Wie kann ich mein Kind vor Missbrauch schützen?

Wie kann ich mein Kind vor Missbrauch schützen?
Sexueller Missbrauch: Wie kann ich mein Kind schützen?

Kinder vor Missbrauch schützen

Die meisten von uns kennen diese Sätze von ihren Eltern: "Sei nicht so ungezogen", "Jetzt gib Tante Helga schon ein Küsschen" oder "Ist doch nichts dabei, wenn du bei Onkel Horst auf dem Schoß sitzt, der hat dich doch lieb." - Kinder, denen solche Worte regelmäßig vorgebetet wurden, werden sehr leicht Opfer von sexueller Gewalt und Missbrauch. Obwohl sich die Erziehungsmethoden langsam wandeln, gibt es immer noch viele Eltern, die unsicher sind, wenn sich ihr Kind den eigenen Freunden und Verwandten gegenüber "bockig" verhält.

Wo fängt sexueller Missbrauch an?

Doch wo fängt sexueller Missbrauch an? Denn gemeinsames Baden, knuddeln, kuscheln und küssen gehören zu einer liebevollen Erziehung dazu. Aber ab wann spricht man von sexueller Gewalt gegen Kinder? Das 'Bündnis für Kinder' liefert hierzu eine treffende Definition: "Sexueller Missbrauch ist Gewalt gegen Kinder. Es handelt sich um eine bewusst geplante, oft sorgfältig vorbereitete Tat." Weiter heißt es "Die Anwendung von körperlicher Gewalt oder Zwang ist nicht notwendige Vorraussetung, um von sexueller Gewalt zu sprechen. Ein Kind gibt zu sexuellen Handlungen nie sein Einverständnis."

Die Dunkelziffer liegt hoch

Jedes Jahr werden rund 20.000 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern zur Anzeige gebracht. Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher. Schätzungsweise ist in Deutschland jedes 4. bis 5. Mädchen und jeder 9. bis 10. Junge bereits Opfer sexueller Übergriffe geworden. Angezeigt werden vor allem Fälle, in denen der Täter ein Unbekannter ist. Missbrauchsfälle innerhalb der eigenen Familie oder im nahen sozialen Umfeld des Kindes bleiben meist im Verborgenen. Besonders erschreckend: Missbrauch von Kleinkindern und Säuglingen bleibt fast immer unentdeckt.

Das liegt nicht etwa daran, dass niemand davon Notiz nimmt. Doch meist ist die Scham über die eigene Verwandtschaft so groß, dass die Taten lieber verdrängt und totgeschwiegen als angezeigt werden. Aber es gibt Möglichkeiten, die eigenen Kinder vor solchen Übergriffen zu schützen. Der Schlüssel dazu heißt: Selbstbewusstsein. Denn nur Kinder, denen es zu Hause erlaubt ist, eigene Grenzen zu setzen, sind auch vor Fremden in der Lage, diese klar abzustecken und zu verteidigen.

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So schützen Sie Ihr Kind vor Übergriffen

