Er hat sich einfach nicht im Griff

Tennis-Rüpel Medvedev rastet erneut komplett aus

CINCINNATI, OH - AUGUST 21: Daniil Medvedev of Russia looks at the chair umpire after he has an accidental run-in with an on-court camera during the semifinal match on day 7 of the Western & Southern Open at the Lindner Family Tennis Center in Mason, Ohio on August 21, 2021. Photo by Shelley Lipton/Icon Sportswire TENNIS: AUG 21 Western & Southern Open Icon210821413
Kurz zuvor hatte Medvedev gegen die Kamera getreten.
Icon SMI, Imago Sportfotodienst

Daniil Medvedev liebt es zu provozieren. Der exzentrische Tennis-Spieler ist immer für einen kleineren oder größeren Eklat gut. Das zeigte der Russe erst neulich wieder beim ATP-Masters in Cincinnati, USA. Na klar, bei einem Halbfinale dieser Kategorie liegen die Nerven schon einmal blank. Doch Medvedev hatte sein Gemüt wieder einmal nicht im Griff. Eine Kamera störte den 25-jährigen Tennis-Profi so sehr, dass er kurzerhand ausrastete und die Technik um trat. Es war nicht das erste Mal, dass der Tennis-Rüpel Medvedev die Fassung verlor.

Badboy hat die Zuschauer gegen sich

Dass Daniil Medvedev zu den besten Tennisspielern der Welt gehört, ist unbestritten. Seine Spielweise: gewöhnungsbedürftig. Aber: Sein fast tollpatschig wirkendes, extrem flaches Spiel bringt immer wieder Top-Ten-Spieler zu Fall. Doch Medvedev hat auch eine andere Seite. Eine, die ihn selbst zu Fall bringen könnte auf dem Weg nach ganz oben. Er ist eigentlich ein introvertierter Mann, keiner, der mit großen Gefühlsausbrüchen oder langen Interview-Plaudereien für Aufsehen sorgt. Stattdessen zieht er mit seinen Entgleisungen die Aufmerksamkeit auf sich und bringt die Tennis-Fans immer wieder gegen sich auf.

Die Nummer zwei der ATP-Weltrangliste ist entsprechend mehr Badboy als Publikumsliebling. Schon 2016 gab es beim Challenger-Turnier in Savannah (USA) den ersten Eklat um den damals noch blutjungen Russen. Wegen angeblicher rassistischer Beleidigungen wurde er disqualifiziert. Er warf der Stuhlschiedsrichterin vor, aufgrund ihrer Hautfarbe nicht unparteiisch gewesen zu sein (Sie und sein Gegner waren beide dunkelhäutig). Im Nachhinein entschuldigte er sich.

Daniil Medvedev (RUS) TENNIS : Australian Open 2016 - 15/01/2017 VirginieBouyer/Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxFRAxITAxBEL

Daniil Medvedev RUS Tennis Australian Open 2016 15 01 2017 VirginieBouyer Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxFRAxITAxBEL
Medvedev hat sich oft nicht im Griff.
PanoramiC, Imago Sportfotodienst

Erneuter Eklat bei den US Open 2019

Ähnlich legendär sein Münzwurf von 2017: Beim prestigeträchtigen Rasenturnier in Wimbledon warf Medvedev nach einer Fünfsatzniederlage gegen Ruben Bemelmans dem Schiedsrichter Münzen vor den Stuhl und suggerierte damit die Bestechlichkeit des Unparteiischen. Medvedev wurde mit einer Geldstrafe belegt. Auch damals entschuldigte er sich. Doch es war nach der bis dato einmaligen Entgleisung 2016 das deutliche Signal: Er hat sein Temperament offenbar nicht im Griff.

Das stellte er bei den US Open 2019 dann erneut unter Beweis. Er spielte in New York sein bestes Tennis, zog souverän ins Finale ein und trotzdem rüpelte Medvedev vor sich hin. Erst zog er in seinem Drittrundenmatch gegen Feliciano Lopez einem Ballkind rüde ein Handtuch aus der Hand und kassierte dafür eine Verwarnung. Nicht Stopp-Signal genug. Denn dann warf er wütend seinen Schläger um sich und tippte sich mit dem Mittelfinger an den Schädel. Eine Provokation des Publikums, das ihn für die Balljungen-Aktion ausgepfiffen hatte. Fortan hatte der Russe die Zuschauer gegen sich.

Und auch hier entschuldigte sich Medvedev später. „Neben dem Platz bin ich eigentlich ein ruhiger Kerl“, sagte er damals im Interview, als würde er selbst seine Entgleisung nicht verstehen. „Ich würde nie auf jemanden sauer werden, egal, was er tut. Aber auf dem Platz werde ich schnell wütend“, so Medvedev weiter. „Ich will dann so sehr gewinnen, dass es manchmal eher schlecht für mich ist.“

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Es schien, als hätte er sich beruhigt ...

Ende 2020 schien es, als hätte sich Medvedev mittlerweile besser im Griff, wäre zu sich gekommen, erwachsener. Doch weit gefehlt. Im Januar 2021 attackierte er in Australien mit seinem Schläger aggressiv den Schiri-Stuhl und kassierte dafür auch eine harte Verurteilung von seinem Gegner Diego Schwartzman: „Er ist auf dem Platz sehr respektlos und macht Dinge, die er nicht tun sollte.“

Medvedev brüllte außerdem seinen Trainer bei den Australian Open derart offensiv an und forderte ihn zum Verlassen der Rod-Laver-Arena auf, dass sogar Boris Becker nur verdutzt kommentieren konnte: „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

Und auch im März zeigte sich in Rotterdam seine dunkle Seite bei Niederlagen: Immer wieder schleuderte Medvedev seinen Schläger fast selbstvergessen auf den Court. Und jetzt eben die Attacke auf die Kamera bei den Masters in Cincinnati.

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Medvedev muss oft kaputte Schläger aufsammeln.
Hasenkopf, Imago Sportfotodienst

Nur seine Ausraster können ihn stoppen

Medvedev polarisiert. Er ist nicht der Tennis-Profi von der Stange. Zieht mit seinem fantastischen Spiel zwar auch Tennis-Fans in seinen Bann, ist aber durch seine Ausraster nicht der größte Sympathieträger der ATP-Tour. Trotzdem: Seine Qualitäten auf dem Court sind unbestritten. Durch die Verletzungen von Roger Federer, Rafael Nadal und Dominic Thiem ist Medvedev als Nummer 2 der Welt hinter Novak Djokovic ein Anwärter auf den Titel bei den in der kommenden Woche beginnenden US-Open. Wenn ihm nicht wieder einer seiner eigenen Ausraster in die Quere kommt.