Neue Bertelsmann-Studie enthüllt

Unternehmen fehlen noch mehr Fachkräfte als gedacht

26.04.2016, Sachsen, Leipzig: Der 19-jährige Mohammad aus Afghanistan arbeitet im Ausbildungszentrum der Siemens Professional Education an der Verdrahtung eines Schaltschranks. In der Siemens-Förderklasse erlernen insgesamt 17 junge Flüchtlinge im Alter von 18 bis 24 Jahre unter anderem die Grundlagen der Elektrotechnik, Grundlagen manueller Werkstoffbearbeitung und das Löten elektronischer Schaltungen. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, dass ihnen aktuell gut ausgebildete Arbeitnehmer fehlen.
skm, dpa, Monika Skolimowska

Schon im lange gehen viele Unternehmen davon aus, dass ihnen 2021 Fachkräfte fehlen werden. Tatsächlich hat sich die Lage noch weiter verschärft, das zeigt eine aktuelle Analyse der Bertelsmann Stiftung. Zuwanderung trägt zwar dazu bei, das Problem zu mildern. Allerdings spielt sie für Unternehmen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle.

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Zu viele Akademiker, zu wenig Azubis

Schon Ende 2020 war die Personal-Lage bei den deutschen Unternehmen sehr pessimistisch. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) klagten über Fachkräftemangel und befürchteten, dass sich dieser 2021 noch verschlimmern wird. Jetzt, Ende 2021, ist die Lage sogar noch schlimmer als bisher erwartet. Zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, dass ihnen aktuell gut ausgebildete Arbeitnehmer fehlen.

Zwar schreiben die Autoren der Studie: „Die Lage unterscheidet sich je nach Branche, Region, Berufsbild und Qualifikation“, allerdings macht die Studie deutlich, wo der Schuh am meisten drückt: Es sind vor allem die klassischen Ausbildungsberufe, die Nachwuchssorgen haben. 48 Prozent der befragten Unternehmen suchen händeringend Auszubildende. Akademiker sind mit 27 Prozent hingegen wenig gesucht.

Innerhalb der Ausbildungsberufe ist die Lage vor allem im Pflege- und Gesundheitsbereich besonders groß, so die Studie.

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Keine Besserung in Sicht

Und die Lage könnte sich im kommenden Jahr noch verschlechtern. Das zumindest erwartet ein Großteil (67 Prozent) der deutschen Unternehmen. Daran kann nach Meinung der Unternehmen offenbar auch die Zuwanderung wenig ändern. Denn laut der Studie setzen nur 16 Prozent der deutschen Unternehmen auf Fachkräfte aus dem Ausland. „Eine viel größere Rolle spielen die Ausbildung im eigenen Betrieb, gute Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Weiterbildungsmöglichkeiten“, so die Autoren.

Grund für die Zurückhaltung: Die Unternehmen haben offenbar Angst davor, dass die Ausbildungen im Ausland nicht dem deutschen Standard genügen. Außerdem seien Sprachprobleme ein wichtiger Grund eher auf deutsche Azubis zu setzen.

Zuwanderung als Lösung?

Völlig unverständlich für Experten: „Wir als Gesellschaft brauchen nachhaltige Lösungen, um den demografischen Wandel [...] zu meistern. Dabei spielt Zuwanderung neben Aus- und Weiterbildung eine wichtige Rolle“, so Matthias Mayer, Migrationsexperte der Bertelsmann Stiftung. „Deutschland sollte die Möglichkeiten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes noch besser nutzen, um sich viel gezielter um ausländische Fachkräfte mit mittlerer Qualifikation für diejenigen Branchen bemühen, in denen der Mangel besonders groß ist.“

Mayer räumt aber auch ein, dass es dafür international gültige und gleichwertige Ausbildungszeugnisse geben müsse. Einen wesentlichen Beitrag hierzu könnten Ausbildungspartnerschaften zwischen der Bundesrepublik und anderen Ländern liefern. Hierbei werden Ausbildungssuchende im Ausland an den deutschen Standard gebracht oder ihre Qualifikationen und Zeugnisse an das deutsche System angeglichen. (sst)