Das müsst ihr jetzt über Generationenkapital und Rentenniveau wissen

Ist das jetzt der große Renten-Wumms?

Alles neu bei der Rente?
Die Regierung will erstmals Milliarden für die Rente in den Aktienmarkt stecken. Mit den Erträgen sollen später die Beiträge stabilisiert werden. Arbeitsminister Hubertus Heil (51/SPD) und Finanzminister Christian Lindner (45/FDP) haben ein umfassendes neues Rentenpaket vorgestellt. Ist das eine gute Sache? Was muss ich jetzt wissen?
RTL.de ist jetzt auch bei WhatsApp - HIER direkt ausprobieren!

Das ist jetzt geplant

Rentenniveau und Generationenkapital sind die Schlagworte, mit denen die Bundesregierung das Vertrauen in die Verlässlichkeit der gesetzlichen Rentenversicherung stärken will. Dafür will sie gesetzlich bis zum Jahr 2039 und darüber hinaus ein Rentenniveau von 48 Prozent eines Durchschnittslohns garantieren. Das kostet mehr Geld. Daher steigt der Beitragssatz zur Rentenversicherung, den Beschäftigte und Arbeitgeber zahlen, in den 2030er-Jahren weitaus stärker als bisher angenommen - und zwar von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent eines Bruttolohns im Jahr 2035.

Um das, also einen weiteren Beitragsanstieg, zu verhindern, soll Geld an der Börse investiert werden. Aus Schulden des Bundes soll bis 2036 ein Kapitalstock von 200 Milliarden Euro angehäuft werden. Dieser soll durch Anlage etwa in Aktien und Fonds jährliche Ausschüttungen an die Rentenversicherung von zehn Milliarden Euro ermöglichen. Das wären 2045 1,25 Prozent der dann erwarteten Rentenausgaben von insgesamt 802 Milliarden Euro.

Warum macht die Regierung das?

Weil es immer mehr alte Menschen als junge gibt: Mit der Garantie für das Rentenniveau reagiert die Regierung auf den demografischen Wandel. Auf längere Sicht dürfte die Zahl der Rentner und Rentnerinnen stärker steigen als die Zahl der Beschäftigten, aus deren Beiträgen die Renten gezahlt werden. Nach Berechnungen der Bundesregierung könnte das Rentenniveau bereits 2027 erstmals unter 48 Prozent sinken.

Wird jetzt mit meiner Rente gezockt? Was ist, wenn es einen Crash am Aktienmarkt gibt?

Lindner und Heil betonen unisono: Gezockt wird mit dem Geld nicht – es geht um ein langfristiges Investment an der Börse. Auf der Seite des Finanzministeriums heißt es dazu: „Von den Chancen des Generationenkapitals profitieren die Rentenversicherten, das Risiko trägt der Bund.“ Und weiter heißt es: „Die diversifizierte Kapitalanlage, bei der nicht ‚alle Eier in einen Korb‘ gelegt werden, schützt vor dem Totalverlust des Kapitalstocks.“ Heißt: Auch wenn es gerade Kursschwankungen nach unten gibt, bedeutet das nicht, dass das Generationenkapital zahlungsunfähig wird. Eine Stiftung soll das Generationenkapital verwalten.

Muss ich mir jetzt über meine Rente keine Gedanken mehr machen und kann mich auf die staatliche verlassen?

Das wäre keine gute Herangehensweise. Die deutsche Altersvorsorge fußt auf drei Säulen, das betont Heil in diesem Zusammenhang auch noch mal: Die staatliche Rente, die betriebliche Altersvorsorge und die private Vorsorge. Rentenexperte Jan Scharpenberg von Finanztip rät im RTL-Interview: „Man sollte sich klarmachen, dass das Generationenkapital die Beitragszahler stärken und nicht die Renten erhöhen wird. Eine zusätzliche private Altersvorsorge bleibt auch mit Generationenkapital unerlässlich für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand.“

Er rät: „Dafür eignet sich besonders gut ein langfristiges Investment von mindestens 15 Jahren über einen Sparplan in einen weltweit anlegenden ETF. Das bietet neben vergleichsweise geringen Kosten und historisch betrachtet stabilen Renditen auch ein hohes Maß an Flexibilität. Dieses Investment sollte man mit einem Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto und Geld für mittelfristige Sparziele wie einen größeren Urlaub oder ein Auto auf dem Festgeldkonto abgesichert werden. Das sorgt auch dafür, dass man sich in schlechten Zeiten nicht an der Altersvorsorge vergreift und Schwankungen an der Börse aushalten kann.“

Hat meine Generation was von diesem Rentenpaket?

