Eimersaufen im 90er-Comedy-StyleBallermann 6 auf RTL+: "Ich will Meer. Mehr Bier!"

1997 war die Ballermann-Welt auf Mallorca noch in Ordnung. Mit monatelangen Zwangsschließungen wegen einer globalen Pandemie hatten die Wirte damals noch nix am Hut. Auch vom „Layla“-Liederzoff hatte damals noch keiner was gehört – den Song gab’s schließlich auch lang noch nicht. In diese märchenhafte Sauf-Idylle von vor vielen Jahren entführen geneigte Comedy-Fans die Bommelmützenträger Tommi und Mario. Und haben mit dem Ende-der-90er-Streifen ein Nachschlagewerk für dumme Sprüche hinterlassen, das bis heute nachhallt.
Catchphrases und Kotz-Witze? Normal
Eimersaufen am Ballermann, „boah, schlürf, schlürf, schlürf“: Dieses ganz irdische Ziel verfolgt das prollige Duo in der Komödie. Wie der Gold-Topf am Ende eines Regenbogens lockt die verführerische Vorstellung feierischer Exzesse Tommi und Mario in eine neblige Odyssee voller Kotz-Witze, Rocker-Prügeleien und Kindisch-Blödeleien mit weniger Niveau als zwanzig Alkoholleichen im Malle-Hostel.
Ironisch zitiert der Film zu Beginn Goethes Faust, um sich dann am primitiv-bunten Ballermann-Treiben zu laben. Im Grunde betrachten Zuschauende hier die Spielfilmvariante eines altmodischen Sketches. Die waren in einem Comedy-Land vor unserer Zeit einst im TV gang und gäbe. Während Tom Gerhardt alias Tommi sein inzwischen kultiges Repertoire an Lauten und Phrasen – „normal“, „boah ey“ und Co – gebetsmühlenartig wiederholt, gibt Kollege Hilmi Sözer als Mario den lustigen Italiener. Seltsam genug, wenn man mal drüber nachdenkt. Immerhin hat der gute Mann deutsch-türkische Wurzeln. Aber gut, wie würde Tommi sagen? Egal, „normal“! Catchphrases, also oft wiederholte, ikonische Sprüche, sind als Comedy-Mittel heutzutage ohnehin nicht mehr gebräuchlich.

„Normal, ist ja Ballermann. Die sind ja immer voll besoffen“
Nachdem die beiden anfangs als (beruflich bedingte) Hasen-Kostümträger von Rockern verprügelt werden, eine Auszeit brauchen und per Schnäppchen-Flug auf Mallorca landen, fällt den beiden auf einmal auf: Nach einem Bierchen auf der Insel sind sie bereits komplett pleite! Treibendes Handlungsziel: Den Ballermann 6 finden, was sich für die nicht soooooo intelligenten Malle-Besucher dann als gar nicht so leicht erweisen soll.
Weil man zum Eimersaufen sowieso ja erstmal Kohle braucht, wird folglich – natürlich ohne Skills – gejobbt und ein Jet-Ski repariert. Das geht, voll normal, kräftig schief und gipfelt in einer chaotischen Boot-Szene, in der auch Parodie-Versionen von Claudia Schiffer und Magier David Copperfield eine Rolle spielen. Für das Debakel gibt’s natürlich dann aber leider keinen Zaster. Sowieso müssen die idiotischen Besucher den Ballermann 6 und die Eimersauf-Plätze erstmal finden. Schwierig! Von einem Schild lesen sie da an einer Stelle „Balearen“ ab, glauben, da habe jemand einfach nur den Ballermann falsch geschrieben. Denn: „Normal. Ist ja Ballermann. Die sind ja immer voll besoffen.“

Fritten aus der Mülltonne?
Viele der Gags sind stumpf, niveaulos, ja, manchmal auch mit der Ballermann-Brechstange erzwungen. Wenn etwa Tommi eine Strand-Schönheit fragt, welchen Preis sie für eine Massage bezahlen würde – er braucht schließlich Kohle – und sich dabei so ungeschickt ausdrückt, dass sie denkt, er wäre ein williger Freier und halte sie für eine leichte Dame. Obwohl der Humor weder intelligent noch sonderlich geschickt orchestriert ist, dürften sich zeitweise selbst kritische Menschen beim Kichern ertappen. Nix für den feinen Comedy-Gaumen, aber „besser als Fritten aus der Mülltonne“, wie’s im Film da mal heißt.
Klassische Komik-Muster werden erschöpfend bedient und schneller abgeackert, als deutsche Sauf-Touris auf Malle Eimer leeren: Körperkomik – Tommi torkelt mit Rettungsweste betrunken auf dem Hinflug durch den Flieger und kotzt alles voll –, Wortspiele, Versprecher, Missverständnisse, Fäkal-Humor, der Clash zweier entgegengesetzter Welten und Systeme – alles drin im filmischen Cocktail. Zum Aufeinanderprallen der Niveau-Ebenen kommt’s, als Tommi und Mario plötzlich mit der mallorquinischen High Society am Golfplatz chillen. Wie im Show-Klassiker „The Beverly Hillbillies“ treffen hier Prolls auf piekfeine Spießer – mit katastrophalen Konsequenzen und einer Katze, die wie in Stephen Kings „Pet Semetary“ von einem LKW plattgewalzt wird.

Tommi und Mario im gelobten (Sauf-)Land
Dass sich am Ende alles mehr oder weniger im chaotischen Wohlgefallen auflöst? Eigentlich so selbstverständlich wie ein Kater bei Trink-Touristen. Nach Irrungen und Wirrungen erreicht das Duo schließlich sein feuchtfröhliches Eldorado, den sagenumwobenen Ballermann 6.
Zu den Klängen des Trash-Klassikers „Eine Insel mit zwei Bergen“ von Dolls United wird da Eimer gesoffen, wohin man nur schaut, und Tommi und Mario resümieren erleichtert: „Endlich normale Leute.“ Ein Ausspruch übrigens, der auch es zu einem Songtitel der inzwischen aufgelösten Deutsch-Rap-Formation „Trailerpark“ geschafft hat. Dass die ein Ding für alles haben, was prollig und daneben wird? Logisch. Beziehungsweise: „Normal!“ (nos)


