt er gesund? Und: Kommt er mit dem lauten Hype um sich selbst klar?

Vielleicht wird er bald mal bei James anrufen und um Rat fragen. Der Lakers-Star kennt sich mit dem überlebensgroßen Hype ja bestens aus. James ist übrigens auch ein Beispiel dafür, dass der Hype manchmal sogar übererfüllt wird. (msc)