Auch FC Bayern wurde eingespannt

Untersuchung zeigt: Sommermärchen war gekauft

Franz Beckenbauer und Bastian Schweinsteiger
Franz Beckenbauer gratuliert Bastian Schweinsteiger zum dritten Platz bei der WM 2006
Imago Sportfotodienst

Die traurige Sommermärchen-Wahrheit – sie kommt immer mehr ans Licht. Der DFB möchte die Ergebnisse zwar geheimhalten, doch ein Medienbericht zitiert aus der Untersuchung zur Vergabe der WM 2006. Das Ergebnis ist eindeutig: das Turnier kam auch dank Bestechungsgeldern nach Deutschland. Auch der FC Bayern soll eine Rolle gespielt haben.

"Mit beträchtlichen Geldbeträgen Stimmverhalten beeinflusst"

126 Seiten ist der Bericht lang, der den Verdacht zu bestätigen scheint, der schon lange auf dem Deutschen Fußball-Bund und der Weltmeisterschaft 2006 lastet. "Die bisherigen Erkenntnisse ergeben", soll das vom DFB selbst mit der Untersuchung beauftragte Beratungsunternehmen Esecon darin zusammengefasst haben, "dass FIFA-Exekutivmitglieder beziehungsweise ihre Nationalverbände [...] beträchtliche Geldbeträge erhalten haben und so ihr Stimmverhalten beeinflusst wurde". Der Konjunktiv ist nötig, weil der "Spiegel" zwar aus dem Papier zitiert, aber auch berichtet, dass der DFB die Ergebnisse lieber unter Verschluss halten würde.

Die Frage, ob das als Sommermärchen in die Geschichte eingegangene Turnier auf bestenfalls fragwürdigem und vielleicht sogar illegalem Weg nach Deutschland vergeben wurde, beschäftigt nicht nur den größten Einzelsportverband der Welt seit Jahren. Der "Spiegel" berichtet, dass das Gutachten eigentlich "auch der Öffentlichkeit vorgestellt" werden sollte, das DFB-Präsidium sich nun aber für Geheimhaltung entschieden habe. Nicht einmal Stichpunkte, nur die in der Causa Sommermärchen ermittelnde Staatsanwaltschaft Frankfurt solle ein Exemplar bekommen.

Der Kirch-Konzern des einstigen und inzwischen verstorbenen Medienmoguls Leo Kirch etwa habe nicht nur die Fernsehrechte für die WM-Turniere 2002 und 2006 erworben, sondern auch mehr als zehn Millionen "über Beraterverträge oder Freundschaftsspiele an Dritte zwecks Stimmensicherung gezahlt". Die Esecon-Prüfer werten demnach auch den Vertrag zwischen Franz Beckenbauer und dem korrupten und 2015 von der FIFA lebenslang gesperrten Funktionär Jack Warner über zehn Millionen Mark - abgeschlossen gerade einmal vier Tage vor der Abstimmung - als "stimmensichernde Maßnahme".

Die 6,7-Millionen-Euro-Frage bleibt ungelöst

Beckenbauer ist dem "Spiegel" zufolge eine zentrale Figur des Berichts, da er zu jener Zeit Chef des Bewerbungskomitees war, Präsident des FC Bayern München und Kommentator bei Premiere, einem Bezahlsender von Kirch. Der deutsche Rekordmeister sei dem Nachrichtenmagazin zufolge "für sportlich sinnlose Kicks in Thailand, Tunesien und auf Malta" eingespannt worden, um der deutschen Bewerbung zum Sieg zu verhelfen.

Offen bleibt allerdings wohl auch im Esecon-Bericht die Frage, was es mit den berühmt-berüchtigten 6,7 Millionen Euro auf sich hat, die 2002 unter Beteiligung von Beckenbauer an den katarischen Funktionär Mohamed Bin Hammam flossen. Beckenbauer, der dazu beharrlich schweigt, hatte zuvor ein Darlehen in eben jener Höhe vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus erhalten. Im April 2005 überwies der DFB dann wiederum 6,7 Millionen Euro über die FIFA an Louis-Dreyfus, offiziell für eine Gala zur WM 2006, die dann aber nie stattfand. Eine gerichtliche Aufarbeitung scheiterte im Frühling dieses Jahres an der Verjährung.

Der "Spiegel" berichtet, dass Beckenbauer, Bin Hammam, Warner und andere in die Geldflüsse involvierte Personen wie Günter Netzer oder der ehemalige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt nicht auf Anfragen reagiert hätten oder erklärten, nichts dazu sagen zu wollen. Der FC Bayern, heißt es weiter, sei aus Datenschutzgründen mit einer Veröffentlichung des Esecon-Berichts nicht einverstanden. (ntv.de/tsi/mli)