Dazu erklärt das Finanzministerium: „Das Generationenkapital leistet einen Beitrag für die Einhaltung des Generationenvertrags. Seine Erträge sollen ab Mitte der 2030er Jahre insbesondere die jüngere Generation der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler entlasten.“ Durch die Festschreibung des Rentenniveaus sollen sowohl die heutigen, als auch die zukünftigen Rentner profitieren, „weil ihre Renten dadurch höher ausfallen.“

Kann die Rechnung von dieser Rentenreform aufgehen?

Die Idee des Generationenkapitals wird vielerorts mit Skepsis betrachtet, da Schulden aufgenommen werden, um zu investieren - in der Erwartung, dass die Renditen die Zinszahlungen übersteigen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hält zwar viel davon, wenn die Altersvorsorge stärker kapitalgedeckt würde. Wenn es dabei aber weniger um private Altersvorsorge als um staatliche Schuldenaufnahme geht, hat IW-Experte Jochen Pimpertz Vorbehalte. In einer Beispielrechnung ging er jüngst von einer Rendite von drei Prozent für das Generationenkapital aus - bei einem Volumen von 200 Milliarden Euro wären das sechs Milliarden und keine zehn Milliarden Euro, wie von der Regierung angepeilt.

„Ob das Generationenkapital in der zweiten Hälfte der 2030er-Jahre für substanzielle Entlastung sorgen kann, steht in den Sternen,“ sagte Pimpertz Reuters. "Sichere Anlagen verringern die Renditemöglichkeiten. Aus Sicht des IW-Experten gibt die Regierung Rentnern ein Versorgungsversprechen auf Kosten deutlich steigender Beiträge: „Betroffen sind davon vor allem jüngere Arbeitnehmer, für die der Spielraum zu ergänzender Privatvorsorge immer enger wird. Die bleibt aber notwendig, weil die Rentenversicherung auch bei einem Sicherungsniveau von 48 Prozent keine Lebensstandardsicherung im Alter verspricht."

Aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes springt die Regierung mit ihren Vorschlägen zu kurz. Der Wohlfahrtsverband spricht von einer „Lindner-Rente“, weil die Aktienrente auf Druck der FDP in den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen aufgenommen wurde. Sie könne "allenfalls kosmetischen Charakter haben". Notwendig sei stattdessen eine Rentenversicherung, in die alle Erwerbstätige einzahlten, auch Beamte und Selbständige. (eku, mit reuters)

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews findet ihr hier in der Videoplaylist

Lese-Tipps:

Ihr müsst nicht alles zahlen! Was auf die Nebenkostenabrechnung darf - und was nicht

Nebenkostenabrechnung zu hoch? Was ihr jetzt tun könnt!

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Ihr liebt spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann seid ihr auf RTL+ genau richtig:

Crack - Die höllische Billigdroge breitet sich in Großstädten rasant aus. Konsumenten geraten in eine teuflische Spirale aus Sucht und Hoffnungslosigkeit. In Düsseldorf taucht RTL-Reporter Lutz-Philipp Harbaum tief in die Szene ein. Die ganze Dokumentation könnt ihr hier bei RTL+ sehen.

Außerdem gibt es dort noch spannende Dokus zu diesen Themen:

Die Lage in Israel eskaliert. Aber wie begann dieser Konflikt eigentlich? Eine informative Doku findet ihr jetzt auf RTL+.

Schaut euch die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“ an.

Oder: Die Umstände des mysteriösen Tods von Politiker Uwe Barschel werfen auch heute noch Fragen auf. Schaut auf RTL+ die vierteilige Doku-Serie „Barschel – Der rätselhafte Tod eines Spitzenpolitikers“.