„Freundschaft ist auch Bereicherung für Partnerschaft“

Neuer Partner, Freundschaft abgemeldet! Sollten Freunde Schluss machen?

Sulking woman sitting next to man reading text messages in restaurant
Ihr Kumpel oder Ihre Freundin schreibt nur noch mit dem neuen Partner – die Freundschaft ist abgemeldet? Wie Freunde damit umgehen sollten.
Zoran Mircetic, iStockphoto

Ein neuer Partner erscheint auf der Bildfläche – und Freunde schauen in die Röhre?
Bei manchen Freunden scheint es so, als würde kein Blatt zwischen sie passen. Bis dann ein neuer Partner ins Spiel kommt und erst einmal die Paar-Beziehung auf Platz eins steht. Was Freunde akzeptieren müssen und ob man Freundschaften öfter wie Beziehungen beenden sollte, erklärt der Psychotherapeut und Freundschaftsforscher Dr. Wolfgang Krüger im RTL-Interview.

Neuer Partner kommt und Freundschaft driftet auseinander – führt daran kein Weg vorbei?

Gute Freunde kann niemand trennen?

Doch, ein neuer Partner zum Beispiel! Und dann wird es für die Freundin oder den Kumpel schwierig. Die Freundschaft rückt oft von heute auf morgen komplett in den Hintergrund. Sie hören vielleicht sogar gar nichts mehr.

Müssen wir diese Freundschaftsflaute erst einmal hinnehmen?

„Der Freund oder die Freundin werden sich wieder melden und wieder kommen. Es ist in der Regel nur eine vorübergehende Phase“, weiß Freundschaftsforscher Dr. Wolfgang Krüger. In der Regel sollte man sich als Kumpel oder Freundin höchstens sechs Monate zurücknehmen. Länger würde die Verliebtheitsphase selten andauern. Und dann setzt sozusagen der Verstand wieder ein und die Freundschaft wird wieder gepflegt.

„Es ist ein großer Fehler, wenn wir in der Verliebtheitsphase die Freundschaften vernachlässigen, weil wir dann einen Teil unserer souveränen Lebensführung, dass man nämlich noch andere soziale Kontakte hat, verliert. Ich halte das für ein Grundproblem und das wirkt sich nicht nur auf die Freundschaft aus, sondern auch auf den Verlauf der Liebesbeziehung“, warnt der Experte.

Lese-Tipp: Einseitige Freundschaft? Wann es sich nicht lohnt, Freunden hinterherzulaufen

Ihre Erfahrung interessiert uns! Haben Sie schon Freunde verloren, weil ein neuer Partner ins Spiel kam?

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Beziehungsexperte: „Gute Freundschaft ist immer auch Bereicherung für die Partnerschaft“

Denn: „Eine gute Freundschaft ist immer auch eine Bereicherung für die Partnerschaft. Und wenn Menschen klug wären, würden sie selbst in der Verliebtheitsphase diese Freundschaften pflegen und aufrechterhalten. Weil sie wichtig ist, damit wir souverän und bewusst die Verliebtheit steuern können.“

Doch es gibt auch Fälle, bei denen über einen längeren Zeitraum, oder sogar dauerhaft, der Partner auf Platz eins steht. Freunde haben daneben kaum Platz.

Wie wirkt sich das auf die partnerschaftliche Beziehung aus?

„Wir wissen, dass eine gute Liebesbeziehung immer daraus besteht, dass ich auch gute und funktionierende Freundschaften pflege. Dadurch bin ich seelisch stabiler und nicht zu stark vom Partner abhängig. Dann kann ich die Gefühle, die in der Partnerschaft entstehen, auch besser regeln und Machtkonflikte, die es in jeder Partnerschaft gibt, zum Beispiel durch unterschiedliche Interessen kontrollieren. Von daher ist es auch in langen Partnerschaften oder Ehen immer ein Fehler, Freundschaften zu vernachlässigen“, appelliert der Beziehungsexperte.

Es sei zwar normal, dass man Freundschaften neu justieren muss, wenn man eine Partnerschaft eingeht, aber zu wenig Kontakt mit Freunden wegen eines Partners sei für alle Beteiligten fatal.

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Psychotherapeut und Freundschaftsforscher und Dr. Wolfgang Krüger. Zuletzt hat er das Buch: „Freundschaft: Beginnen, verbessern, gestalten“, veröffentlicht.
privat

Flexibilität unter Freunden: Der neuen Lebenswirklichkeit des anderen gerecht werden

„Es kann zum Beispiel sein, dass zwei Frauen, die vorher beide keinen Partner hatten und wie mit 16 viel telefoniert und zusammen unternommen haben, ihre Freundschaft an die neue Lebenswirklichkeit anpassen müssen. Aber das ist machbar.“ Dafür sei auch Flexibilität in Freundschaften nötig und die Bereitschaft dazu, originelle Lösungen zu finden.

Und: „Ich muss in der Lage sein, meinen Wunsch nach Nähe in einer Freundschaft so zu kommunizieren, dass er auch der Lebenswirklichkeit des anderen gerecht wird.“

Das heißt: Eine Freundin, die Kinder und einen Partner hat und man selbst nicht, kann nicht jeden Tag genauso viel Zeit wie man selbst, für die Freundschaft aufbringen.

Die Kunst ist, genau dafür eine Lösung zu finden und die Freundschaft neu zu erfinden.

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Freundschaft am Ende: Sollten Freunde Schluss machen?

Doch, wie immer im Leben, gibt es auch Fälle, bei denen das alles nicht funktioniert.

Sollte man Freundschaften dann besser beenden, wie partnerschaftliche Beziehungen?

„Trennungen sind vor allem ein Thema in Alltagsfreundschaften. Dort rate ich immer dazu, die Freundschaft nicht laut und offiziell zu beenden, sondern lieber im Stillen, indem wir sie ausklingen zu lassen – also zum Beispiel keine Einladungen mehr auszusprechen. Dann besteht auch zukünftig die Chance, dass die Freundschaft möglicherweise erstarkt und wieder auflebt. Und man muss sich nicht aus dem Weg gehen, wenn man sich bei einer Hochzeit oder Beerdigung sieht.“