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picture-alliance / Markus C. Hur, Markus C. Hurek
  • Kinder mit eigenem Willen sind oft anstrengender, als angepasste Kinder. Auch für fremde Personen - das macht sie zu weniger leichten Opfern. Deshalb sollten Sie sich selbst immer wieder beobachten: Nehme ich mein Kind ernst? Ist es mir vielleicht peinlich, wenn es ablehnend auf meine Freunde oder liebe Verwandte reagiert? Schämen Sie sich nicht, wenn Ihr Kind nicht auf den Schoß von Onkel Horst möchte.
  • Bestärken Sie es lieber in seiner Entscheidung und bitten Sie den Onkel um Verständnis - aber ja nicht mit einer Entschuldigung. Ihr Kind muss wissen, dass es seinen Entscheidungen vertrauen darf. Kommentare wie "Jetzt stell dich nicht so an" oder "Der Onkel würde sich aber so freuen" setzen das Kind unter Druck und erziehen es dazu, brav hinzunehmen, was Erwachsene von ihm erwarten.
  • Sie sollten ihrem Sohn oder ihrer Tochter regelmäßig die Möglichkeit geben, mit Ihnen zu reden. Zum Beispiel abends vor dem Zubettgehen. Hören Sie Ihrem Kind dabei aufmerksam zu. Versuchen Sie nicht, Dinge umzudeuten, sondern bestärken Sie es, der eigenen Wahrnehmung zu vertrauen.
  • Vor allem kleine Kinder werden gerne ungefragt geküsst und umarmt, ohne dass Erwachsene eindeutigen Signalen von Ablehnung ihre Aufmerksamkeit schenken. Wenn sich ein Kind wegdreht, wegläuft oder wehrt, sollte es nicht gezwungen werden, die körperliche Nähe zu erdulden. Kinder wissen genau, was ihnen gut tut und welche Art der Nähe sie mögen oder auch nicht. Akzeptieren sie ein 'Nein' und überreden Sie es nicht, sein Verhalten zu ändern, um jemand anderem einen Gefallen zu tun. Küsschen auf Kommando ist was für die Hundeerziehung - und wird selbst da kritisch gesehen.
  • Kinder sollten den Unterschied zwischen guten und schlechten Geheimnissen erkennen können. Erklären Sie ihm, dass gute Geheimnisse Freude machen und etwas Spannendes sind. Schlechte Geheimnisse machen Angst und fühlen sich bedrückend an. Ermutigen Sie Ihr Kind, schlechte Geheimnisse zu erzählen, auch wenn ein Erwachsener es verboten hat. Machen Sie ihm klar, dass das nichts mit Petzen oder Verrat zu tun hat.
  • Kinder wissen nicht, was sexuelle Handlungen sein können. Dementsprechend fällt es ihnen schwer, diese zu erkennen und sich gegebenenfalls dagegen zu wehren. Aufklärung kann ihr Kind schützen. Hilfe und Unterstützung zu altersgerechter Aufklärung finden Sie in entsprechenden Aufklärungs(bilder)büchern.

Was tun bei konkretem Verdacht?

Die Erfahrung sexueller Gewalt ist ein sehr einschneidendes Erlebnis für Kinder. Die Folge ist häufig eine mehr oder weniger drastische Verhaltensänderung, für die sich keine richtige Erklärung finden lässt. In den seltensten Fällen sprechen Kinder direkt über diese schreckliche Erfahrung. Trotzdem senden Sie unterschwellige Signale. "Onkel Horst ist doof" oder "Ich will nicht mehr zur Nachbarin gehen" sollten Sie zumindest veranlassen nachzufragen, warum der Onkel denn doof ist oder ob bei der Nachbarin was vorgefallen ist. Auch wenn Kinder gar nichts sagen: Wenn Sie plötzlich Anzeichen von Rückzug, Traurigkeit, Unruhe oder Aggression feststellen ohne, dass dafür ein ersichtlicher Grund vorliegt, sollten Sie genauer hinsehen.

Signalisieren Sie unbedingt, dass Sie Ihrem Kind glauben, wenn es von sexuellen Übergriffen erzählt und versichern Sie, dass niemand so etwas machen darf. Haben Sie bei einem Kind (dem eigenen oder einem, das Sie kennen) den Verdacht, dass es Opfer von sexueller Gewalt wurde, bedrängen sie es nicht mit Fragen. Vermeiden Sie alles, was den Eindruck hinterlassen könnte, das Kind ist selber schuld am Geschehenen. Sollten Sie den Täter oder die Täterin kennen, stellen Sie ihn nicht selber zur Rede - er oder sie wird es ohnehin abstreiten. Sammeln Sie Beweise und suchen Sie in jedem Fall professionelle Beratung.

(Quelle: Bündnis für Kinder)