Dank gegenseitiger Unterstützung - und einer Ehefrau
Rettungschancen bei Null: Wie vier Kroatien-Urlauber einen Mega-Sturm überleben

Einer ruft seine Frau an, einer läuft über messerscharfe Klippen, zwei schwimmen um ihr Leben – so überleben vier Männer den Kampf gegen den Tod.
Je mehr über das „Wunder von Pag“ bekannt wird, desto sprachloser macht die Tatsache, dass diese vier Männer noch leben! Kevin (38), Philipp (37), Johannes (56) und Enrico (32) geraten am 24. Juni auf offenem Meer in einen Mega-Sturm. Sie überleben nur knapp – weil alle vier über sich hinauswachsen!
Todeskampf im Meer: Zwei Freunde schildern die dramatischen Stunden nach dem Bootsunglück
Alltäglich ist noch nichts bei den vier Freunden. Kein Wunder: Vor einer Woche wären sie fast gestorben. Jetzt sind Kevin und Enrico so weit, über ihre unglaubliche Rettung sprechen zu können. „Es gibt keine Worte, die beschreiben können, wie glücklich wir sind, am Leben zu sein“, sagt Kevin K..
Mit der „Hermine“ – dem Boot von Johannes – machen die Vier an ihrem zweiten Urlaubstag einen Ausflug auf die kroatische Insel Pag. Gegen 22 Uhr wollen sie zurück – da versagt plötzlich der Motor ihres Bootes. Ein Ufer ist noch lange nicht in Sicht. Dann der Schock: Aus dem Nichts zieht ein heftiger Sturm auf, das Boot läuft voll Wasser. Kevin ruft mit seinem Handy noch den Notruf. Doch weil es so laut gewesen sei, habe er sich nicht verständigen können.
Lesen Sie auch: Urlaub in Kroatien: 5 Gründe, warum Deutsche das Land lieben
Philipp und Kevin springen aus lauter Verzweiflung ins Meer, schwimmen in der stürmischen See um ihr Leben. Johannes und Enrico bleiben im Boot. Keine Hilfe ist in Sicht. Kilometer voneinander entfernt fragen sie sich, ob die anderen tot sind – und ob sie je gefunden werden. So schildern Kevin und Enrico die schrecklichen Stunden nach dem Unglück.
Das Boot treibt gegen die Klippen
Irgendwann treibt der Sturm das Boot gegen die Klippen, erzählt Enrico. Ihm und Johannes gelingt es, sich an den messerscharfen Felsen festzuhalten. Jeder Schritt sei unerträglich gewesen. Dieser Teil der Insel ist unbewohnt. „Johannes lief los, um Hilfe zu holen“, erzählt Enrico. Er selbst habe stundenlang allein in der Sonne gelegen, überzeugt, dass Johannes es nicht über die Felsen schaffen würde und seine anderen Freunde längst tot seien. Sein ganzer Körper habe geschmerzt, er sei unendlich durstig gewesen.
Auch Kevin erinnert sich noch gut an das Martyrium: Er und Philipp kämpfen sich mehrere Stunden durch das Wasser, bis sie Land erreichten. Völlig entkräftet und wenig hoffnungsvoll habe er nach seinem Handy gegriffen und festgestellt: Es funktioniert noch!

Rettender Anruf: Seine Frau konnte Kevin (38) im Nirgendwo aufspüren
Um die zwölf Prozent Akkuleistung habe er zu diesem Zeitpunkt noch gehabt, sagt Kevin. Sofort ruft der 38-Jährige seine Frau Melanie an, die nichtsahnend im bayrischen Gollhofen sitzt. Er habe nur gesagt: „Stelle keine Fragen, orte mein Handy und hole Hilfe“. Trotzdem gibt er sich langsam auf. Kevin habe seinen eigenen Urin getrunken, um nicht zu verdursten, hatte er der Bild-Zeitung kurz nach dem Unglück erzählt.
Johannes erreicht derweil nach qualvollen Stunden Fußmarsch ein Ferienhaus. Die Besitzer bringen den 56-Jährigen zur Polizei, die Hilfe für Enrico losschickt. Doch wo Kevin und Philipp sind, weiß Johannes zu diesem Zeitpunkt nicht.

Handy der Ehefrau empfängt den Standort - Rettung naht!
Was Kevin wiederum zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Tatsächlich kann seine Frau Melanie seinen Standort dank einer Ortungsapp herausfinden. Sie gibt die Koordinaten der Polizei Mittelfranken durch, die widerum melden sie den kroatischen Kollegen. Dadurch können die Rettungsteams ihn und Philipp rechtzeitig finden.
Gegen 16 Uhr kann dann auch der entkräftete Enrico gefunden werden. Die roten T-Shirts der Retter aus der Fernse zu sehen, „war ein unfassbares Glück“, so Enrico.
Nach 14 Stunden voller Schmerzen und Todesangst sehen die vier Freunde sich alle wieder – im Krankenhaus. Für Kevin und Enrico ein unbeschreiblicher Moment. „Die Chance uns zu retten, haben die kroatischen Behörden bei Null gesehen“, sagen sie. Die Freunde hätten sich vor allem gegenseitig am Leben gehalten, sich immer wieder Mut zugesprochen.
Ihre Wunden sind noch sichtbar: unzählige Schnittverletzungen, Brandblasen. Aber sie heilen gut. Die Vier wollen jetzt erstmal zur Ruhe kommen. „Wir haben alle die Hölle durchgemacht“, sagt Kevin. Im nächsten Jahr feiern sie einen zweiten Geburtstag, das sei fest geplant. In Kroatien, mit ihren Familien und ihren Rettern.