27. Juli 2018 - 21:18 Uhr
Zwölfjähriger mit Behinderung verfasst seine Biografie
Jonathan Bryan aus Wiltshire in Südengland ist mit einer schweren Zerebralparese geboren worden. Er wird künstlich beatmet, kann nicht sprechen und hat keine Kontrolle über seinen Körper. Dennoch hat der Zwölfjährige nun ein Buch verfasst – allein mit der Bewegung seiner Augen.
Schwere Hirnschädigung bei der Geburt

Eine lange Zeit im Leben von Jonathan sah es so aus, als wäre von ihm keine große Entwicklung zu erwarten. Während seiner Schwangerschaft hatte seine Mutter Chantal einen schweren Autounfall. Per Notkaiserschnitt überlebte der Junge nur sehr knapp. Die Folge: infantile Zerebralparese, also eine frühkindliche Hirnschädigung, bei der das Zusammenspiel von Gehirn, Nerven und Muskeln beeinträchtigt wird. Die Symptome sind je nach Schwere der Parese unterschiedlich stark ausgeprägt; typisch sind Bewegungsstörungen, Spastiken und Lähmungen.
Ärzte hielten Fall für aussichtslos

In Jonathans Fall prognostizierten die Ärzte, dass er niemals laufen, sprechen oder essen lernen, vielleicht sogar seine eigenen Eltern nicht erkennen würde - charakteristische Merkmale des sogenannten "Locked-in-Syndroms". Tatsächlich konnten Chantal und Christopher Bryan das Befinden ihres Sohns lange Zeit nur durch seine Grimassen oder ein Lächeln deuten. Doch als er sieben Jahre alt war, geschah etwas Unglaubliches: Mithilfe eines sogenannten E-Tran-Rahmens lernte er in weniger als eineinhalb Jahren zu lesen und zu kommunizieren.

"Ich kann nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, zum ersten Mal mit seinem Kind sprechen zu können", berichtet Mutter Chantal dem britischen "Mirror" bewegt. Über eine Plexiglasplatte mit Buchstaben und einem Farbcode kann Jonathan durch die Bewegung seiner Augen Sätze bilden, die sein jeweiliger Assistent für ihn übersetzt. Und schnell wurde klar: Dieser Junge hat ein untrügliches Gespür für Sprache.
Jonathans Traum: Jedes Kind soll lesen und schreiben lernen

Anfang Juli erschien nun Jonathans Autobiografie mit dem Titel "Eye can write", einem Wortspiel aus "Eye" für "Auge" und "I can write" – "Ich kann schreiben". Darin beschreibt er seine ungewöhnliche Geschichte zunächst aus der Perspektive seiner Mutter, dann aus seiner eigenen. Zuvor hatte das literarische Talent, das unter "Eye can talk" seinen eigenen Blog führt, bereits von den englischen Prinzen William und Harry den ersten "Diana Legacy Award" verliehen bekommen.
Im "Mirror"-Interview erzählt er: "Früher fühlte ich mich wie ein Vogel im Käfig – jetzt ist es fantastisch. Ich kann meiner Familie und meinen Freunden sagen, dass ich sie liebe". Doch mit Nachdruck fügt er hinzu: "Mein Traum ist, dass jedes Kind, das so ist wie ich, Lesen und Schreiben beigebracht bekommt". Denn in seiner damaligen Sonderschule und ohne den Einsatz seiner Eltern hätte Jonathan diese wundervolle Erfahrung niemals gemacht.