Clankriminalität in Niedersachsen
Respektlos und gewaltbereit: Das sagt ein Polizeipräsident über kriminelle Clans

Sie werden bedroht, es wird versucht sie einzuschüchtern, sie werden sogar körperlich angegriffen: Das soll laut Michael Maßmann, Präsident der Polizeidirektion Osnabrück, Alltag im Arbeitsleben von Polizisten sein, wenn es um die Bekämpfung von Clankriminalität gibt. Allein in 2020 sind laut Polizeidirektion in ihrem Einsatzgebiet zwischen den Ostfriesischen Inseln und dem Teutoburger Wald 700 Einsätze verzeichnet worden. Im Dezember 2020 fanden Ermittler zum Beispiel bei einem Großeinsatz Drogen sowie Schusswaffen und beschlagnahmten Bargeld und Schmuck im Wert von etwa 100.000 Euro.
Mehrere verletzte Polizisten
"Das Verhalten vieler Clanmitglieder gegenüber der Polizei ist nach wie vor von einem Maximum an Respektlosigkeit und latenter Gewaltbereitschaft geprägt", sagt Polizeipräsident Maßmann. So soll laut Polizei Osnabrück beispielsweise im Mai 2020 eine Polizistin verletzt worden sein, als die Beamten zu einem Familienstreit in Leer kamen. Ein Mann setzte sich gegen polizeiliche Maßnahmen zur Wehr und riss der Beamtin einen Büschel Haare aus, so die Polizei. Die Polizistin erstattete Anzeige wegen Beleidigung, tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.
Mehr rechtliche Handhabe für Polizei

Ein Werkzeug in der Bekämpfung von Clankriminalität ist die sogenannte Vermögensabschöpfung, also die Einziehung des Gewinns, der durch Straftaten erzielt worden ist. „Aber wir müssen auch an die kriminell erlangten Vermögenswerte herankommen, die Clanmitglieder zwar auf dem Papier nicht gehören, über die sie aber de facto verfügen - beispielsweise Immobilien oder Luxusautos", so Michael Maßmann. Dazu bräuchte die Polizei aber mehr rechtliche Handhabe. Ein beschlagnahmtes Auto schmerze Clanmitglieder zum Teil genauso wie eine Haftstrafe, so der Präsident.
Clankriminalität auf dem Land angekommen
Man gehe laut Michael Maßmann bei der Polizeidirektion Osnabrück nicht pauschal gegen Familien oder Gruppen mit einer bestimmten Herkunft vor, sondern würde im Einzelfall entscheiden. "Wir sind ganz sicher kein Hotspot, aber Clankriminalität ist auch auf dem Land angekommen", so der Polizeipräsident. Die Bekämpfung von Clankriminalität könne nur gelingen, wenn sie als eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung angenommen würde. Gleichzeitig müssten laut Polizeidirektion auch mehr Angebote in Jugend- und Integrationsarbeit geschaffen werden, für Menschen, die aus den Strukturen hinaus wollen.
Das macht Niedersachsen gegen kriminelle Clans
Seit dem 1. Oktober 2020 gibt es in Niedersachsen vier Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich um die Bekämpfung von Clankriminalität kümmern. Das Ziel ist es, die Clanstrukturen zu verstehen und so genauer ermitteln zu können.
Ein Clan wird laut Polizeidirektion Osnabrück definiert als eine Gruppe von Personen, die durch eine gemeinsame ethnische Herkunft, überwiegend auch durch verwandtschaftliche Beziehungen, verbunden ist.