„Ich spreche der Familie mein Mitgefühl aus. Ich bin für den Tod verantwortlich“

Polizist bedauert tödliche Schüsse auf Mouhamed Dramé

Worte des Bedauerns und Mitgefühls – Seelenbalsam für die Familie des getöteten Mouhamed.
„Ich spreche der Familie mein Mitgefühl aus. Ich bin für den Tod verantwortlich. Es trifft mich sehr und macht mich traurig. Ich kann mir nicht vorstellen, was es bedeutet, ein Familienmitglied zu verlieren.“ Das sagte Fabian S., der Polizist, der die Todesschüsse abgegeben hatte.

Anwalt: Darauf hat die Familie gewartet

Für eine Gedenkfeier in Dortmund haben Menschen ein Foto von Mouhamed Dramé aufgestellt.
Für eine Gedenkfeier in Dortmund haben Menschen ein Foto von Mouhamed Dramé aufgestellt.
RTL

Damit hat im Prozess um tödliche Polizeischüsse auf einen jungen Flüchtling in Dortmund erstmals einer der Angeklagten sein Bedauern ausgedrückt. S. wendete sich direkt an die als Nebenkläger anwesenden Brüder des Opfers Mouhamed Dramé. Er erwarte nicht, dass die Familie ihm verzeihe, sagte er weiter. Er habe das Gesicht des Jungen jeden Tag vor Augen. Der Anwalt der Nebenkläger, Thomas Feltes, begrüßte die Erklärung. Darauf habe die Familie gewartet.

Zuvor hatte der 30-jährige Polizist vor dem Landgericht Dortmund über eine Stunde lang ausgesagt und Fragen zu dem Einsatz beantwortet. Bei seiner Schilderung des Einsatzes vom 8. August 2022 blieb der wegen Totschlags angeklagte Beamte wie der Einsatzleiter bei einem früheren Prozesstag bei seiner Einschätzung.

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„Das war aus meiner Sicht Notwehr“

Die Schüsse seien gefallen, weil der 16-jährige Senegalese in hohem Tempo mit einem Messer in der Hand auf seine Kollegen zugelaufen sei. „Ich habe angefangen zu schießen, als er drei Meter entfernt war. Bei 1,5 Meter ist er stehen geblieben. Das war aus meiner Sicht Notwehr“, schildert S. Für einen Warnschuss sei keine Zeit gewesen, sagte er auf Nachfrage.

Zuvor hatte Mouhamed Dramé mit einem Messer auf sich selbst gerichtet in einem Innenhof einer Jugendhilfeeinrichtung gehockt. Mit dem Einsatz von Pfefferspray hatten zwei Beamte zuvor versucht, ihn zu entwaffnen.

Das Landgericht Dortmund muss klären, warum die zunächst statische und als Suizidversuch eingeschätzte Lage eskalierte. Angeklagt sind auch der 55-jährige Einsatzleiter, zwei Polizistinnen (29 und 34 Jahre) und ein weiterer Polizist (34). Während Letzteren gefährliche Körperverletzung im Amt durch den ungerechtfertigten Einsatz von Pfefferspray und Tasern vorgeworfen wird, legt die Staatsanwaltschaft dem Vorgesetzten Anstiftung dazu zur Last. (uvo; vmg; dpa)

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