Video sorgt für DiskussionenKadyrows Sohn verprügelt Mann – und wird vom Vater gelobt

ARCHIV - 10.05.2019, Russland, Grosny: Tschetscheniens regionaler Führer Ramsan Kadyrow, Republikchef von Tschetschenien, spricht während eines Treffens. (zu "Prügelvideo von Kadyrows Sohn ruft in Russland Diskussionen hervor") Foto: Musa Sadulayev/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ramsan Kadyrow - gefürchteter Tschetschenien-Anführer lobt seinen Sohn dafür, dass er einen Mann verprügelt hat.
AZ jai htf, dpa, Musa Sadulayev
von Dimitri Blinski

Wie kann man darauf auch noch stolz sein?
Brutale Fußtritte ins Gesicht, Schläge und schließlich wirft der Angreifer den Mann auf den Boden. Diese Szenen sind auf einem sechs Sekunden langen Video zu sehen, das Tschetscheniens Machthaber Kadyrow bei Telegram veröffentlicht. Darin lobt er den Angreifer – seinen Sohn Adam Kadyrow (15) für seine Tat.

15-jähriger Sohn verprügelt 19-Jährigen, der einen Koran verbrannt hat

Ein vom tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow (46) veröffentlichtes Video,das zeigt, wie sein 15-jähriger Sohn einen wehrlosen Mann verprügelt, hat in Russland für heftige Diskussionen gesorgt. Er sei stolz auf seinen Sohn, kommentierte der Tschetschenenführer selbst das Video von Adam Kadyrow.

Beim Opfer soll es sich um einen 19-Jährigen handeln, der im Mai wegen einer öffentlichen Koran-Verbrennung festgenommen und später in die mehrheitlich von Muslimen bewohnte russische Teilrepublik Tschetschenien verlegt worden war.

Der russischen Menschenrechtsbeauftragten Tatjana Moskalkowa zufolge hatte der Mann bereits im August Anzeige wegen der Misshandlung erstattet. Eine Koran-Verbrennung sei zwar eine „sozial gefährliche Handlung, die die religiösen Gefühle von Millionen Gläubigen“ verletze, trotzdem dürfe nur ein Gericht den Mann bestrafen, schrieb Moskalkowa nach der Veröffentlichung des Videos auf Telegram.

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Ekaterina Vanslova: „Die einheimische Bevölkerung wird terrorisiert"

Ekaterina Vanslova / Nichtregierungsorganisation "Team gegen Folter"
„Mit dem Präsidenten Ramsan Kadyrow gab es auch eine neue Ordnung in der Republik Tschetschenien", sagt Ekaterina Vanslova im Interview mit RTL/ntv.
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Bürgerrechtler werfen Kadyrow und der Führung in Tschetschenien seit Jahren schwere Menschenrechtsverletzungen wie Verschleppung, Folter und Mord vor.

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„Mit dem Präsidenten Ramsan Kadyrow gab es auch eine neue Ordnung in der Republik Tschetschenien, das bedeutet: Die einheimische Bevölkerung wird terrorisiert und das mit viel Gewalt“, sagt Ekaterina Vanslova von der Nichtregierungsorganisation "Team gegen Folter" im RTL/ntv-Interview.

Sie kämpft für Menschen, die in Tschetschenien gefoltert werden. „Allein im ersten Halbjahr 2023 haben wir neun Beschwerden dazu bekommen, dass Menschen in Kellern festgehalten werden. In Tschetschenien existieren auch weiterhin geheime Gefängnisse. Dort werden Menschen lange festgehalten, unter unerträglichen Umständen“, erklärt Vanslova.

In Tschetschenien selbst gab es keine Kritik am Video

Menschenrechtler fordern, dass der zusammengeschlagene Mann nun schnell aus Tschetschenien verlegt wird. Derzeit ist der Häftling allerdings laut der russischen Zeitung Kommersant ohne Rechtsbeistand. Sein Anwalt Alexander Serebrenikow habe das Mandat niedergelegt. Dabei soll Serebrenikow sich auch geweigert haben, das Misshandlungsvideo anzusehen, um die Identität des Opfers zu belegen.

In Tschetschenien selbst gab es keine Kritik am Video. So bezeichnete Kadyrows Cousin Adam Delimchanow, Abgeordneter des russischen Parlaments, die Misshandlungen als „ein würdiges Beispiel für Gleichaltrige“.

Olga Sadowskaja über das Verhältnis von Kreml und Kadyrow: „Ich glaube, dass die Regierung Angst vor ihm hat"

Menschenrechtsanwältin Olga Sadowskaja
Menschenrechtsanwältin Olga Sadowskaja über das Verhältnis Kreml und Kadyrow: "Und ich glaube auch, dass die Regierung Angst vor ihm hat"
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Nach Einschätzung der BBC mit Berufung auf russische Fachjuristen werden im Video mindestens neun russische Gesetze gebrochen, sowie die russische Verfassung und die internationale Konvention gegen Folter mit Füßen getreten.

Doch Russland selbst greift nicht ein, auch weil Moskau Ramsan Kadyrow kaum kontrollieren kann. „Ich glaube nicht, dass die russische Regierung glücklich ist, ein solches Oberhaupt einer Region zu haben wie Kadyrow. Und ich glaube auch, dass die Regierung Angst vor ihm hat“, sagt Olga Sadowskaja, eine Menschenrechtsanwältin mit vielen Kontakten nach Tschetschenien im RTL/ntv-Interview.

Sie meint, „sollte mit Kadyrow etwas passieren, wird die Macht nicht an eine Person aus der Region, sondern an jemanden außerhalb der Region übertragen. Das hätte den Vorteil, dass Moskau Tschetschenien genauso gut kontrollieren könnte, wie die andere Regionen Russlands auch.“

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