Niederlande: Vergasung von Wildgänsen treibt Tierschützer auf die Barrikaden

Massenmord an Wildgänsen
Wildgänse in der Nähe von Brandenburg
dpa, Patrick Pleul

Umstrittene Methoden

Arie den Hertog betätigt einen roten Knopf in seinem Van. Sofort strömt das Gas in die Kammer. Nach zwei Minuten hat das Schreien ein Ende. Hunderte Gänse sind tot.

Für den Hertog ist es ein Tag wie jeder andere. Bei seinem letzten Besuch in einem kleinen Dorf in der Nähe von Utrecht, südöstlich von Amsterdam, tötete er 570 Graugänse in seiner selbst gebauten mobilen Gaskammer, die mit zwei großen Kanistern Kohlendioxid ausgestattet ist. Somit hatte er in einer Woche mehr als 7.000 Vögel getötet – eine passable Zahl wie er findet.

Tierschützer bedrohen den Hertog und beschimpfen ihn als Nazi, holländische Bauern verehren ihn: den einzigen Experten in der systematischen Tötung großer Mengen von Wildgänsen.

Auch die Regierung besteht inzwischen darauf, dass es keine Alternative zur großangelegten Tötung der Vögel gibt. 2001 wurde eine Gesetzesinitiative zur Vergasung der Gänse noch mehrheitlich abgelehnt. 'Überschüssige‘ Vögel sollten abgeschossen werden, doch die Anzahl der zu tötenden Tiere wurde so groß, dass man beschloss zum Vergasen überzugehen.

Heute entlohnt die Regierung den Hertog großzügig dafür, dass er die Gänsescharen davon abhält den Kühen das Gras von der Weide zu fressen und den Piloten beim Anflug auf den Flughafen Schiphol in die Quere zu kommen.

Auf die Gans gekommen

Zu viele Gänse
Eine Graugans frisst mit ihrem Nachwuchs
dpa, Peter Steffen

Die Grauganspopulation ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Hauptgrund dafür dürfte ein 1999 von der Regierung ausgesprochenes Verbot sein, das jegliche Jagd und Tötung der Tiere untersagte. Hinzu kommt, dass die Tiere anscheinend großen Gefallen an den von vielen Bauern genutzten stickstoffreichen Düngemitteln finden. Außerdem sind in den letzten Jahren immer mehr Naturschutzgebiete entstanden.

In den 70er Jahren waren sie noch vom Aussterben bedroht, doch heute bestehen drei Viertel der gesamten Population aus Graugänsen. Im Sommer besteht die Population aus bis zu 800.000 Gänsen, im Winter können es doppelt so viele sein.

Die Gans wurde vom Problem zur Plage und so erteilte die Regierung den Hertog 2008 die Genehmigung, seine selbst gebaute Gaskammer zum Einsatz zu bringen. Ein großes Geschäft für den Hertog, doch trotz des offiziellen Regierungsauftrags wurde er schnell zur Zielscheibe zahlreicher Tierschutzorganisationen. Er wurde beschuldigt Nazi-Methoden anzuwenden. Zahlreiche Gerichtsverfahren wurden eingeleitet.

Aktivisten der 'Animal Liberation Front‘ (ALF) verschafften sich Zutritt zu seinen Büroräumen, setzten sie in Brand und besprühten Wände mit Graffitis. Festgenommen wurde niemand.

Kritiker bezweifeln nicht die Notwendigkeit der Populationskontrolle, sondern die Art und Weise. Der Vergleich mit Nazimethoden setzte auch die Regierung stark unter Druck, sodass kurzzeitig überlegt wurde den Hertog den Auftrag zu entziehen. Doch die Entscheidung der Europäischen Chemikalienagentur vom 1. Juni diesen Jahres bezüglich der Rechtmäßigkeit des CO2 Gebrauchs bestätigte die Regierung.

Den Hertog schätzt, dass er seit 2008 mehr als 25.000 Gänse im Umkreis des Flughafens getötet hat, insgesamt sogar bis zu 60.000. Die getöteten Tiere gehen an einen Metzger in Amsterdam.