Verrückte Bewerbungsgespräche

„Was machen Sie, wenn alle denken, Sie können nichts, weil Sie eine Frau sind?”

Im Vorstellungsgespräch ist es verboten, nach einer Schwangerschaft zu fragen - aber daran halten sich offenbar noch immer nicht alle Personaler.
Im Vorstellungsgespräch ist es unzulässig, nach einer Schwangerschaft zu fragen - aber daran halten sich offenbar noch immer nicht alle Personaler.
Getty

Achtung, es wird dreist.

„Erzählen Sie etwas über sich”, „was würden Ihre Kollegen über Sie sagen?”, „warum sollten wir Sie einstellen?” - wer schon einmal in einem Vorstellungsgespräch gesessen hat, kennt diese Fragen. Schließlich möchte der Arbeitgeber wissen, wen er sich da ins Haus holt. Doch auch umgekehrt bietet der Anlass eine hervorragende Gelegenheit, einen Eindruck vom zukünftigen Chef zu bekommen. Und der reicht manchmal schon, um zu wissen: Ich bin raus!

Im Zweifel bitte den Kopf hinhalten

Genau so ging es der Reddit-Userin IcdLatteHafermilch. „Ich bin gerade auf Jobsuche und hatte letzte Woche ein wirklich absurdes Bewerbungsgespräch, das ich erstmal verarbeiten muss”, schrieb sie in dem sozialen Netzwerk. Der Chef des Unternehmens und ein Manager hätten darin unter anderem gesagt: „ob Sie schwanger sind oder bald heiraten, darf ich jetzt nicht fragen”, „Sie sind bestimmt nur über Ihren Papa an ihr duales Studium gekommen” und „ich suche jemanden, der sich dem Online-Marketing voll und ganz annimmt und im Zweifel seinen Kopf hinhält”. Sie gab an, dankend abgelehnt zu haben.

Inwiefern diese Äußerungen tatsächlich so gefallen sind, lässt sich nicht überprüfen. Fest steht jedoch, dass sich Personaler und Chefs nicht immer so professionell verhalten, wie man es erwarten dürfte. Auf Nachfrage der Verfasserin, welche verrückten Erfahrungen andere Reddit-Nutzer in Bewerbungsgesprächen gemacht hätten, kommen jedenfalls gleich mehrere Antworten.

100 Prozent HomeOffice - zumindest fast

Der Nutzer FeelingSurprise gab an, sich auf eine 100%-remote Entwicklerposition beworben zu haben - dementsprechend hätte er von zu Hause aus arbeiten dürfen. Nachdem das Gespräch perfekt verlaufen war, habe der IT-Leiter gefragt, ob der Bewerber denn schon eine Wohnung in Aussicht hätte. Etwas perplex habe FeelingSurprise geantwortet, dass er nicht vorhabe umzuziehen oder gar mehrmals die Woche ins Büro zu kommen. „Wir haben dann noch die Personalerin in den Call geholt”, schreibt er. Sie habe bestätigt, dass die Stelle als 100 Prozent remote ausgeschrieben wäre. „Aber gemeint hätte sie damit nur den Bewerbungsprozess”, heißt es weiter. Natürlich gäbe es im Unternehmen in Ausnahmefällen die Möglichkeit zum HomeOffice, aber ganz bestimmt nicht dauerhaft. „Wir sind daraufhin gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass das Gespräch dann wohl verschwendete Zeit war.”

Hinterher habe der IT-Leiter sich noch einmal gemeldet und mitgeteilt, die Entschuldigung der Personalerin sei gewesen, dass sich ansonsten niemand bewerbe würde.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

„Ich vögel seit mehreren Jahren”

Eine andere Erfahrung machte Userin Cruexi, die angab, sich als Industriemechanikerin beworben zu haben. Während des Gesprächs habe sie zu hören bekommen: „Wie alts sind Sie jetzt? 22? Dann werden Sie ja sicher bald schwanger!” Ihre Antwort: „Sehr geehrter Herr XY, ich vögel seit mehreren Jahren, und ich habe es erfolgreich geschafft, nicht schwanger zu werden.” Stille.

Eine ähnliche frauenfeindliche Erfahrung machte CassisBerlin bei ihrer ersten Bewerbung als Programmiererin. Der Abteilungsleiter habe demnach gefragt: „Und was machen Sie, wenn alle denken, Sie können nichts, weil Sie eine Frau sind?” Obwohl noch eine andere Abteilungsleiterin und jemand aus der Personalabteilung bei dem Gespräch dabei waren, habe keiner von ihnen etwas gesagt. Heute hätte sie das nicht mehr so hingenommen, schreibt die Userin.

Bewerbungsmappe und Bier? Läuft!

Dass es aber auch anders geht, zeigt die Antwort von Fabulous_Flounder561. Er sei spontan zum Heim gefahren, um seine Bewerbungsmappe abzugeben. Als der Heimleiter ihn sah, lud er ihn auf den Balkon ein. „Er hat nur kurz rudimentär Fragen gestellt und dann zwei Flaschen Bier geholt dann haben wir zusammen Bier getrunken und er hat von seiner Anfangszeit und so vom Betrieb gesprochen”, schreibt der Nutzer. Er sei noch am selben Abend eingestellt worden. „Als Azubi rückblickend einer der besten Chefs, die ich je hatte und einfach ein lockerer Typ, der sich für keine Arbeit oder mühe zu schade war.”

Unzulässige Frage im Vorstellungsgespräch: Und jetzt?

Fragen nach einer Schwangerschaft sind in Vorstellungsgesprächen genauso unzulässig wie Fragen zum Religionsbekenntnis, zur Weltanschauung und zur sexuellen Orientierung. Auch nach dem Familienstand, einer Partnerschaft oder einer Heirat hat sich der potenzielle Arbeitgeber nicht zu erkundigen, ebenso nicht nach den Vermögensverhältnissen.

Wie immer gibt es aber Ausnahmen: Müssen im Betrieb zum Beispiel schwere Waren geschleppt werden, muss der Arbeitgeber von einer Schwangerschaft wissen - denn das Tragen schwerer Lasten ist für Schwangere tabu. Ebenso darf sich die Kirche bei Bewerbern nach ihrer Konfession erkundigen, weil diese für den Beruf relevant ist.

Zunächst empfiehlt es sich also, ruhig zu bleiben und sich mit der Frage auseinanderzusetzen. Schließlich kann es vorkommen, dass die Information für die Stelle von Bedeutung ist und ein Ausnahmefall vorliegt. Wer das ausschließen kann, hat Stepstone zufolge mehrere Möglichkeiten.

  1. Den Gesprächspartner auf den Fehler aufmerksam machen und sich erkundigen, inwiefern die Frage für die ausgeschriebene Tätigkeit relevant ist.

  2. Die Antwort verweigern.

  3. Das Recht zur Lüge.

Es ist hilfreich, sich bereits vor dem Gespräch zu überlegen, welche Fragen unzulässig sind und wie man damit umgehen möchte. Dann kann man auch im Gespräch souverän reagieren.