Netz-Hype um "Slap Fighting"

Ist DAS noch Sport? Ärzte toben wegen irrem Ohrfeigen-Spektakel

Hier geben sich Muskelmänner krachende Schellen Ist DAS noch Sport?
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Ist DAS noch Sport?
Hier geben sich Muskelmänner krachende Schellen

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von Kai Ziemen und Emmanuel Schneider

Brutalste Ohrfeigen als Sport! „Slap Fighting“ erobert gerade Social Media und die USA. Die umstrittenen Events locken sogar Stars wie Arnold Schwarzenegger und Logan Paul an. Doch Ärzte warnen in drastischen Tönen vor verheerenden Folgen. Oben im Video sehen Sie die heftigen Wettkampfbilder.

Watte in den Ohren, Hand im Gesicht

Die Regeln sind so simpel wie stumpf. Zwei Kontrahenten stehen sich an einem Pult gegenüber. Einer hält stillt, einer hält mit der flachen Hand volle Kanone drauf und schlägt dem anderen ins Gesicht. Slap Fighting heißt das dann. Erlaubt sind nur Schläge auf die Wange. Ohre und Nase sind tabu. Wattebällchen sollen die Backpfeif-Athleten und deren Trommelfell schützen. „Nach jedem Schlag hat man 30 Sekunden Zeit für die eigene Ohrfeige. Punktrichter bewerten jede Schelle. „Gekämpft“ wird über drei Runden. Dann gibt es einen Sieger nach Punkten oder K.o.

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Die Fights entstanden wohl in Osteuropa, auch im Untergrund in den USA wurde Slap Fighting groß. Vor allem während der Pandemie erlebte das Ohrfeigen-Spektakel dann einen Hype, die Videos gingen steil. Ein echter Viral-Hit ins Gesicht.

Pole starb nach Kampf

Immer wieder haut es Kampfhähne nach der krachenden Backpfeife um. Alarmierendes Beispiel: Der Pole Artur Walczak starb 2021 nach einem Kampf und den Folgen einer Kopfverletzung. Kein Wunder also, dass Ärzte warnen.

„Ich kann es in keinster Weise nachvollziehen, dass es als Sport gilt“, ärgert sich Box-Ringarzt Kai Schilling im RTL/ntv-Interview. „Bei dieser Sportart steht man still da. Das Gehirn können Sie nicht anspannen. Das schwimmt in einem Flüssigkeitsmantel. Wenn sie da wiederholt einen Schlag drauf kriegen, hat das Folgen. Auch Langzeitfolgen.“ Was er konkret meint: Schädigungen von Hirnzellen und Hinleitungen, auch Boxerdemenz und Parkinson seien möglich. „Die neurologischen Ausfälle, die beim Slap Fighting zu sehen sind, sind gefährlich.“

Die gleichen Sorgen hat auch Medizinjournalist Christoph Specht: „Medizinisch betrachtet gehen alle Warnlampen an, die es geben kann“, sagt er. Es werde „mit massivem Impuls“ gegen Schädel und Wange geschlagen. Das habe Auswirkungen auf den ganzen Kopf, auf die Wirbelsäule und Hirn. „Das Gehirn wird in eine Drehbewegung geführt. Das kann zu Schädigungen des Hirnstamms führen – mit dramatischen Folgen. Möglicherweise erst in Jahren, wenn sich die Schädigungen im Sinne eines Parkinsonsyndroms oder einer massiven Demenz zeigt.“

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Slap-Fighting-Macher wehrt sich gegen Kritik

Alle Warnungen halten einen Mann nicht auf: Dana White. Der Milliardär versucht derzeit, Slap Fighting zu professionalisieren. White ist auch Präsident der UFC, der sehr erfolgreichen MMA-Liga, in der sich Kämpfer in einem achteckigen Käfig prügeln. Nun wittert er mit Slap Fighting einen neuen Markt und zieht die Liga „Power Slap“ auf. Im Oktober 2022 wurde der Ohrfeigen-Kampf von der Sportbehörde im US-Bundesstaat Nevada zugelassen. Ein US-Sender und eine Video-Plattform übertragen.

Der Macher verteidigt sich gegen die laute Kritik. White sagte der „New York Times“: „Bei uns gibt es drei bis fünf Ohrfeigen pro Event. Boxer stecken 300 bis 400 Schläge pro Kampf ein.“ Sein Totschlagargument: „Wenn du es nicht magst, schau es nicht. Niemand zwingt dich dazu.“

Der Vergleich zum Boxen allerdings hinkt, betont Ringarzt Schilling. Die Rechtfertigung, im Boxen bekomme man noch mehr Schläge ab, sei nicht wahr. Im Boxen steht man in einer Deckung, man verteidigt sich.“ Der Arzt nennt auch die professionellen Ringrichter im Boxen als wichtigen Schutzfaktor der Kämpfer. Bei schweren Treffern gehen sie dazwischen, brechen den Kampf ab. „Bei Slap Fighting liegt auf der Hand, dass Verletzungen vorprogrammiert sind.“