Nach Tod von Laura DahlmeierMentalcoach erklärt, warum Sportler weniger Angst haben!

Yasin Seiwasser Intro.jpg
Yasin Seiwasser betreut unter anderem den SV Werder Bremen
Yasin Seiwasser/Privat

„Ich habe das Gefühl, dass ich die wahre Intensität vom Leben nur dann spüre, wenn ich gefordert bin.”
Diesen Satz sagt Laura Dahlmeier (31) im ZDF-Film über die zweifache Olympiasiegerin. Der Tod unserer Biathlon-Königin bewegt die gesamte Sportwelt. Zugleich ist es nicht das erste Mal, dass Ex-Sportlern ihre Leidenschaft zum Verhängnis wird. Im RTL-Interview erklärt Mentalcoach Yasin Seiwasser, warum Leistungssportler oft weniger Angst haben als andere Menschen.

Mentalcoach Yasin Seiwasser erklärt Sportlerpsyche

Seit 2021 arbeitet der Mentalcoach und Buchautor („Mental Shower – Stärke seinen Geist und fühle dich frei“) mit den Profis des SV Werder Bremen, hatte rückblickend sicher auch einen großen Anteil am sofortigen Wiederaufstieg der Norddeutschen. Seiwasser weiß ganz genau, wie Sport-Stars ticken. Wenngleich Fußballer natürlich nicht mit Einzelsportlern aus dem Wintersport oder auch dem Motorsport vergleichbar sind.

Dennoch gibt es einen Aspekt, der alle Sportler eint. Seiwasser erklärt: „Sportler haben weniger Angst als normale Menschen. Da sie über einen längeren Zeitraum schon mit Druckphasen und Versagensängsten umgehen und sich diesen auch immer wieder stellen müssen.“

Laura Dahlmeier starb beim Bergsteigen in Pakistan. (Archivbild)
Laura Dahlmeier ist beim Bergsteigen tödlich verunglückt
Hendrik Schmidt/dpa

Was er meint: Zwar haben Sportler immer Gegner, doch die größte Herausforderung ist, dass man „es vielleicht nicht schafft“ und versagt. Schon als Kind wollte Dahlmeier Biathletin werden. Damas ahnte niemand, dass die Frau aus Garmisch-Partenkirchen einmal Deutschlands erfolgreichste Athletin in ihrem Sport werden würde. Zweimal Gold bei den Olympischen Spielen – einmal Bronze. Sieben Weltmeisterschaften. 2019 beendet sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere – etwas, das übrigens nicht viele Sportler schaffen.

Video-Tipp: Trauer um Laura Dahlmeier

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Nervenkitzel im Extremsport kann zur Sucht werden

Seiwasser weiter: „Bekannt ist, dass Sportler, die über mehrere Jahre im Rampenlicht stehen und auf höchstem Niveau abliefern, in eine Art Suchtverhalten fallen können. Sie brauchen den gewissen Kick. Das ist fast wie eine Droge. Was man aber natürlich nicht verallgemeinern kann.” Was Sportler aus seiner Sicht wissen müssen: „Es gibt keine alltäglichen Momente. Wir leben immer im Hier und Jetzt. Darin besteht der Sinn des Lebens.”

Dahlmeier betonte immer, dass sie nie berühmt werden wollte, doch ganz ohne Sport und den wohl besonderen Nervenkitzel konnte sie auch nicht leben. Nach ihrer Biathlonkarriere widmete sie sich ihrer großen Leidenschaft, dem Bergsteigen. „Die einen brauchen weiter irgendwie diese Aufmerksamkeit, aber es gibt auch Sportler, die sich einfach weiter selbst spüren müssen, weil sie in ihrem Alltagsleben so was von sich selbst nicht mehr erfahren, nur noch in den Extremsituationen. Wenn das passiert, sind die Sportler in unsichtbare Handschellen geraten.“

Lese-Tipp: Dahlmeiers Seilpartnerin „Von dem Moment an hat sie sich auch nicht mehr bewegt“

In einem ZDF-Film sagte Dahlmeier über sich selbst: „Ich habe das Gefühl, dass ich die wahre Intensität vom Leben nur dann spüre, wenn ich gefordert bin. Wenn es zu entspannt ist und ich nicht gefordert bin, komme ich gar nicht so richtig bei mir an. Wenn ich wieder unten bin, kommt der Gedanke, was als Nächstes kommt. Ich finde das spannend.“

Baumgartner brauchte ebenfalls den Kick

Fakt ist: Damit ist sie absolut nicht alleine. Erst vor Kurzem starb Extremsportler Felix Baumgartner bei einem Fallschirmsprung. Formel 1-Legende Michael Schumacher suchte sich nach seiner Formel 1-Karriere mit dem Skifahren ebenfalls noch mal ein rasantes Hobby. 2013 verunglückte er in Meribel schwer. Schumacher dient zugleich als gutes Beispiel dafür, dass manche Sportler von ihrem Kick nicht genug bekommen. 2006 trat Schumi nach einer wenig erfolgreichen Saison bei Ferrari zurück. Nur vier Jahre später kehrte er als Mercedes-Pilot zurück.

Seiwasser war selbst MMA-Kämpfer, er erzählt: „Ich habe immer wieder gehört, dass Sportler gesagt haben, dass sie süchtig geworden sind.“ Dabei geht es ihnen vor allem um den Beifall der Fans. „Sie konnten sich gar nicht vorstellen, ohne den zu leben. So kommt es zum Beispiel auch immer wieder zu Box-Comebacks. Diese Menschen müssen sich selbst etwas beweisen.“ Ein solches Comeback hatte Dahlmeier nie geplant und dennoch wollte sie sich etwas beweisen. Vor allem ihre Leidenschaft leben.

Eine Leidenschaft, die zu ihrem Schicksal wurde...