Demenz bereits zwölf Jahre vor der Diagnose vorhersagbar

Probleme beim Sehen? Das kann auf Alzheimer hinweisen

Eine Seniorin schaut am 30.03.2015 in Bielefeld auf eine Karte mit unterschiedlich großen Zahlen. In einem evangelischen Krankenhaus in Bielefeld haben Ärzte einen speziellen Fahrtauglichkeitstest für Ältere entwickelt. Die Patienten sollen mit den Folgen nicht allein gelassen werden. Foto: Oliver Krato/dpa (zu KORR-Bericht: «Ich fahre einfach gerne Auto!» Fahrtauglichkeitstests für Senioren" am 20.04.2015) ++
Nachlassende Sehkraft kann auch ein Frühzeichen für eine Alzheimer-Demenz sein.
Oliver Krato, picture alliance, dpa

Trüber Blick, verschwommenes Sehen?

Oft wird das als normale Begleiterscheinung des Älterwerdens abgetan. Doch hinter diesen scheinbar harmlosen Augenleiden verbirgt sich vielleicht auch Alzheimer oder Demenz. Neue Forschungsergebnisse zeigen jetzt, dass bestimmte Sehprobleme nicht nur das Alter reflektieren, sondern auch ein frühes Warnsignal für eine tiefgreifende geistige Veränderung sein können.

Demenzrisiken bei Menschen besser erkennbar machen

Probleme beim Sehen können ein frühes Anzeichen eines kognitiven Verfalls sein. Das hat ein Forschungsteam anhand der Analyse der Daten von mehr als 8.000 gesunden Menschen herausgefunden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass ein Verlust der visuellen Sensibilität eine Demenz bereits zwölf Jahre vor der Diagnose vorhersagen kann. Die Forschenden gehen aufgrund ihrer Ergebnisse davon aus, dass visuelle Verarbeitungstests zusammen mit anderen neuropsychologischen Tests Demenzrisiken bei Menschen besser erkennbar machen als bisher.

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Für ihre Untersuchungen nutzte das Team um Eef Hogervorst von der britischen Loughborough University die Daten von insgesamt 8.623 Personen, die bei der EPIC-Norfolk-Studie dabei sind. EPIC ist die Abkürzung für „European Prospective Investigation into Cancer“. Von den ausgewählten 8.623 Personen im Alter von 48 bis 92 Jahren hatten zum Ende der Studie 537 Teilnehmende eine Demenz entwickelt.

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Amyloid-Plaques beeinträchtigen das Seh-Zentrum

Die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen mussten zunächst einen visuellen Test am Monitor absolvieren. Sie wurden gebeten, so schnell wie möglich einen Knopf zu drücken, sobald sich in einem Feld aus bewegenden Punkten ein Dreieck bildete.

Dabei wurde den Forschenden klar, dass Menschen, die später an Demenz erkranken, dieses Dreieck wesentlich langsamer auf dem Bildschirm erkennen als Menschen, die später frei von Demenz leben.

Dementsprechend könnten Sehprobleme schon früh auf eine spätere Demenz hinweisen, da die mit der Alzheimer-Krankheit verbundenen toxischen Amyloid-Plaques zunächst Bereiche des Gehirns beeinträchtigen könnten, die mit dem Sehvermögen in Verbindung stünden.

Die Teile des Gehirns, die mit dem Gedächtnis verbunden sind, würden mit fortschreitender Krankheit geschädigt, wird das Team in einer Mitteilung der Uni zitiert. Daher könnten Sehtests dieser Art Defizite feststellen, bevor Gedächtnistests dies tun.

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So beeinträchtigt die Alzheimer-Krankheit die visuelle Verarbeitung

Bei der visuellen Verarbeitung, die bei der Alzheimer-Krankheit beeinträchtigt ist, gibt es verschiedene Aspekte:

  • So kann beispielsweise die Fähigkeit, Umrisse von Objekten zu sehen, also die Kontrastempfindlichkeit oder zwischen bestimmten Farben zu unterscheiden, vermindert sein, ohne dass sich die Betroffenen dessen bewusst sind.

  • Bekannt ist bereits, dass die Fähigkeit, das sogenannte Blau-Grün-Spektrum zu sehen und zu differenzieren, bei Demenz schon früh beeinträchtigt ist.

  • Auch die Kontrolle der Augenbewegungen nimmt bei Menschen, die später Alzheimer bekommen, ab, ebenso die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen.

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Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Eye-Tracker müssen günstiger und benutzerfreundlicher werden

Die Forschenden, die in einer früheren Untersuchung den Zusammenhang zwischen Augenbewegungen und Gedächtnisleistung untersucht haben, sind sich sicher, dass in künftigen Untersuchungen die Frage, ob man durch Augenbewegungen das Alzheimer-Risiko beeinflussen kann, beantwortet werden kann.

Bis man Augenbewegungen oder visuelle Verarbeitungsgeschwindigkeiten als Werkzeug zur Klärung des Alzheimer-Risikos einsetzt, müssen jedoch sogenannte Eye-Tracker günstiger und benutzerfreundlicher sein.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht. (jaz/ija)

Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.de.