Zahl der Sex-Partner, Alter der Spender und Co.Blut spenden wird für homosexuelle Männer leichter: Was sich für Blutspender sonst noch ändert!

Rolf Vennenbernd
Ein Mann spendet im DRK-Blutspendezentrum Blut. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
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Schwule können leichter Blutspenden!
Blutspender werden künftig nicht mehr nach ihrer sexuellen Orientierung befragt. Das sieht eine erneuerte Richtlinie der Bundesärztekammer vor, die ab Montag (4.September) in Kraft tritt.
Was Spender und Empfänger jetzt wissen müssen.

Neue Regeln gelten ab September 2023

Bisher durften schwule Männer nicht spenden, das haben die Verbände bisher als diskriminierend bewertet. Das soll sich nun ändern. Ob alles schon ab Montag klappt? Das hängt davon ab, wie schnell die Blutspendedienste auf einen neuen Fragebogen umstellen.

Was ändert sich jetzt konkret?

  • Um Diskriminierung zu verhindern, erfolgt die Risikobewertung von Blutspenden künftig unabhängig von der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität.

  • Wer spenden will, wird nun nicht mehr nach der sexuellen Orientierung, sondern nach der Anzahl der Sexualpartner und der Sexualpraxis befragt, wie Johannes Oldenburg, Arzt und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, der Deutschen Presse-Agentur erklärt.

  • Auch heterosexuelle Menschen müssen also künftig konkret Angaben zu ihrer Sexualpraxis machen. Dabei wird auch speziell nach Analsex gefragt.

  • Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben, fallen weg.

  • Außerdem entfällt die Regelung zur Rückstellung von Transmenschen, die Sex mit häufig wechselnden Partnern haben.

  • Zudem gibt es bisherige Altersgrenzen künftig nicht mehr. Auch Über-60-Jährige können damit in Zukunft als Erstspender zugelassen werden.

Wer darf künftig kein Blut spenden?

Zurückgestellt wird, wer „innerhalb der letzten vier Monate ein Sexualverhalten aufgewiesen hat, das ein deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt“.

Dazu gehört demnach etwa Sex mit insgesamt mehr als zwei Personen und Sex mit einer neuen Person, wenn dabei Analverkehr praktiziert wurde.

Ziel der Risikoanalyse ist es, die Übertragung einer Infektion auf den Empfänger einer Blutspende möglichst zu verhindern.

Welche Blutspende-Regeln galten bislang in Bezug auf das Sex-Leben?

Unabhängig von der Sexualpraxis galt bislang noch als risikoreich, wenn ein Mann innerhalb der letzten vier Monate Sex mit einem neuen Mann hatte.

Bei Sex zwischen Frau und Mann wurde hingegen für vier Monate nur zurückgestellt, wer „häufig wechselnde Partner/Partnerinnen“ hatte.

Wieso galten für homo- und bisexuelle Männer bislang andere Kriterien?

Laut Robert Koch-Instituts zeigen epidemiologische Daten, dass Sex unter Männern mit einem besonders hohen Übertragungsrisiko für verschiedene Infektionen einhergeht. Etwa zwei Drittel der jährlichen Neuinfektionen mit HIV fielen auf Männer, die Sex mit anderen Männern haben.

Auch bei Syphiliserkrankungen, bei denen der Infektionsweg bekannt sei, wurden dem RKI zufolge 85 Prozent aller Erkrankungen auf Sex unter Männern zurückgeführt (Stand: September 2021). Bis 2017 durften sie und Transmenschen deswegen nicht Blut spenden.

Welche Vorsichtsmaßnahmen gelten bei der Blutspende?

Waltraud Grubitzsch
Täglich werden rund 15.000 Blutspenden benötigt. Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa
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Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werden täglich 15.000 Blutspenden für Operationen, zur Versorgung von Unfallopfern und für die Behandlung schwerer Krankheiten benötigt.

Um eine sichere Versorgung zu garantieren, werden alle Blutspenden im Labor auf spezielle Infektionskrankheiten untersucht, etwa auf HIV, Syphilis und Hepatitis B, C und E.

Transfusionsmediziner Oldenburg zufolge wird die Spende etwa auch auf eine Infektion mit dem West-Nil-Virus überprüft. Allerdings könnten die Tests keine absolute Sicherheit geben, auch wenn sie äußert sensibel seien. Vor allem sehr neue Infektionen können erst nach einer gewissen Zeit im Blut nachgewiesen werden. Daher müssen Spendeninteressierte vor einer Spende einen umfangreichen Fragebogen zu ihrer Gesundheit ausfüllen und ein Arztgespräch führen.

Sind Blutprodukte auch mit der neuen Regelung noch sicher?

„An der Sicherheit der Blutprodukte ändert sich nichts“, versicherte Oldenburg. Das zeigen auch Erfahrungsberichte aus anderen Ländern, die ihren Fragenkatalog bereits entsprechend angepasst haben.

Auch wenn künftig nicht mehr explizit nach der sexuellen Orientierung gefragt werde, würden mögliche Risiken ebenso gut erfasst.

Auch über den Wegfall der Altersgrenze müssten potenzielle Blutspendenempfänger sich keine Sorgen machen. „Die Qualität des Blutes wird durch das Alter nicht beeinträchtigt.“

Die bisherige Regelung sei zum Schutz von Spendern eingerichtet worden, weil ältere Menschen zum Teil Kreislaufprobleme oder Bluthochdruck hätten. (dpa/eku)

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